Küchentischgedanken
Ich esse normalerweise gern Fleisch. Zur Zeit nicht so mein Fall (und Schwein geht ja gar nicht), aber ich gebe es zu: ich esse gern Fleisch.
Und zwar NICHT aus der Ravioli-Dose...

Wie komme ich drauf?
Ich las beim lauen Lüftchen (als Sturmflut geht das echt nicht durch) ein ganz extrem abgeklärtes Geseier, daß niemand mehr ein Reh abknallen müsse, Fleisch gäbe es doch in jedem Supermarkt aus der Ravioli-Dose.
Klar, und Strom kommt aus der Steckdose.

Meine Hauptsorge beim Fleisch ist (neben der völlig egoistischen Frage nach Geschmack und Preis) die Frage "hatte das Tier ein Leben vor dem Tod?"
Beim Reh kann ich das mit Grund annehmen, bei dem Zeug, was in den Dosenravioli aus dem Supermarkt ist, nicht. Bei Fleisch aus artgerechter Haltung nehme ich das auch an, was dazu führt, daß es hier häufig Gerichte mit Bio-Hackfleisch gibt, weil ich das im Supermarkt kriege, die nächste Fleischerei, die drauf achtet, wie ihr Fleisch gelebt hat, ist ziemlich weit weg und ziemlich teuer.

Diese Haltung "iß doch Fertigfraß" erinnert mich arg an eine besonders nervige Mitstudentin, mit der ich nach der Vorlesung häufiger in der Mensa landete. Sie aß ja wirklich gerne Fleisch, aber "nicht so Huhn und so, wo noch Knochen drin ist. Da sieht man ja, das es ein Tier war!!". Ja, was soll es denn sonst gewesen sein? Bei Fleisch mache ich Aufstand, wenn es nicht vom Tier stammt...
Fisch ging für sie auch nur als Fischstäbchen oder Filet und am tollsten war der Tag, an dem sie den Feldsalat verweigerte und es jedem erklären mußte "den mag ich eigentlich gern, so wie meine Mama ihn macht. Aber so... das sieht ja aus als käme er direkt vom Feld!"- Mama schnitt die Blätter nämlich einzeln ab. Für mich ist "kommt direkt vom Feld" mit der erstrebenswerteste, was es auf dem Tisch geben kann. Je weniger verarbeitet, desto besser.

Chilli aus den "Rehbrocken", die beim Zerlegen übrigbleiben- ein Teller und ich war süchtig danach :-)
Das Fleisch ist ohne Medikamentenrückstände, hat sich bewegt im Leben, ist also halbwegs mager, ohne dabei trocken zu werden, hat einen Eigengeschmack, den man zugegebenerweise mögen muß...
ich überlasse die Dosenravioli zu Weihnachten gerne anderen und wünsche unserem Nachbarn Waidmannsheil!




suspendedparticle am 19.Dez 12  |  Permalink
Kontext beachten
Wenn man das von Ihnen genannte Blog schon länger liest, so wird man feststellen, dass die Autorin durchaus eine nachdenkliche Grundhaltung zum Thema Ernährung an den Tag legt.

Dieses eine Zitat aus dem Kontext (es ging um Waffen und Jagd) zu reißen, finde ich nicht sehr elegant.

cassandra_mmviii am 19.Dez 12  |  Permalink
den Rest finde ich auch ziemlich unreflektiert, hatte aber weder Lust noch Zeit, weiterzuschreiben.

Rehe werden nun mal gejagt. Das liegt wohl daran, wie sie leben, nämlich nicht im Massentierhaltungsstall. Wenn man das ohne Schußwaffen probieren möchte, hat man sofort den Tierschutz am Hals- in der Falle erdrosseln wird die Tierschützer unter Garantie nicht beruhigen. Pfeil&Bogen vielleicht, haben aber auch den Nachteil, daß man damit ja auch Menschen auf Distanz umbringen könnte. Noch dazu lautlos...


Das ganze pauschal mit Potenzphantasien gleichzusetzen... aha. Schon klar.

Sie möchte also alle Jäger zum Yoga oder Dart schicken. Wie gut, daß das einem erst mal egal sein kann, wo Frau Lüftlein einen hinschicken will.

kelef am 19.Dez 12  |  Permalink
leider sind nur wenige ausser mir ihrer meinung.

dass man irgendwem oder -was etwas gutes tut, wenn man kein fleisch isst, ist einfach unfug. wer kein fleisch mag, soll keines essen, und gut.

jäger sind keine mordlüsternen gesellen, und schützenvereine bilden keine potentiellen massenmörder aus.

und warum wird bei "jagd" immer nur von den rehen mit den schönen grossen braunen augen gesprochen, und nie von dem räudigen, zecken-/floh-/milbenbesetzten alten keiler mit an die 200 kg, riesenhauern im gesicht und einer durchschnittsgeschwindigkeit von stundenlangen 10 km/h? meist sind die auch noch übellaunig wenn man sie stört, und so ein keiler kann nicht nur einen garten in nullkommagarnix zerwühlen, sondern auch durchaus einen menschen umbringen. stinken tut ein alter keiler wie ein iltis, und respekt hat er vor gar nichts. aber: er hat doch auch schöne, langbewimperte braune augen ...

und so eine mama wildschwein mit babywildschweinen: hach sind die süss. und klug. deshalb suchen sie sich ja auch die felder mit den besten erdäpfeln und dem besten mais aus, was dann wiederum den vegetariern nicht so ganz recht ist.

für mich also bitte: wildschwein auf dem teller, und nicht beim spaziergang im park. oder ganz tief im wald, wo sie hingehören.

hätten die menschen nicht so viel naturgebiet zerstört um felder und häuser und strassen anzulegen, dann wäre viel wildregulierung nicht notwendig. die meisten jäger füttern im winter das wild übrigens nicht, um es leichter erschiessen zu können, sondern um das wild im wald und von den strassen und feldern wegzuhalten. wer einmal mitgegangen ist zu einer richtigen wildfütterung (also dort, wo man normalerweise nicht mit hindarf um das wild nicht zu vergrämen), der weiss, dass sich das keiner antut nur um dann ein bewegliches ziel zu haben. und wer einmal auf einem hang bäumchen nachsetzen war, und dann haben im winter hirsch und reh dort nahrung gesucht, der weiss, was wildverbiss heisst, und wieviel arbeit hinter so einem herzigen kleinen wald steckt. gerne weise ich ja auch auf die ausgebauten strassen hin, wegen der sicherheit, über die die tiere dann wechseln müssen und: wieder hat keiner aufgepasst, und dann hat der lenker das auto verrissen, und ein paar leute landeten im krankenhaus. könnte man ja aber überall zäune bauen, dann hätte man eben diese gefahr nicht, aber dafür sehr bald erstens blutige kämpfe unter den männlichen tieren (die verletzten nehmen wir dann mit ins wohnzimmer und pflegen sie gesund), und nach ein paar jahren haben wir nur mehr durch inzucht verkrüppelte viecher im wald. aber immerhin alle mit grossen braunen treuen unschuldigen augen. undundund.

zeitgleich schaffen wir holzmöbel ebenso ab wie lederschuhe und wollpullover, ersetzen tierversuche durch versuche gleich direkt am menschen, und ernähren wuffi und mauzi mit löwenzahnsalat und gänseblümchenragout. der strom kommt ja sowieso aus der steckdose, und wer braucht schon papier? tbc ...

meinetwegen kann fleisch übrigens ruhig teuer sein, ich weiss wo das, was ich kaufe, herkommt, und zwar ganz genau: ich kenne pappa kuh und mamma kuh, und weiss wie sie leben und zu tode kommen. und wenn ich mir wirklich gute lederschuhe kaufe, dann kann ich die mehrere jahre lang immer wieder reparieren lassen, das ist mit sicherheit besser für mensch und tier als weitaus billigere plastikschuhe, die man mit einem kleinen riss im oberteil wegwerfen muss.

ach ja. übrigens, frau cassandra: wenn sie einmal gelegenheit haben, geräucherten hirschschinken zu kaufen, sollten sie das unbedingt tun (wenn sie jäger und hersteller kennen): fett- und cholesterinfrei, äusserst ausgiebig, jeden cent wert. sagen auch die tiere hier.

cassandra_mmviii am 19.Dez 12  |  Permalink
Tigergatte kommt aus dem Harz, Hirschgulasch ist da nicht gar so selten. Hirschschinken sollte sich also machen lassen. Danke für den Tipp, ich hatte Hirschkeulen bisher nur im Ofen- mit Birnen und im Speckmantel ein absoluter Genuß!

Wir hatten letzten Sommer Wildschweinsalami auf dem historischen Markt erstanden- jederzeit wieder!


Was wir tun wenn wir den quasi letzten Freßfeind von Hirsch&Wildsau abschaffen... naja, wir könnten ja Bruno "den Problembären" und seine Cousins wieder heimisch machen. Das hieße nur, daß gelegentlich auch Lämmer gerissen werden, und die sind auch knuffig-süß.
Und von einem Canada-Urlauber weiß ich, daß der urlaubende Deutsche schlagartig ein Jagdgewehr in der Hand hatte- es war nämlich die Saison, in der Mama Bär auf ihre niedlichen Teddy-Bären aufpaßte und Mama Bär versteht überhaupt keinen Spaß, wenn es um ihre Kinder geht.
Das war nicht seins, sondern das der Gastgeber und der Ortsbulle wußte Bescheid (gun safety training gab es nämlich vom Profi). Es war allen lieber als er tappt ahnungslos wie er nun mal war in das bärische Familienidyll.

Oder wir könnten Wölfe wieder ansiedeln (deren Freßverhalten besser als ihr Ruf ist), aber dann geht die Panik wohl auch durch den Blätterwald.

Alles nicht so recht eine Lösung. Da bleib ich lieber dabei, daß Nachbar halt gerne allein auf dem Hochsitz sitzt, die Landschaft anstarrt und gelegentlich mal eine Hirschkeule mitbringt.


Wer lieber Hühnerbrust oder Tofu essen mag, soll das tun, ich bin ja keine Ernährungstotalitaristin :-)

kelef am 19.Dez 12  |  Permalink
sag ich ja. ein anständiger jäger schiesst ja sowieso nur das, was zuviel ist (eben auch wegen der hege, sonst kann man im wald bald nicht mehr zwischen den bäumen durchschauen, das ist ja auch so ein aspekt, und dann kriegen die bäume zu wenig wasser, sterben ab und fallen um und auf die strasse und die wurzeln sind weg und dann gibt es erdrutsche und ...): gehört alles dazu. ist ein ziemlich komplexes gebiet, wesdewegen die ausbildung ja auch entsprechend lange dauert.

hühnerbrust ist ja übrigens aus tierschützerischen aspekten auch so eine sache. wer kennt das brathendl am sonntagstisch schon persönlich und per namen? und will man es dann wirklich essen? oder man kauft es im supermarkt: da kann man dann glauben was auf der verpackung steht, oder auch nicht.

tofu muss ich nicht haben. rangiert ungefähr bei straussenfleisch, schwarzem kaviar und austern. ich ess' es, wenn ich nicht umhin kann.

die show mit den bären hätte ich gerne gesehen: wie rasch da oft ein sinneswandel eintritt, binnen millisekunden.

cassandra_mmviii am 19.Dez 12  |  Permalink
Hühnerbrust aus der TK-Truhe ißt der kanada-Uraluber übrigens nicht- aus Tierschutzgründen. Er war mal in einem Großhühnerstall, der mit Bauer Polle aufm Acker so gar nichts zu tun hatte. Seitdem ißt er Geflügel nur noch, wenn er den Stall kennt.

Moderne Menschen haben oft Berührungsängste mit dem, was sie auf dem Teller haben. Chicken McNuggets sind halt weniger offensichtlich totes Tier als das Hühnerbein.
Ich denke mir: wenn ich es essen kann, kann ich auch der grausamen Wahrheit ins Auge sehen: das war mal ein knuffiges Tier. Sollte ich das eines Tages nicht mehr können, werde ich Vegetarierin.

loco-just-loco am 20.Dez 12  |  Permalink
Na ja, Feldsalat in einzelnen Blättchen stört mich jetzt nicht. Wenn der Sand noch in den Achseln steckt und mir den dünnen Zahnschmelz schmirgelt, schon eher.

Aber ist Wildfleisch auch aus freier Wildbahn? Diesem Link zufolge eher nicht:
http://archiv.onlinereports.ch/2005/Wildfleisch.htm

cassandra_mmviii am 20.Dez 12  |  Permalink
Stören tut es mich auch nur, wenn ich deswegen Jaulen im Ohr habe, wer gerne die einzelnen Blättchen abpflücken will- bitte. Mache ich hier zu Hause aber nicht, ich wasche & nehme die Wurzeln weg. Das reicht.

Wenn Mama sich zu Hause hinstellen mag und Salat puzzeln ist das erst mal ihre Sache. Aber:
wir waren nicht im Restaurant oder zu Hause, sondern in der Mensa, also da, wo man große Mengen Leute fast gleichzeitig mit Essen zu niedrigem Preis versorgt, da muß man ehrlich gesagt schon hinnehmen, wenn die "Strünke" (sagte sie wirklich!)noch im Feldsalat sind. Alles andere würde nämlich den Rahmen dessen, was die Mensa zu dem Preis leisten kann, sprengen.

Da Feldsalat in Massenproduktion mittlerweile nicht mehr auf Sand, Erde etc gezogen wird und die Bäuerin mit Korb&Kopftuch ihn abschneidet, sondern die Wurzeln mit Nährlösung beträufelt, muß man sich um Sand auch keine Sorgen mehr machen.
Ich freu mich immer, wenn ich Käfer oder so finde, daß heißt nämlich, das der Salat Kontakt mit Käfern hatte. Mitessen muß ich sie deswegen aber noch lange nicht :-)

Das war bei ihr auch eher so eine Dauernummer: sie fand alles nicht eßbar, wo man noch sah, wo es herkam und was es mal gewesen war.
Das fand und finde ich schon eigenartig.

cassandra_mmviii am 20.Dez 12  |  Permalink
Grundsätzlich muß eigentlich nichts zu essen einmal um die halbe Welt geflogen werden. Das ist im Supermarkt allerdings Teil des Gesamtpakets- einmal am Gemüseregal vorbei und man hat mit Kartoffeln aus Ägypten, Möhren aus Israel, Avocados aus Neuseeland, Tomaten aus Spanien und was weiß ich denn noch mehrere Urlaubsreisen zusammen.

Eine Einkausfsregel hier heißt: keine Weihnachts-Süßigkeiten wenn man Sandalen trägt, keine Erdbeeren wenn man in Winterstiefeln unterwegs ist.


Man wünscht sich alles immer möglichst idyllisch, harmonisch und natürlich, aber die Realität sieht oft anders aus.
Die Gatterhaltung in Neuseeland:
5000 Tiere stand in dem Artikel. Das ist viel, aber gemessen am Hühner"stall" immer noch besser.

Da dieses Fleisch als TK-Ware aber sowieso kaum bezahlbar ist (beim letzten Check um die 50 Euro pro kg), warten wir halt, ob der Nachbar was schießt. Im Wald, da wo das Reh hingehört.

Rentiere werden seit ich weiß nicht wann in Skandinavien gegessen und dafür auch gezüchtet.