Proseccoschwalben
Kindergeburtstag in der Straße. Ich lasse es ja auch gern krachen bei Kindergeburtstagen (legendär ist der Geburtstag mit den 14 Gästen).
Aber muß man zum 6. Geburtstag noch die Mamas mit einladen?
Und wenn man die Mamas mit einlädt, müssen sie die Schatzsuche mit Prosecco-Glas in der Hand begleiten? Toll war die Mutter, die ihr Glas, den Photoapparat und ihr Kind jonglierte. Das ging so lange gut bis ihr Handy bimmelte.

Könnte mich bitte jemand erschießen sollte ich mich jemals so aufführen?

Den Hammer fand ich dann allerdings eine andere. Töchterlein hatte sich abgesetzt und streichelte unsere Katze. Kein Problem. Dann erforschte sie den Fahrradanhänger. Ist auch okay.
Dann gesellte sich eine weitere Proseccoschwalbe dazu und die beiden stellten sich, man will ja nicht dem Verkehr im Wege stehen, in meine Auffahrt. Das fand ich dann ein wenig distanzlos, aber noch tolerabel. Die Lütte schmiß beim Klettern mein Fahrrad um. Das fand ich dann weniger prickelnd, aber keine Reaktion. Ich also raus, mein Rad aufheben und bei der Gelegenheit gleich mal den Anhänger abkuppeln. Ich hatte grad das Rad aufgehoben als mich Proseccodame2 informierte (auf deutsch), sie halte das Rad schon fest und auch schon mal ihre Hand drauflegte, ihr Gespräch in irgendwas nahöstlich klingendem fortsetzend. Arabisch oder Türkisch war es nicht, Kurdisch auf keinen Fall. Ich antwortete (auf Deutsch), daß ich es wegstellen möchte, sie also vielleicht ihre Hand wegnehmen könnte?

Ich löse den Anhänger, das Kind sitzt immer noch drin... Ich bitte das Kind, auszusteigen weil ich den Anhänger wegstellen möchte. Kind guckt mich groß an. Die beiden lassen sich nicht stören. Versteht die Kleine Deutsch? Keine Ahnung.

Ich finde Gelassenheit eine großartige Eigenschaft, aber das ging mir dann doch mal auf die Nerven. Ich schiebe den Anhäger zur Seite und will das Rad wegstellen. Die Proseccotante hält es fest, und zwar mit Nachdruck.

"Alles hat seine Stunde. Für jedes Geschehen unter dem Himmel gibt es eine bestimmte Zeit:
eine Zeit zum Gebären und eine Zeit zum Sterben,
eine Zeit zum Pflanzen und eine Zeit zum Abernten der Pflanzen,
eine Zeit zum Töten und eine Zeit zum Heilen,
eine Zeit zum Niederreißen und eine Zeit zum Bauen,
eine Zeit zum Weinen und eine Zeit zum Lachen,
eine Zeit für die Klage und eine Zeit für den Tanz;
eine Zeit zum Steinewerfen und eine Zeit zum Steinesammeln,
eine Zeit zum Umarmen und eine Zeit, die Umarmung zu lösen,
eine Zeit zum Suchen und eine Zeit zum Verlieren,
eine Zeit zum Behalten und eine Zeit zum Wegwerfen,
eine Zeit zum Zerreißen und eine Zeit zum Zusammennähen,
eine Zeit zum Schweigen und eine Zeit zum Reden,
eine Zeit zum Lieben und eine Zeit zum Hassen,
eine Zeit für den Krieg und eine Zeit für den Frieden."


Ich muß ja nicht in gleich in den Krieg ziehen, aber die Zeit zum Reden ist grad vorbei. Nachdruck kann ich auch, und jetzt stelle ich mein Rad mit Nachdruck weg. Und dann baue ich mich vor ihr auf, in voller Körpergröße und doppelt so stinkig. "Ich werde den Anhänger jetzt wegstellen, holen Sie Ihr Kind da raus!"- die Lütte kann ja nichts für den Stil ihrer Aufsichtsberechtigten, also wende ich mich an die (verantwortlichen?) Erwachsenen. Die holen dann das Kind da raus und verdrücken sich gemütlich, angeregt plaudernd und ihre mittlerweile leeren Gläser in der Hand. Gut so, denn sons hätte ich die Dinger wahrscheinlich verdeppert und fachgerecht entsorgt.