Badekappe oder nicht Badekappe?
Erst einmal:
ich finde es abgrundtief falsch, wenn eine Frau gezwungen wird, ein Kopftuch zu tragen obwohl sie das nicht will. Genauso falsch finde ich es aber, es ihr zu verbieten.

Wie man sich anzieht und warum sollte die eigene Entscheidung sein.
Warum man sich wie anzieht... dadrüber können Kulturanthropologen ganze Bücherregale füllen. Wir hatten eine äusserst interessante Sitzung über die Lederhose damals im Studium. Die trägt nämlich nicht nur der Bayer wenn er zum Dorf-Rumps geht, sondern auch der Biker, der Punk und die schwule Subkultur.

Wenn eine Frau sagt "ohne fühle ich mich nicht angezogen", dann soll sie sich bitte so anziehen, dass sie sich angezogen fühlt. Manche Frauen mögen Mini-Rock tragen, manche nicht.

Ich komme vom Dorf, da gab es eine Menge Kopftuchfrauen bis in die 90er. Alles gestandene Landfrauen. Okay, die traten nicht bei Olympia an.

Im Gegensatz zu der Judoka Shahrkhani

Warum der olympische Geist total tot sein soll wenn eine Frau ihre Haare nicht zeigt, ist mir ein Rätsel. Der Hase dürfte eher woanders im Pfeffer liegen: es gibt anscheinend Regeln, wie kurz die Hosen der Beach-Volleyballerinnen sein müssen damit die Männerwelt auch was zum Sabbern hat. Oder fällt jemandem eine andere, vielleicht sogar nettere, Erklärung ein?

Verletzungsrisiko?
Ich habe selbst Judo gemacht (vor den Tigern) und meine Einschätzung: nicht vorhanden.
Sie wird einen Wettwerbsnachteil haben wenn ihr das Tuch über die Augen rutscht, aber das ist ihr Problem wenn sie das in Kauf nimmt.
Judo-Frauen haben lange Haare (wie andere Frauen auch) ohne deswegen schlechter zu kämpfen als kurzhaarige Judoka. Da wird auch nicht wegen des Verletzungsrisikos gejammert. Keine harten Haarspangen, keine Haarnadeln oder anderes, was die Partnerin oder sie verletzen könnte kenne ich als Regeln, aber die Verletzungsgefahr, die von einem gebundenen Tuch ausgeht, ist einfach nicht vorhanden.

Ja, ich weiss, der Vater der konkreten Judoka hat gesagt "nicht ohne Tuch". Das ist grenzwertig. Aber vielleicht vertritt er ja wirklich nur ihre Meinung, die Athletin ist schliesslich erst 16.

Sie ist ausgeschieden- schade für sie. Aber in 4 Jahren ist sie sicher wieder dabei! Und dann wird sie hoffentlich selber ansagen, wie sie sich kleiden will.

Judo&Co sind übrigens großartige Sportarten für Frauen, dioe nicht zu viel Haut zeigen wollen. Ich habe mal eine iranische Karate-Frauschaft gesehen: Kopftücher in den zum Gürtel passenden Farben. Wäre doch mal ein olympischer Trend :-)




sid am 04.Aug 12  |  Permalink
Soweit ich das verstanden hab, gibt es diese Kleidungsvorschriften bei Kampfsportarten, um vorallem die Gesundheit der AthletINNen zu schützen.
Wie schnell wär das ein Theater, wenn sie aus Versehen mit dem Tuch stranguliert würde, weil die die Gegnerin darin verheddert.
Aus dem Grund gibt es auch Vorschriften beim Schulsport.

Abgesehen davon geziemt es sich für eine saudische Frau nicht Sport zu machen - was ich hier aber nicht vertreten möchte. Schwergewichtsjudokas haben es meist eh nicht leicht, da viele davon keine ansehnliche Figur machen. Aber auch das ist keine Frage des Sports. Und zu den Beachvolleyballdamen - da hat es endlich eine Änderung der Regeln gegeben. Nicht mehr alle greifen sich im Minutentakt an den Hintern, um die Hose rauszuziehen *uff*

Hab mir dazwischen überlegt, ob die Judoka eine Tauchhaube tragen könnten/sollte. Allerdings gäbe es da auch Benachteiligungen.

Ich finde, es ist aber auch manchmal so: will ich mich gewissen Regeln nicht unterordnen, muß ich das halt bleiben lassen. Will ich keine nackten Männer sehen, darf ich nicht in die gemischte Sauna gehen - klingt jetzt vllt zu extrem oder zu simpel, aber man kann der restlichen Welt nicht immer seinen Willen aufzwingen.

cassandra_mmviii am 05.Aug 12  |  Permalink
Klar gibt es Sicherheitsvorschriften, aber in denen kommen Kopftücher nicht vor. Haarspangen, -Nadeln etc schon, aber Tücher nicht. Weiche Haarbänder sind auch zugelassen.
Fingernägel müssen rung gefeilt und kurzgeschnitten sein und das ist auch alles total einleuchtend.

Ich habe selbst schon Wettkämpferinnen mit Kopftuch gesehen, so leicht stranguliert es sich nicht. Verlieren ist 'ne andere Nummer, aber ihr Problem.


Gerade weil Frauensport in Saudi so heikel ist sollte man sich freuen, dass das Mädel nach London durfte.


Im Taekwondo kämpfte meine feste Traniningspartnerin auch "offene Gewichtsklasse"- deswegen hatte ich den Tritt, den ich hatte (ich trat bis 56 kg an...)


Klar, wenn ich keine nackten Mänenr sehen will gehe ich nicht an den FKK-Strand. Logo. Aber die Judoka sagte ja nicht "ich spiel nur mit wenn ihr alle Kopftuch tragt".


Über Schulsport und Sicherheit kann man vieles sagen.... ob es sicher ist, wenn jemand mit Gipsarm "Hilfestellung" gibt weil er ja zum Mitmachen verpflichtet ist, aber dummerweise wg Gipsarm nicht mitturnen kann, darf man getrost diskutieren.
Oder inwieweit eine Schülerin, die wegen Wirbelsäulenproblemen nicht schwer heben durfte, das machen sollte.

Wir hatten die Diskussion in der 10. Klasse als eine Mitschülerin anfing, Kopftuch zu tragen- zum totalen Entsetzen ihrer Eltern.
Sie bot an, lange Jogginghose, Langarm-Shirt und eine Art Turban zu tragen, der Sportlehrer bestand bei ihr auf kurzen Hosen, was er bei anderen Mädchen nicht tat- die durften langhosig mitturnen.

Im Verein ging das durch- die wollten nicht auf eine starke Spielerin verzichten und beim Schulvolleyballturnier auch.

Ihre Eltern haben großartig reagiert "wir finden deine Entscheidung unverständlich, aber es ist dein Leben, wir unterstützen dich".

Das ist eine Frage, ob man damit leben kann, dass andere ein bisschen anders sind als man selbst.