Bildungsfern
Manchmal möchte man Sozialamtsmitarbeiter schütteln:

"Mangelnde Unterstützung kritisiert auch Familie Kirsch. "Die Formulare auszufüllen, ist wahnsinnig schwierig", sagt Erike Kirsch. Sie wurde sogar aufgefordert, ihre beiden ältesten Kinder auf dem Sozialamt vorzustellen, um zu prüfen, ob sie arbeiten gehen könnten. Dabei besuchen beide noch die Schule. "Da habe ich mich geweigert. Das wollte ich den Kindern nicht zumuten."

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/in-der-mittelschicht-werden-kinderreiche-familien-immer-seltener-a-874156.html


Eine Schulbescheinigung sollte lt Gesetzeslage eigentlich ausreichen.

Immer wieder wird sich über die "Bildungsferne" von familien mit geringem Einkommen beklagt.
Was kann man dagegen tun? Leute zur Schule gehen lassen.
Daß das Sozialamt per Augenschein des Sachbearbeiters entscheiden möchte, wer arbeiten kann und wer nicht, ob der Schulbesuch angemessen ist und ob nicht, ist ein Unding.




loco-just-loco am 27.Dez 12  |  Permalink
Du mußt nicht Spiegel lesen. Der war schon zu Augsteins Zeiten schlecht, aber damals noch Gold wert gegen das, was die heute bringen.

Der reinste Befindlichkeits-"Journalismus", der Fakten gar nicht erst recherchiert und die Fakten, die sich aufdrängen, nur dann einbezieht, wenns ins Bild paßt oder nun wirklich ganz und gar nicht umgangen werden kann.
(Das französische Staatsfernsehen ist allerdings auch nicht besser.)

cassandra_mmviii am 27.Dez 12  |  Permalink
Die Bequemlichkeit und Gewohnheit...

Das paßt allerdings zu Erfahrungen im Freundeskreis. Der Mann hatte einen Studienabschluß und wartete auf sein Abschlußzeugnis, was aber eine Weile dauerte, da 2 Verwaltungen beteiligt waren. Ohne Zeugnis ist eine Bewerbung sinnfrei. Es war bekannt, daß das um ein halbes Jahr dauern würde, also reichte er HartzIV ein für die Zwischenzeit. Dort wurde er (mangels beglaubigtem Zeugnis) als Ungelernter geführt, was zum Vorschlag führte, er solle bitte einen Gabelstaplerführerschein machen, im Logistik-Bereich gäbe es immer wieder mal "Jobs" für Ungelernte.
Der nächste Vorschlag war, als Animateur in einem Ferienclub zu arbeiten, was er grundsätzlich getan hätte, aber die suchten für das nächste halbe Jahr und er wollte sich eigentlich fachgebunden bewerben in der Zeit.
Vorschlag Nr3 war dann eine Umschulung zum Konditor, aber der überschnitt sich mit seiner Mitteilung, daß er eine Stelle gefunden hatte.

Dazu kamen Bewerbungstrainings, in denen im was von Dusche&Seife erzählt wurde, er hatte weder bei sich noch bei den anderen den Eindruck, daß das nötig sei.
Er bekam auch ganz viel "Hilfe" angeboten, wie man seinen Tag strukturiert, wie man morgens aufsteht etc. Seinem Eindruck nach wurden da vor allem eigene Vorurteile reproduziert.

Da wird, meinem Eindruck nach, blind vor sich hingeflogen, die Situation "hat Studienabschluß, wartet auf Zeugnis" ist nicht "hat nichts gelernt".


Die Meta-Mitteilung des Artikels war meiner Meinung nach mal wieder "wir brauchen mehr Kinderbetreuung". Während ich volles Verständnis habe, wenn sich eine Mutter (oder ein Vater, der die Familienarbeit übernimmt) einfach nur einen nachmittag frei wünscht, sehe ich das staatliche Kinderbetreuung nicht als Allheilmittel.