Magersucht und Schwangerschaft
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Wenn ich mir erinnere, wie oft ich in der Schwangerschaft gehört habe "oh, Sie haben aber schon genug zugenommen" oder "alles über 12 kg geht nicht"...

auf dem Merkzettel stand, ich solle jeden Tag eine Stunde Sport treiben und nicht mehr als 12 kg zunehmen.

... als ich bei 14 kgwar, fragte ich den Herrn Doktor, was ich denn bitte tun solle. Hr Dr erging sich in "da kann man so einiges machen, aber Sie wollen ja nicht"- ja, der Gedanke, mit Bauch zu joggen (gegen den Rat des Orthopäden, der mich am liebsten liegen sah weil die Hüfte bedenklich knarrte), fand nicht wirklich Beifall. Oder weniger zu essen, ich war froh über alles, was drinblieb.
Dann solle ich anders essen, weniger Kalorien zu mir nehmen.

Irgendwann wollte ich das ganze mal verstehen und fragte, weshalb ich nicht zunehmen solle. Diabetes? Gefahr für's Kind? Antwort: das sei nun mal so.

Und unter den Bedingungen soll man nicht kirre werden?


Schwangerschaft ist für Magersüchtige schwer.

Magersucht ist für viele nicht vorbei, auch wenn die Waage stimmt. Magersucht, wie alle Süchte, findet im Kopf statt und nicht auf den Rippen. Schlechtes Gewissen beim Essen. Kalorienzählen. Essen vermeiden. Nur "gesundes", aka kalorienarmes Essen. Viel Gemüse, ist ja gesund. Irgendwann fragte ich mich, ob ich magersüchtig sei oder die Gesellschaft und ob ich heute noch eine Chance auf Hilfe hätte, denn das, was ich als magersüchtiges Verhalten bezeichnen würde, ist weitgehend akzeptiert als "bewußt".

Zwischen den Kotzattacken half bei mir Schokolade oder Asia-Instant-Suppen. Am besten die koreanischen, die NIE ein Huhn gesehen haben :-). Käse. Camenbert. Ich fand irgendwann raus, daß ich essen muß, wann ich Hunger hatte und nicht nach irgendeinem Plan.
Ganz falsch, beschied die Ernährungsberaterin, ich solle doch lieber eine schöne Portion Broccoli essen. Von dem wurde mir aber auf der Stelle schlecht...

Aber es ist nicht unmöglich- wenn man
a) bewußt mit seinem Problem umgeht
b) nicht dauernd hört, wie übel Gewichtszunahme doch ist.

Meine Ex-Frauenärztin wußte nicht nur von meinem "Problem", sie konnte damit auch umgehen. 25 kg beim Kleinen Tiger waren ihr egal. Nie habe ich da ein Wort gehört, so viel Gewicht sei nicht "normal". Und siehe da, ich verlor das Gewicht auch wieder.




sari am 04.Feb 14  |  Permalink
Ich finde es geht heute bei sovielen Gesundheitsfragen viel zu sehr um irgendwelche Ideale. Keiner kommt mehr auf die Idee, dass der Körper schon zeigt, was er braucht. Ich finde auf die Bedürfnisse des Körpers hören ist bei gesunden Menschen mit Sicherheit nie falsch...

sid am 04.Feb 14  |  Permalink
Als die Freundin bei der Schwangerschaft die ersten Monate nur noch gekotzt hatte und ins Krankenhaus wegen Dehydrierung mußte, meinte ihre Mutter nur: "Schadet nicht, Du mußt eh abnehmen."

Gut, unsere Mütter schenken uns nix. Wir matchen uns manchmal gern mit den aktuellen Sprüchen *seufz*

Es ist sicher wichtig, daß man bei extremen Zunahmen während der Schwangerschaft (und sonst auch), Werte etc kontrolliert, aber man darf dabei nicht vergessen, daß Körper und Natur manchmal schon genau wissen, was sie tun und die ganzen blöden Tabellen weglegen...

cassandra_mmviii am 05.Feb 14  |  Permalink
Eine extreme Gewichtszunahme in der Schwamngerschaft kann auf eine Gestose hiweisen. Kann, muß aber nicht. Und selbst dabei ist das problem dann nicht das gewicht, sondern das drohende Organversagen zB der Leber. Symptom und Ursache sind nicht das gleiche.

Ich hatte einen Rückbildungskurs (Bauchgymnastik), der was der Horror. Die Stunde begann mit "und wie viel Gewicht habt ihr seit letzter Woche verloren?"
Das war dann zu viel Druck für mich. Ich kenne meine Grenzen und bevor ich etwas wirklich Dummes tue (ich weiß, wie man sehr schnell Gewicht verliert...), kam ich immer zu spät. Ich habe die Kursleiterin drauf angesprochen, aber nicht viel Verständnis bekommen. Das wäre doch wichtig...
Dieser Kurs richtete sich an Mütter, deren Kinder zwischen 2 und 6 Monate alt waren. Mein Gewicht machte mir keine Sorgen, ich kam mit den Kilos zurecht. Die verlor ich dann planmäßig das nächste Jahr über- als ich wieder anfing, mich diabetesgerecht zu ernähren und deswegen wenig Kohlenhydrate aß. Ganz ohne morgens eine Stunde eher aufstehen und joggen gehen :-)