Samstag, 27. Oktober 2012
Später mal...
Wenn die Bundeswehr das noch in 13 Jahren anbietet, habe ich da einen Kandidaten! Mindestens einen!

Kleiner Tigers Berufswunsch ist zur Zeit Soldat- Panzerfahren! Oder Spezialsoldat!
Beim Kinderturnen schockierten wir Mädchenmamas. Er springt vom Stufenbarren "Mama, guck mal was ich kann!", landet, lacht und geht wieder drauf. Ob ich das nicht gefährlich finde? Ich: "ist 'ne gute Vorbereitung für's Fallschirmspringen". Was soll ich sagen? Natürlich ist das gefährlich, zumindest moderat gefährlich. Aber was kommuniziere ich wenn ich sage "laß das, das ist zu gefährlich"?
Ich sage, daß ich ihm das nicht zutraue. Auf die Dauer macht das ängstlich und das ist schlimmer als ein verstauchter Knöchel.
Meine Tante bekam auf dem Spielplatz eine Krise nach der anderen. "Willst du ihn da nicht runterholen?" als der die Schaukel erkletterte. Nein, will ich nicht, ihn aus dem Tritt zu bringen wäre nämlich noch gefährlicher. Und am Bein zerren bis er runterkommt, klingt nach einer Garantie für Beinbrüche.
Abgesehen davon hatte ich jetzt grob 7 Jahre Zeit, mich dran zu gewöhnen, das nicht alles, was gefährlich aussieht, auch gefährlich ist. Außerdem sind wir früher auch auf alles mögliche geklettert und haben es überstanden. Manchmal sind wir runtergefallen, aber das hinterließ auch keine bleibenden Schäden.

Wie ich reagiere wenn er tatsächlich Panzerfahrer oder Fallschirmspringer wird? Weiß noch nicht... wahrscheinlich weniger cool als jetzt, aber hoffentlich auch nicht grenzhysterisch.

Beim Spiegel-Artikel stört mich der superbetroffene Ton, es klingt "Wie kann man nur?" mit.
Hubschrauber fliegen, Verletzte retten und/oder gar schießen... welcher knapp 20jährige kann da schon nein sagen?

Und mal ganz nebenbei: was passiert, wenn sich die westlichen Truppen aus Afghanistan zurückziehen? Da jagt ein Horror-Szenario das andere. Man sollte neben der Betroffenheit über all' das Schlimme, was bei einem Bundeswehreinsatz passieren kann, nicht vergessen, daß es im Vergleich zu einer Rückkehr der Taliban wohl das kleinere Übel ist. Damit will ich nicht das Leid der Traumatisierten kleinreden oder die Gefahr, dabei zu sterben, sondern eher sagen: Danke, das ihr es probiert habt. Danke, daß ihr den Kopf hingehalten habt. Danke, daß ihr den Mut hattet, dafür zu sorgen, daß auch Mädchen zur Schule gehen können, daß Frauen wieder medizinisch versorgt werden können.
Wenn man aufhören könnte, in der öffentlichen Diskussion immer so zu tun, als sei ein Bundeswehreinsatz das allerschlimmste, was passieren kann, dann ginge es den Traumatisierten vielleicht besser.

Ich lese jeden Tag von Massensterben und allem Grauen, was damit einhergeht in zu vielen Teilen der Welt. Das wird aber nicht aufhören weil ich superbetroffen bin. Das wird erst aufhören wenn die Welt (so im ganz allgemeinen) den Mut hat zu sagen "Stop, keinen Schritt weiter oder wir werden dich aufhalten, notfalls mit Gewalt wenn das mit der Lichterkette nicht funzt". Nicht als ersten Schritt, aber als letztes Mittel.
Betroffenheit ist ja schön und gut, aber mit der Betroffenheitskerze in der Hand wird man nichts verändern.

Betroffen ist wohl jeder wenn in Jugoslawien wieder identifizierte Skelette oder auch nur Teile davon beigesetzt werden.
Damals sah die "zivilisierte Welt" zu und redete ein bißchen nett auf die Beteiligten ein. Die Betroffenheit reichte ja nicht mal dazu, die Flüchtlinge willkommen zu heißen, die "viel zu vielen" "Asylanten" (Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlinge haben nach Genfer Konvention Bleiberecht und die aufnehmenden Staaten sind verpflichtet, sie zu versorgen, mit politischem Asyl hat das aber wenig bis nichts zu tun) wurden benutzt, um das Asylrecht weitgehend einzuschränken.
Etwa zeitgleich verhungerten noch mal wie viele hunderttausend Menschen in Somalia oder was davon übrig war und ist?
Und da war noch Ruanda, auch grob zeitgleich.

Ich guck' mir heute abend "Black Hawk Down" an.



If
If you can keep your head when all about you
Are losing theirs and blaming it on you;
If you can trust yourself when all men doubt you,
But make allowance for their doubting too:
If you can wait and not be tired by waiting,
Or being lied about, don’t deal in lies,
Or being hated don’t give way to hating,
And yet don’t look too good, nor talk too wise;

If you can dream—and not make dreams your master;
If you can think—and not make thoughts your aim,
If you can meet with Triumph and Disaster
And treat those two impostors just the same:
If you can bear to hear the truth you’ve spoken
Twisted by knaves to make a trap for fools,
Or watch the things you gave your life to, broken,
And stoop and build ’em up with worn-out tools;

If you can make one heap of all your winnings
And risk it on one turn of pitch-and-toss,
And lose, and start again at your beginnings
And never breathe a word about your loss:
If you can force your heart and nerve and sinew
To serve your turn long after they are gone,
And so hold on when there is nothing in you
Except the Will which says to them: ‘Hold on!’

If you can talk with crowds and keep your virtue,
Or walk with Kings—nor lose the common touch,
If neither foes nor loving friends can hurt you,
If all men count with you, but none too much:
If you can fill the unforgiving minute
With sixty seconds’ worth of distance run,
Yours is the Earth and everything that’s in it,
And—which is more—you’ll be a Man, my son!


Rudyard Kipling



Neuzugang
In der Bento-Abteilung:



Die Dinos hatte ich zwar schon, aber für die Delfine (mit Herz!) und Sterne lohnte sich das.
Woher? Vom Aldi. Wieviel: knappe 4 Euro.

Eierformer gab es da übrigens auch.



Alt
Es sind nicht die dezenten weißen Fäden auf dem Kopf, aber wenn man Sätze wie "Die Jugend von heute..." denkt oder gar sagt und das mehrmals am Tag, dann merkt man, daß man definitiv kein Küken mehr ist.

Tigergatte fragte sich lautstark, ob er wirklich 200 Seiten Lektüre bis nächste Woche verlangen kann. Die Studis sind heute ja so überarbeitet... ich erinnere ihn, daß wir auch dauerüberarbeitet waren oder uns zumindest so vorkamen.
Seine Studis hätten sich beschwert, sie hätten nie Feierabend. Ich frag' ihn, ob er damals auf die Idee gekommen wäre, sich beim Dozenten über mangelnde Freizeit zu beschweren. Nein, wäre er nicht.
Ich bekam vom Dozenten mal einen Text auf Italienisch. Ich: "Ich spreche leider kein Italienisch". Dozent: "Dann lernen Sie es!". Ich: "Bis nächste Woche?" Dozent: "Das war ein Scherz, Sie sprechen doch Französisch und Latein, damit kommen Sie schon durch".
Der Mann ging auch davon aus, daß wir einsprachige Lateinwörterbücher benutzten, die sind nämlich besser als die zweisprachigen. Und keiner hätte es gewagt, ihm seine Illusion zu rauben.
Und wissen Sie was? Er hatte recht! Nach 2 Semetern Qual flutschte das auf einmal wie von alleine. Warum nur?

Tigergatte versuchte einem Studi zu erklären, daß man das biologische Geschlecht am Skelett erkennen könne.
Nö, kann man nicht, das ist doch alles Definitionsfrage. Irgendwann endete der Studi mit "Ich glaub' Ihnen das jetzt mal". Tigerdozent: "Das brauchen Sie mir nicht glauben, das ist einfach so".

Merkfähigkeit geht gegen Null, am Semesterende vergißt man den Stoff, ist ja vorbei. Mal was freiwillig lesen ist nicht.

"Die heutige Jugend ist von Grund auf verdorben,
sie ist böse, gottlos und faul,
sie wird niemals so sein, wie die Jugend vorher,
und es wird ihr niemals gelingen,
unsere Kultur zu erhalten."

beschwerte sich ein unbekannter Babylonier und wahrscheinlich hatte er recht.

Tigergatte hatte am Ende des Abends übrigens seine Skrupel überwunden. 200 Seiten Pflichtlektüre, Leseempfehlung noch mehr. Wir haben damals auch fix gelesen, Interesse am Thema kann man bei einem Studium wohl vorraussetzen und das Buch ist zwar ein Fachbuch, aber liest sich so runter, sogar für Fachfremde wie mich (ich habe es BEI der Geburt des letzten Tigers gelesen).
Wir mußten damals noch selbst in die Bibliothek gehen und das Buch suchen statt drauf zu warten, daß der Dozent alles online stellt und man nur noch am Streichelcomputer lesen muß. Manchmal mußten wir gar ein Buch kaufen, was heute anscheinend völlig undenkbar ist.
Überhaupt Streichelcomputer&Laptops: würden Sie als Dozent sich auch verarscht vorkommen, wenn ihre Studis während des Seminars die Antwort in der Wikipedia nachlesen? Ich käme mir schon extrem vergackeiert vor, wenn die Jungs&Mädels ihren Bildschirm statt mich oder einander angucken. Sie machen sich aber ihre Notizen gleich in den Computer. Und haben nebenbei Facebook laufen, das läuft ja eh immer (das war die begründung...)

Am Ende des Gejammers über die Jugend von heute stand, daß man es kaum besser macht, wenn man die Absprüche senkt und das man bei zu starken Schonkurs den Studis etwas wertvolleres als Freizeit stiehlt: das Gefühl, jung und bissig zu sein und was zu leisten, ihr Recht auf eine solide Ausbildung und Lernen und einen völlig übermüdeten Lebensabschnitt, der einer der schönsten, intensivsten und lebendigsten des Lebens sein wird. Ihr Recht drauf, mit 2 Stunden Schlaf und ungeklärten Mengen Rotwein im Blut zur Klausur aufzutauchen, zu bestehen und zu denken "Wow, ich kann ja was!". Das Recht später einmal, wenn man WIRKLICH was schaffen muß, zurückzudenken und zu wissen "ey, ich hab damals Latein gepackt, ich pack das auch".

Das ist Studium, Kinder. Gewöhnt euch dran. Wenn ihr das nicht wollt: macht eine Ausbildung bei der Sparkasse Kleintüpfeldingen mit garantiertem Feierabend und Wochenende, geht abends nach Hause, eßt euren Eintopf und seit grau und alt noch bevor ihr 25 seit. Noch schlimmer als "Die Jugend von heute..." zu denken ist es, niemals jung gewesen zui sein.