Kinderfeindlichkeit
Wir leben ja eigentlich auf einer Insel der Seligen was Kinderfreundlichkeit angeht. Wir sind nicht mal die Familie mit den meisten Kindern hier, 3 Kinder haben relativ viele.
Beschweren tut sich kaum einer mehr. Am Anfang gab es da ein paar Reibereien mit einem Rentnerpaar, das meinte, wenn sie auf dem Balkon Kaffee trinken, müsse Ruhe sein, aber das hatte sich irgendwann erledigt. Manchmal heißt es "heute und hier nicht" wenn es zu laut wird und das ist auch okay so, denn Erwachsene haben auch Rechte.

Manchmal vergesse ich, bekackt kinderfeindlich unsere Gesellschaft ist.

Wir waren zum Laden spaziert. Großer Tiger war nicht dabei, der hatte besseres zu tun als mitzukommen, aber Kleiner Tiger, Mini-Tiger, Tigerpapa und ich mit Tigermädchen im Kinderwagen wollten nur noch ein bißchen Fleisch zum Grillen morgen holen.
Im Laden trafen wir auf eine ehemalige Kindergartenkumpeline des Kleinen Tigers. Nachdem sie das Baby bewundert hatte blieb sie gleich bei uns.
Die Lütte hat nicht unbedingt die geordnetsten Familienverhältnisse und Mama gibt zu, daß Mutter-sein nicht ihr Ding ist. Jedenfalls ist sie manchmal etwas "ungebremst" und wenn Mama ihr erlaubt, im Laden rumzurennen istd as nicht unbedingt eine Entscheidung, die ich so treffen würde. Jedenfalls kletterte sie auf diesen Viehpferch-Gitter-Dings an der Kasse rum.
Erstmal komme ich mit dem Kinderwagen da nicht durch, mußte also außenrum gehen und hinter der Kasse warten, was schon mal den Unmut eines Mitmenschen erregte. Egal, ich hab den Mist ja nicht gebaut, nicht mein Problem. Jedenfalls fiel Tigergatten dann ein, daß er nicht wisse, ob wir eigentlich noch Grillanzünder haben. Ja, haben wir, er mußte also nicht nochmal nach hinten.
Das war dann die Sekunde, die der unmütige Zeitgenosse sich aussuchte um zu explodieren, und zwar mir ins Gesicht.
Das wäre ja wohl das letzte, hier so rumzubrüllen. Ich lächelte (immer die beste Art, Zähne zu zeigen), was ihn aber noch wütender machte. Die Kinder wären ja völlig unerzogen, eine Zumutung. Die Kindergartenkumpeline nutzte den Moment, um sich aus dem Staub zu machen. Kleiner Tiger informierte seinen Tigerpapa, daß das der Mann wäre, der ihn vorhin angeschimpft habe als er die geforderte Tüte Gummibären holte.

Und dann sagte er was von "asozial viele Kinder".
Habe ich jemals erwähnt, daß Tigergatte grobe 1,90 groß ist und nicht wirklich schmal in den Schultern? Dazu hatte ich ihm erst vor 2 Tagen einen Haarschnitt verpaßt und ich cann doch nur USMC-Schnitte. Nun schob er sich nach vorne. "Können Sie das bitte mit mir und nicht mit meiner Frau klären?"
Der Giftzwerg reichte ihm zwar nicht mal ans Kinn und ich fühle mich ja immer eingeschüchtert, wenn deutlich größere und breitere Menschen sich vor mir aufbauen, aber das geht wohl nicht allen Leuten so. Tigergatte solle lieber seine Kinder erziehen statt hier rumzutönen. Unsere Kinder nervten, wir nervten und überhaupt.
Panische Verkäuferin.
Irgendwann war er weg.


Dumme Zeitgenossen gibt es immer. Hinter uns standen Leute, die zwar als er weg war meinten, daß die Kinder sich doch benähmen, aber in der Situation selber lieber weggeguckt haben.




kelef am 15.Jun 13  |  Permalink
zugegebenermassen macht mich das auch immer sehr nervös wenn kinder wie die kleinen äffchen im supermarkt herumturnen, oder mit den verd... scootern herumrollern, etc.. da ich meinen kopf nur sehr bedingt drehen kann muss ich dann immer den einkaufswagen stehenlassen, und mich zur gänze herumdrehen um zu sehen wo die gefahr herkommt. und in der zwischenzeit knallt mir ein anderes kind mit irgendwas in die kniekehle.

seit ein herziges mäderl die alte, taube frau hunt damals absichtlich mit dem dreirad anfahren wollte und ich die alte dame nur durch einen raschest dazwischengestellten fuss vor gebrochenen rippen - und damit wohl einem frühzeitigen und sehr grausamen ende mitten in der fussgängerzone - retten konnte, was allerdings zu einer gebrochenen kleinen zehe und einem gebrochenen mittelfussknochen bei mir führte, bin ich da ein wenig eigen. und natürlich fanden sich kind und "beaufsichtigende" grossmutter nicht mehr ...

aber bei mir reicht meist ein böser blick in richtung kind, und schon flüchtet es hinter die verziehungsberechtigten. hauptsächlich hab' ich ja eigentlich angst dass es wieder zu irgendeiner verletzung - sei es jetzt beim kind, bei anderen oder auch bei mir - kommt. aus schaden wird man klug.

neulich sah ich ein kind tatsächlich IN der kühltruhe, weil: ihm war heiss. die mutter war mit handy am ohr zwei regalreihen weiter. als ein verkäufer das kind anschrie, kam die mutter und brüllte den verkäufer an: kinder seien eben so, wenn ihm das nicht gefalle solle er woanders arbeiten. sowas gibt es auch.

cassandra_mmviii am 15.Jun 13  |  Permalink
Zwischen auf diesem Gatterdings rumturnen (mit Tigergattem als Sicherheitspuffer zwischen den Kindern und den anderen Leuten) und in der Kühltruhe sitzen sehe ich noch einen Unterschied. Aus letzteren würde der Tiger innerhalb von Sekunden rausfliegen.

Wie gesagt, Kind wegschicken mit der Anweisung "flitz hier rum" ist nichts, was ich tun würde. Aber Leute anraunzen, sie hätten asozial viele Kinder, täte ich noch weniger.

Tiere via Dreirad zu überfahren geht auch nicht.

Meine Taktik wenn ich genervt bin ist "bloß weg hier" statt länger zu bleiben um länger zu leiden. Er hätte seinen Krams ja auch einfach nehmen und gehen können statt den Giftzwerg zu geben.

Was mich geärgert hat waren die Zuschauer, die zwar hinterher fanden, die Kinder hätten sich doch benommen, aber in der Situation den Mund nicht aufkriegten.

kelef am 16.Jun 13  |  Permalink
die menschen sind oft gar sonderlich. die meisten machen den mund nur dann auf wenn alles vorbei ist: aber dann!

diese gatterdinger sind mir suspekt, die sind nicht darauf ausgelegt als turngerät herzuhalten, das wäre mir schon beim zuschauen zu gefährlich für das kind. man weiss ja auch nie was die dinger schon haben aushalten müssen.

wieso man kinder in geschäften zum spielen und herumlaufen wegschicken muss erschliesst sich mir auch nicht, schon gar nicht wieso die unbedingt mit dem roller rennen fahren müssen wenn jede menge menschen einkaufen wollen.

leute anraunzen dass sie (zuviele) kinder haben käme mir nicht in den sinn, und das als asozial zu bezeichnen schon gar nicht.

dafür heute mit grosser freude einer familie beim einkaufen zugesehen, vater-mutter-2 kindergartenkinder-1 tragetuchkind. die eltern waren sowas von bemüht den kindern beizubringen dass man nichts angreift, dass man nicht im weg steht, wie man auch durch ansehen die qualität von gemüse beurteilen kann, dass man gemüse (der saison!) sowieso besser auf dem markt kauft, etc.. die kinder waren also beschäftigt, das einkaufen offensichtlich ein tolles erlebnis, ein wonne. geht doch.