Mittwoch, 12. Dezember 2012
wenn Sie mal ganz viel Spaß haben wollen
Fahren Sie Straßenbahn während ein Rudel Teenies dabei ist, erste Erfahrungen mit Demokratie in Form einer Schülerdemo (lehrerbegleitet) zu sammeln.
"Ich fahr da nur hin weil ihr auch fahrt" war Konsens.

Ich konnte mir aber nicht allzu viele Gedanken über die Wahlmündigkeit eines Haufens Teens machen, die nur mitliefen weil alle mitliefen und Horrorszenarien über über deren Wahlverhalten entwickeln weil sich eine von ihnen beschwerte: wieso sitzen da "diese kleinen Kinder" (sie meinte die Tiger) und sie muß stehen obwohl sie doch älter ist? Das sieht sie gar nicht ein! Ich ignorier sie. Ich kann toll Leute ignorieren, habe jahrelange Übung im Ignorieren von Quengeln. Sie beschwerte sich weiter, Tiger gucken unsicher. Nun bin ich ja eigentlich dafür, seinen Platz Älteren, Gerechlichen oder Schwangeren (purer Eigennutz) anzubieten und dieses Verhalten auch von den Tigern zu erwarten, aber sie sah weder alt noch gebrechlich noch schwanger aus und kleine Kinder sollten im Gedrängel auch lieber sicher sitzen. Also weiterignorieren. Dann fragt sie mich direkt... können die Kinder nicht stehen? Ich sage nein, können Sie nicht. In dem Geschiebe wäre selbst Großer Tiger weggedrückt worden und ich hatte Mini-TIger auf dem Schoß (und abgesehen davon keine Lust, für einen gesund aussehenden Teenie aufzustehen, hinzufallen und das meiner Frauenärztin zu erklären, die mir in den Mutterpaß geschrieben hat, ich möge bitte NICHT mehr in Bus oder Straßenbahn stehen und gesagt, ich möge bitte im Zweifelsfall entweder eine Bahn später nehmen oder den Behindertenplatz einfordern). Sie ist aber älter! Ich fange an zu lachen und frage, wann sie denn bitte verrentet werde. Dabeistehender Lehrer beginnt zu grinsen...
Sie hatte zumindest den Anstand, rot zu werden.

Kann mir jemand erklären, was sie erwartet hatte???



Die Homöopathie und ich
Manchmal war ich schon vorher homöopathisch behandelt worden wegen irgendwelcher Kleinscheißsachen. Den ersten ernsthaften Kontakt gab es in der ersten Schwangerschaft, weil Schwangere grundsätzlich erst mal "sanft" behandelt werden. Ich kotzte, nicht so episch wie jetzt, aber schon ganz ordentlich. Und was gab es? Kügelchen. Zuerst nahm ich die Dinger in der Erwartung, daß werde jetzt besser. Die Erwartung schwand so langsam im Lauf der Zeit. Immer wenn ich wieder nicht aufhörte, war es meine "Schuld", da Homöopathie ja wirkt, mußte das Nichtwirken eben an mir liegen. Also kugelte ich weiter. Das richtige Mittel würde sich schon finden, jeder neue Kotzanfall wurde hoffnungsvoll begrüßt als "homöopathische Erstverschlimmerung". Irgendwann wußte die Ärztin nicht mehr weiter, ich solle mal zur Heilpraktikerin gehen. Die 150 Euro wollte ich aber lieber nicht ausgeben und schloß die beeindruckende Sammlung an Mini-Fläschlein weg. Wurde auch nicht schlimmer ohne.

Dann gab sich das irgendwann und ich vergaß das ganze. Nicht lange, denn als Mama kommt man an dem Thema nicht vorbei.
Die Kirchengemeinde hatte eine Stillgruppe und die waren alle voll am Kugeln. Ich guckte erst mal skeptisch. da ja jede Menge neue Mamas dazugekommen waren, sah die Gruppenleitung das Bedürfnis nach einer Info-Veranstaltung zum Thema Homöopathie und Impfen und homöopathische Impfbegleitung. Ich fand es zwar etwas seltsam, bezahlte Referentinnen einzuladen und Eintritt zu nehmen, Veranstasltungen mit Eintritt in Gemeinderäumen sind immer tricky, aber was soll's. Ich ging also hin und erwartete, so was "was tue ich bei leichtem Fieber oder komischem Ausschlag nach dem Impfen" zu hören, was ja nützliche werden könnte.
Weit gefehlt....
Es begann mit einer Einleitung zum Thema Krankheitsverstädnis: wir alle suchen uns vor der Geburt aus, was wir in diesem Leben erleben wollen, um dadran zu wachsen. Jede Krankheit haben wir uns selber gewählt, weil wir bis zur Erlösung aus dem Kreislauf von Geburt, Tod und Wiedergeburt an ihr wachsen wollen. Das zählt sowohl für chronische Krankheiten als auch für Unfälle. Und Infektionskrankheiten gäbe es so erst einmal nicht, Krankheit kommt von innen heraus, nicht von Außen an den Körper ran.
Ich saß da und blickte zum Kirchturm... Blitzeinschlag jetzt? Der Herr hatte allerdings mal wieder einen anti-autoritären Tag und griff nicht ein.

Dann folgte eine Erklärung, was Impfen sei: die Krankheit, die im Körper stecke, werde an die Oberfläche geholt, und zwar mit Gewalt und das lehne die Homöopathie ab, man habe sich schließlich Krankheit und Zeitpunkt vor der Geburt bereits ausgesucht, um an dieser Erfahrung zu wachsen, das müsse aber aus einem heraus kommen, nicht vion außen heraus.
Dazu verwirrt man das arme Neugeborene. Die erste Milch, die es bekommt, sei Muttermilch, danach komme Kuhmilch (endlich mal was, wo ich zustimmen komnnte!). Nun würde Impfserum aber aus Kühen gewonnen werden, was das Neugeborene in Konflikte stürze, die Information Kuh werde nun als widersprüchlich wahrgenommen, einerseits mnährend, also gut, anderseits krank machend, also schlecht. Das Impfserum aus Kühen gewonnen werde, merke man am englischen Wort "vaccacination", von "vacca", die Kuh.
Auch die Krankheitsvermeidung müsse deswegen "kritisch" gesehen werden.

Kurz: Schulmedizinische "Impfe" geht gar nicht. Die "Impfe" stehe dem Gedanken der Homöopathie völlig entgegen.

Abgesehen davon werden die Gefahren von Diphterie, Masern&Co völlig überschätzt, das sei die gezielte Lobbyarbeit der Pharma-Industrie.
Gruppenleiterin mischte sich ein: Masern gäbe es ja überhaupt erst seit den Impfungen, die sind durch's Impfen entstanden.
Ich guckte wohl immer noch nicht überzeugt, aber auch dagegen gab es ein Heilmittel: jeder müsse für sich entscheidne, ob er das so annehmen wolle oder nicht.

Ich nicht!
Erstens fehlt mir das Herz, jemanden, der mir sagt, er habe grad einen schweren Autounfall gehabt und dabei ein Körperteil verloren, zu sagen: "Du, das hast du dir selbst ausgesucht, wachs da mal dran"
Zweitens bin ich von der Existenz von Viren, Bakterien und Mikroorgamismen wie Salmonellen überzeugt und auch davon, daß sie Menschen krank machen können.
Drittens war das die mir in der Schwangerschaft empfohlenene erfahrene Homöopathin und ich weiß nicht, ob ich bei Dauerkotzerei ruhig bleibe wenn man mir sagt "wachs dran".
Und viertens weiß ich, daß es Masern schon vor Masernimpfungen gab.

Meine Konsequenz: ich vereinbarte einen Impftermin beim Kinderarzt, komplett geheilt von homöopathischer Impfkritik :-)



Verzicht?
Ich ward letztens gefragt, ob ich denn wirklich noch ein paar Jahre "verzichten" will, ich hätte doch so einen schönen Beruf und so viel Mühe und Zeit da reingesteckt. Stimmt, habe ich.
Aber wenn ich mir ansehe, wie Tigergatte zur Zeit auf dem Zahnfleisch geht...
7:45 Aufbruch hier, im Büro so gegen 8:30.
Kurz vor 19 Uhr dann der Anruf "bin jetzt in der Straßenbahn, kannst du für was heißes zu trinken sorgen?"
Dann noch fix was backen, Weihnachtsfeier und ich hatte leider keine Ahnung, was er angekündigt hatte.

Das geht jetzt seit ein paar Monate so und wir haben uns schon vor Nr4 gefragt, ob wir es wuppen, wenn ich etwa den gleichen Job hätte. Die Antwort war nein, tun wir nicht. Täten wir auch nicht mit nur einem Kind.

Ist der Verzicht auf 12-Stunden-plus-Arbeitstage wirklich so ein Opfer? Tigergatte würde grad liebend gern mit mir tauschen.

Urlaub wird nicht nach Bedarf genommen, sondern so, wie das Projekt ihn hergibt. Arbeiten während des Urlaubes ist selbstverständlich, als sein Chef auf die Idee kam, er müsse jetzt den Resturlaub nehmen, aber passen tut das grad gar nicht, also könne er das Paper ja im Urlaub weiterschreiben, dann muß er nur noch zu den Meetings kommen und das wäre doch schon mal was. Sagte Tigergatte, daß wäre tatsächlich was, nämlich nicht drin. Die Vorstellung, im Urlaub jeden Morgen am Rechner zu sitzen, war dann zu viel. Also ward der Urlaub verschoben (und als er dann tatsächlich genommen wurde, waren die Meetings natürlich auch drin, sind sie auch im Jahresendurlaub aller Vorraussicht nach)
Wie man unter den Bedingungen noch den zweiten Elternteil losschicken will, möglichst noch in einer anderen Stadt... ich weiß es nicht.

Was fehlt mir denn am meisten? Das Lästern mit den Jungkollegen während der Konferenzkaffeepausen, das Drumherum von Konferenzen insgesamt (wegfahren, Hotel übernachten, immer noch einen halben Tag frei einplanen, sich die Stadt angucken), der Kick des "Jagens" im Archiv, eine Tür, die ich hinter mir zumachen kann, vorne stehen und stolz sein auf das, was ich zusammengetragen habe.
Was fehlt mir nicht? 12plus-Arbeitstage, Streß mit den lieben Kollegen.

Insgesamt hält sich das Leidenslevel in engen Grenzen bei mir. Sieht bei anderen anders aus, aber das nennt man dann Individualität.



Fütterung der Raubtiere
Katerchen setzt sich vor den Napf. ich füttere und was passiert? Die Jungkatze schubst ihn weg. Katerchen haut nicht etwa zurück, sondern wartet. Neukatzi genießt wohl doch Welpenschutz.