Sonntag, 9. Juni 2013
Lob der tüchtigen Frau III
"Sie gleicht den Schiffen des Kaufmanns: Aus der Ferne holt sie ihre Nahrung."

Die Nahrung von Ferne zu holen ist heute kein Problem mehr: man setzt sich ins Auto, düst zum nächsten Discounter und füllt den Einkaufswagen mit:
Möhren aus Israel
Kiwis aus Italien
Erdbeeren aus Spanien
Kartoffeln aus Ägypten
Bananen aus irgendwo in Südamerika
Fisch, der vor Island gefangen wurde
und vielleicht noch eine Flasche Wein aus Australien oder Südafrika.
Wer dazu tendiert, die Bibel wortwörtlich zu nehmen, hat es hier wirklich einfach und das Ganze zum Discounter-Preis.

Das war mal anders:
alltägliche Nahrung kam von Nahe, was Besonderes aus der Ferne. Transport war teuer- Karren, Lastiere oder auch der menschliche Rücken trugen die Handelswaren. Das alles machte importierte Waren teuer, teurer als das, was zu Hause wuchs.
Weizen vom anderen Ende der Welt essen? Dann sieht man ja nicht mal, wie viel das Zeug gekostet hat, hat also auch kein Angeberpotential.
Obstimport? Viel Spaß, bis du mit den Orangen aus Spanien über die Pyremäen und dann nach Köln gelascht bist, sind die doch faulige Matsche.
Bei meinen Großeltern gab es immer zu Weihnachten eine Kiste Apfelsinen. Das war was ganz besonderes, die gab es nämlich sonst nicht.
Als meine Oma die erste Kiwi kaufte, stand ich daneben. Sie beäugte das pelzige Dings mißtrauisch und fragte nach, was man denn davon essen könne und ob das auch Kinder essen dürften. Obst, das man wie ein Frühstücksei löffeln soll? Gekauft wurde sie trotzdem, sie sei ja sehr vitaminreich und das war gut für dünne, blasse Kinder wie mich. Also saß ich nachmittags als eine Mischung aus Restaurantkritikerin und Versuchskaninchen in der Küche und sollte die Kiwi probieren. Gegessen hatte so was nämlich noch keiner.
Im Spätsommer/Herbst gab es öfter mal Weintrauben, die gab es nur zur Weinlesezeit. Heute kann ich das ganze Jahr über Weintrauben kaufen.

So lange ist das noch nicht her, daß "aus der Ferne" etwas Besonderes war, was man sich mal gönnte.

Die Frau, deren Idealbild hier gemalt wird, gönnt ihrem Haus was besonderes. Hier muß keiner von trocken Brot und Wasser leben.

Christen wird häufig vorgeworfen, sie könnten ja gar nicht "genießen". Doch, können wir, und genau das tut ermöglicht diese Frau. Es geht um das kleine bißchen Extra-Anstrengung, die aus dem auf die Dauer langweiligen Alltag immer wieder etwas macht, was heraussticht.