Google-Suche für "Kopftuch" und "Tracht"
Bis irgendwann in die 1960er Jahre hinein trugen Frauen in der Öffentlichkeit einen Hut oder ein Tuch- was davon war eine Frage der Mode, des persönlichen Stils, der soziokulturellen Verortung und damit auch des Geldbeutels.
Heute ist Hut irgendwie überkandidelt, was für eiskalte Tage (Kappe, Baskenmützenartiges) oder alte Frauen. Und Kopftuch... nun ja,das tragen moslemische Frauen und das ist ein Politikum sondersgleichen. Stundenlang kann man über diesen Quadratmeter Stoff reden und immer steht im Raum: das ist fremd. Das ist so gar nicht deutsch/europäisch. Das ist anders, seltsam. Das muß mindestens ein Zeichen von Abgremzung sein, davon, nicht wie "wir" sein zu wollen. Gipfeln tut so was dann in Vorschlägen wie
"Helene Fischer sollte mal ein Kopftuch tragen"
Das mag zwar ganz nett gemeint sein, aber es sieht das Kopftuch immer noch als das Fremde, das Abgrenzende, das so gar nicht eigene.
Ich komme vom Dorf. Da trugen noch eine Reihe von Frauen im Alltag Kopftuch. Ist ja auch praktisch wenn man im Stall steht, kommen die Fliegen nicht an die Haare.
Als Nebenfachs-Kulturanthropologin betrachte ich die Fremdheit, mit der Kopftücher betrachtet werden, mit Befremden. Das ist doch sooo lange noch gar her.
wird bei uns ganz gerne mit Toleranz verwechselt. Ich komme aus einem Dorf, das irgendwann zur Vorstadt von ... naja, sagen wir: dem Äquivalent einer deutschen Mittelstadt, wurde. In meiner Kindheit konnte man dort bei den Frauen aus der Generation meiner Großmutter noch ganz genau erkennen, welchem Stand sie sich zurechneten. In die Kirche gingen die einen mit dem Kopftuch (Bäuerinnen, Kleinbürgerinnen), die anderen mit dem Hut (Akademiker-Gattinnen, "die besseren Leute" halt).
Daher verstehe ich den ewigen Kopftuch-Wirbel auch nicht recht: Bei gewissen Gelegenheiten läßt man das Kopftuch besser weg (z.B. vielleicht beim Geräteturnen, der Sicherheit wegen), aber ansonsten ...
Das heutige Proletariat - meine unchristliche Auffassung - ist keine Sache des Einkommens mehr, sondern des geistigen Horizonts. Man kann großbürgerlich verdienen, aber ansonsten daherkommen wie der ärgste Prolet; das äußert sich dann halt bei gewissen Themen recht deutlich.