Je ne suis pas Charlie Hebdo
Trotzdem:



Mein erster Kontakt mit Charlie Hebdo fand da statt, wo fast alle deutschen Schüler ihn hatten: im Französischunterricht. Irgendwie scheinen Französisch-Lehrer mit CH-Abo zu kommen.

Nun gab es ein Problem: die Erklärung "das ist so was wie die Titanic" löste in der Klasse nur leere Blicke aus, denn keiner der Eltern auf dem Dorf las die Titanic. Und im Zeitschriftenregal des örtlichen Gemischtwarenhändlers gab es sie auch nicht. Kurz: Lebens- und Bildungswelten kollidierten.
Das gab es vorher schon mal mit Auberginen. Französische Ernährungsgewohnheiten, wir lernen die Vokabeln für alle möglichen Gemüse- dummerweise kannte keiner außer der Französisch-Lehrerin, die nicht nur akademisch ausgebildet und in Frankreich-Urlauben kulinarisch erprobt, sondern auch aus der kosmopolitischen Großstadt in die Kleinstadt pendelte, Auberginen. Das Bild löste keine spontanen Assoziationen aus. Auch das Wort "Aubergine" half nicht. "Eierfrucht" war ebenso leer.

Einfach nichts, was im Leben der Schüler vorkam.

Aber wir hatten bei jeder sich irgendwie anbietenden Gelegenheit CH-Bildchen. Das war so Lehrerhumor.

Ich bin mit dem Blättlein nie warm geworden. Das macht aber grad überhaupt keinen Unterschied, denn das Recht, der Athmosphäre Sauerstoff zu entziehen, ist nicht auf die beschränkt, die ich mag.






(Grafik von hier




das mariechen am 08.Jan 15  |  Permalink
Irgendwie
ist Charlie Hebdo komplett an mir vorbei gegangen. Ich vermute mal, die gab es zu meiner Schulzeit noch nicht.

cassandra_mmviii am 08.Jan 15  |  Permalink
Doch, die gibt es doch schon seit Ewigkeiten... so ein 68er-Magazin halt.

mark793 am 08.Jan 15  |  Permalink
Hm, fast scheint mir, uns wäre da etwas vorenthalten worden, denn die einzige satirische Zeitschrift, die einer unserer Französischlehrer mal erwähnte, war der "carnard enchainé", und um daraus irgendetwas zu goutieren, dürfte unser Schulfranzösisch zu diesem Zeitpunkt nicht ausgereicht haben.

Die Aubergine und diverses anderes Gemüse aus dem Französischbuch war mir einigermaßen bekannt, zumindest vom sehen (kann mich nicht erinnen, das meine französischen Gasteltern welche aufgetischt hätten). Aber man wäre wohl kein richtiger Französischlehrer, wenn man nicht beim Stichwort "Salade Nicoise" ins Schwärmen käme. Überhaupt gaben sich sämtliche Franzlehrer, die ich kannte, als die totalen Feinschmecker und Kenner, was dazu beigetragen haben mag, dass ich derlei Getue immer noch ein wenig affig finde. ;-)

cassandra_mmviii am 08.Jan 15  |  Permalink
da könnten die 10 Jahre Gnade oder Fluch der frühen oder späten Geburt mal wieder mitspielen. Andere Generation Französischlehrer?

Wir hatten diese Bildchen daunernd, und zwar schulunabhängig. In 2 Jahren 3 Schulen zu besuchen muß man ja auch erst einmal schaffen :-)

mark793 am 08.Jan 15  |  Permalink
Andere Generation Französischlehrer?

Schwer zu sagen. Vielleicht auch nur politisch/medial etwas anders sozialisiert. Bei uns war damals das sogenannte Sprachlabor noch sehr angesagt, Hörverstehen und Aussprache wurde großgeschrieben, entsprechend kam Bildlichkeit dabei etwas kurz. Vielleicht wäre bei anderer Unterrichtsgestaltung mit weniger Sprachlabor-Stunden auch Raum gewesen für Charlie-Hebdo-Karikaturen.