Schlachtplan
das Schwiegermonster wird kommen. Und der Tigergatte wird nicht zu Hause sein. Ich nenne das ja "Feigheit vor dem Feind", aber er weiß nicht, wer hier Feind sein sollte. Ist doch nett wenn sie kommt...
Jedenfalls wird mein Deserteursgatte anderweitig sein.
Hier ist mein Schlachtplan:
aufräumen
Staub wischen
dem Baby einen Wischlappen unter den Bauch legen und es den Boden polieren lassen
Abstellkammer und Waschküche abschließen
die Schlüssel von den Katzen im Schlafzimmer bewachen lassen (das Schwiegermonster hat nämlich eine ganz seltene Art von Katzenhaarallergie, sie leidet, sobald sie die Viecher sieht, auf das lautstärkste, aber die unsichtbaren Haare sind harmlos).
Die Adventsbäckerei eher beginnen lassen:
Vanillemonde, Zimtsterne (nicht nach ihrem alten Familienrezept!), Nußecken und irgendwas mit Rosinen.
-allergisch gegen sichtbare Nüsse
-Zimtsterne kann man nur essen wenn sie nach besagtem Rezept gebacken sind
-Rosinen sind eklig
-Vanillemonde kennt sie nicht, sind deswegen uneßbar
selbstverständlich wird alles auf getrennten Tellern angerichtet, wegen der Allergie und so, da kann sei vermeiden, was sie nicht verträgt.
Und dann soll sie kommen zu einem netten, kontrollierten Adventskaffeetrinken. my home, my rules
Beim letzten Mal war sie erstaunt, daß die Abstellkammer abgeschlossen ist, wollte sie doch grad ihrer Mutter zeigen, wie die dort untergebrachte Heizung funktioniert. Die alte Dame hatte bisher kein nennenswertes Interesse an der Klempnerei. Da hatte ich nämlich vorsorglich die Katzen vor die Schlüssel gesetzt und die wollte ich nun nicht aus dem Schlafzimmer lassen, wegen ihrer Allergie und so. Also konnte ich bedauerlicherweise nicht die Schlüssel holen.
Außerdem war das Putzzeug weggeschlossen- dabei wollte sie doch so gerne Fenster putzen "du kannst das ja nicht, da muß ich dann mal kommen und dann mach ich dir das!"
Gar nichts. Wenn ich meine Fenster mit einem dezenten Staubschleier will, dann haben sie den. Wenn es ihr hier nicht gefällt- *ich* zwinge sie ja nicht zum Kommen :-)
Sie kann gerne ihre Enkel besuchen, sie ist Besuch. Besuch benimmt sich. Besuch geht auch wieder.
Seitdem sie mit gesagt hat, ich wäre nicht Familie, ist Schicht im Schacht. Dann halt nicht.
Sollte sie wieder die Zeitung ergreifen "ich guck nur mal, ob ich was für dich finde, so zum Arbeiten, mußt ja mal wieder was machen" werde ich mich erst bedanken und dann "du wirst im Anzeigenblättchen kaum Stellen für Historikerinnen finden" sagen. Alle Vorschläge, ich könnte ja mal Nachtwache im Altenheim versuchen, da kennt sie viele, die das machen, kann ich immer noch mit einem Verweis auf meine berufliche Qualifikation beantworten.
Sollte sie wieder mir den Staub von auf den Regalen ins Gesicht blasen (alles schon passiert), nehme ich ihre Ringeljacke und wische damit kurz das Regal aus.
Sollte sie mir wieder vorschlagen, mich sterilisieren zu lassen, sage ich ihr, daß sie mein Unterleib gar nichts angeht.
Sollte sie wieder losheulen, kann sie ja gehen.
Die Welt kann so einfach sein wenn man sich traut... vielleicht ganz gut, daß der Appeasement-Gatte nicht zu Hause ist...
Nach dem Schlachtplan bin ich ja dann mal auf die Frontberichte gespannt.
ich auch. Zuerst dräute das Unglück schon morgen, aber das habe ich elegant abgewendet bekommen- wir haben grad 2 Virusarten im Haus (Kotzerei&Husterei).
Dann nächste Woche. Bis dahin bin ich wieder fit.
Mundwerkswindeln gibts nicht, oder? Das Schwiegermonster hat eindeutig einen ausgeleierten oberen Schließmuskel. Und bei "die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen" vermutlich auch nicht richtig hingehört, sonst würde sie nicht den Mist absondern und die guten Worte bei sich behalten.
das Schwiegermonster ist ein Prachtexemplar von Schwiegermonster. So was sollte nur in Soaps rumlaufen, aber...
Szenen einer Ehe:
ich bin bei ihnen, wache als erste auf und decke den Frühstückstisch (das war bevor sie mir sagte, ich sei nicht Familie- seitdem bin ich nämlich Besuch). Ich finde nette bunte Tassen und verteile sie. Hübsch.
Dann hole ich Brötchen vom Bäcker.
ich komem wieder und sie ist unten, fragt, ob ich den Tisch gedeckt habe. Ja. Sie tauscht die grüne Tasse zu ihrem Ehemann "das muß so". Ich sage, ich habe nicht gewußt, daß Schwiegervater immer die grüne Tasse nimmt. Dann ist ja gut, denke ich.
Schwiegervater kommt runter, sieht die grüne Tasse bei sich und schnaubt los und stellt die grüne Tasse weg.
Miese Laune für die nächsten 2 Stunden.
Ich frage Tigergatten, was denn nun wieder los sei. Tigergatte erklärt, sein Vater möge die grüne Tasse nicht. Also stellt seine Mutter sie ihm immer hin.
Und sie will mir Ratschläge erteilen, wie man eine Ehe führt? Mag ja sein, daß sie das schon ein paar Jahre länger macht als ich, aber man muß nicht alles nachmachen was man so sieht.
Kann ja sein, daß das bei ihnen eines dieser Rituale ist, die alle Paare haben, und sie das völlig witzig findet, aber er sah nicht so aus, als bedeute ihm das was positives.
Meine Schwiegermutter ist unglücklich weil ihr Leben nicht so ist wie sie sich das vorstellt: ihr Mann grumpft dauernd rum, sie sitzt in einem fast leeren Haus und findet es zu groß, sie ist zu weit von ihrer Mutter und ihren Kindern entfernt (weshalb wir bitte näher ziehen sollen, sie könne dann ja so viel mehr helfen) und weil Familie nun mal nicht wegkann, selbst wenn amn sich schauerlich aufführt, kann man denen zeigen, wie mies alles doch ist.
Sie kann nicht zur Ruhe kommen. Immer muß was los sein. Manche Menschen fürchten die Stille. Sie gehört dazu.
Sie ist maulig weil keiner auf sie hört. Keiner macht was richtig.
In der Kirche sind auch immer alle doof, da geht sie nicht mehr hin. Im Sportverein sind alle doof, da geht sie nicht mehr hin. Die Nachbarn spinnen, da kann man sich auch nur aufregen.
Sie hat ein Problem, welches ich nicht lösen werde.
Ich habe die letzten 10 Jahre versucht, mit ihr auszukommen und immer nachgebeben weil sie ja so arm dran ist. Das war wahrscheinlich falsch. man kann jeden Fehler machen, Fehler nicht zu korregieren ist der größte, den man machen kann.
Und je mehr ich drüber nachdenke, desto besser ist es, daß mein Tigergatte arbeiten muß wenn sie kommt. Wieso kommt sie eigentlich wenn er nicht da ist? Man könnte ja auch zusehen, daß man Termine so koordiniert, daß das klappt. Nö, sie hat beschlossen und nun passiert.
Entspannen. Beten. Ruhig bleiben. Aber keinen Fußbreit zurückweichen!
Richtig hassen kann man sich ja nur in der Familie!
Ich hasse sie nicht- ich wünsche ihr von Herzen einen Lottogewinn, mit dem sie dann bis ans Ende ihrer Tage so mißmutig wie sie lustig ist unter einem Sonnenschirm in einer netten, warmen Gegend sitzen und endlos Kaffee trinken und der Welt erklären kann, was sie alles falsch macht. Wenn nörgeln sie glücklich macht oder so nach an Glück ran wie es für sie möglich ist, dann soll sie das tun. Nur bitte weit weg von mir...
Ich bilde mir ja sogar ein, zu verstehen, was mit ihr los ist. Aber Verstehen heißt in diesem Fall nicht Gutheißen oder gar Mitmachen. EKEA- Erwachsenes Kind eines Alkoholikers. Sie mußte immer alles regeln zu Hause und sehr früh Verantwortung übernehmen und der Gedanke, daß die Welt nicht untergehen wird, wenn sie sie nicht kontrolliert und anleitet ist einfach zu viel.
Irgendwann in ihrem Leben hat sie begriffen, daß sie auch Rechte hat und sie weiß, wie man sie durchsetzt: indem man erklärt, man sei das Opfer und endlich müsse auch mal Rücksicht auf sie genommen werden. Schuldgefühle bei anderen auslösen klappt ja meist wenn man spontan losheulen kann.
Wenn ich nicht so harmoniesüchtig wäre, wären wir an diesem Punkt wahrscheinlich schon vor über 10 Jahren angekommen.
Ich bin auf den Schlachtfeldern einer dysfunktionalen Familie groß geworden. Sobald man sich traut, sich zu trauen, kann man erstaunlich viel.
Kinn hoch und durch da - Sie sind die Chefin in ihrem zuhause!
Sie hat gesagt, Sie waren nicht Familie?! Ich fass es nicht :-/
Ja. das war ziemlich gut.
Ihre Tochter lag mit unbekannten neurologischen Problemen in den USA und verstand nicht so recht, was die Ärzte sagten. Ich bot an, im Krankenhaus anzurufen. Immerhin habe ich Englisch studiert und zwischendrin einen Kurs medizinisches Englisch belegt.
Sie sagte "das müssen wir in der Familie klären, da muß keiner von Außen rein".
Also rief sie ihre Cousine 2. Grades an, die ja immerhin schon mal in Disneyworld war und sich deswegen auskannte...
Ihre Erklärung, warum wir uns dauernd in den Haaren haben: das kommt weil der Tigergatte jemanden geheiratet hat, den "wir" nicht kennen. Das wäre anders wenn ich aus dem Harzdorf wäre, aus dem "sie alle" kommen.
Vielleicht gehöre ich nicht zu ihrer Familie. Mag sein. Aber wer zu meiner gehört, entscheide ich dann auch :-)
Also: raus aus meinem Schlafzimmer, Schwiegermonster ist Besuch. Besuch sitzt im Wohnzimmer rum. Besuch ist ungleich Hausdurchsuchung. Besuch geht nach ein paar Stunden wieder :-)
teilweise klingt das schwiegermonster nach der bösen frau (die mich geboren hat): die war auch nur glücklich, wenn sie unglücklich sein konnte. der bösen frau wäre es aber im traum nicht eingefallen, mir auch nur einmal helfen zu wollen. dass ich in meinem haushalt jeweils immer alles falsch machte, das wusste sie allerdings auch immer.
solche leut' tun einem ja immer irgendwie leid, aber ebenfalls wie immer: ohne krankheitseinsicht keine heilung.
kann man nur warten bis sie wieder weg sind, und dazwischen die zähne zusammenbeissen. es ist traurig, aber es ist so.
helfen würde bedeuten, daß man fragt "was brauchst oder willst du?" Das ist ein Angebot, bei dem der, dem man helfen will, im Mittelpunkt steht.
Wenn sie hier wieder "hilft" indem sie alles umräumt, dann auf der Hälfte der Arbeit entdeckt, daß sie keine Lust oder zeit mehr hat oder wieder mal was kaputt gegangen ist, dann ist das eher "Probleme machen".
Sie will "helfen", des Großen Tigers Zelt abzubauen. Sie biegt an den Stäben, bis einer bricht. Eigentlich entschuldigt man sich bei seinem Enkel dann, sagt, daß es leid tut und das man guckt, ob man das repariert oder ersetzt bekommt. Schwiegermonster sagt "och, das ist jetzt so. Jajaja" und nimmt sich einen Kaffee. Tiger steht da und kämpft mit den Tränen. Sein Zelt!
Auf die Sorte Hilfe kann ich verzichten. Sie hat das Zelt, einen Kinderwagen, eine Küchenschranktür und ungezählte Spielsachen, die sie mal eben ramponiert hat. Und natürlich die
Wand im Flur...
seit ich einmal einen geistig normalen Menschen hier hatte, der sie erlebt hat und mir versicherte, es sei nicht nur meine Wahrnehmung, bin ich recht entspannt :-)