Kuchen und Gewissen
Man stelle sich vor, Cassie habe eine Bäckerei. Cassie lebt davon, Kuchen zu verkaufen. Nun kommt da so ein Nazi rein. Er will einen Kuchen kaufen, dekoriert mit der Odal-Rune, für eine Namensweihe.
Cassie vertellt ihm eins und setzt ihn vor die Tür.

So weit, so antifa. Alle wären wahrscheinlich der Meinung, daß ich das Recht habe, aus Gewissensgründen keine Kuchen mit Symbolen, die die Nazis zwar nicht erfunden haben, aber in ihrem ideologischen Kontext so lange aufgeladen haben, bis sie jede andere Bedeutung verloren hatten, zu backen.

Sollte der Nazi mich dann verklagen, wäre mir ganz viel öffentliche Unterstützung sicher und die Kunden, die auch mit dem guten Gewissen, daß in dieser Bäckerei keine Nazikuchen gebacken werden, Kuchen essen wollen, würden mir die Bude einrennen. Ich wäre reich!

Was haben wir denn, wenn wir es mal von mir und meiner Abneigung gegen Rechtsaußen abstrahieren?
Eine/n Geschäftsinhabenden, der/die (ist das derzeitig korrekt?) sich weigert, einen Auftrag anzunehmen und sich dabei auf sein Gewissen beruft.

Andere riskieren für ihre Gewissensentscheidungen Knast.
Mal ganz pragmatisch gefragt: warum geht man nicht einfach und gibt sein Geld in einem anderen Geschäft aus, wo bestimmt auch leckere und hübsche Torten gebacken werden, wo man nicht wegen seiner Lebensweise und der Frage, wen man liebt, schief angeguckt wird? Wie viel Freude habe ich an so einer Torte? Möchte ich mein Geld nicht lieber woanders hintragen?
Und noch pragmatischer: bei einer Torte, die unter diesen Umständen hergestellt wurde, will ich lieber nicht wissen, was noch drin ist.

Aber auch abgesehen von diesen Überlegungen: "nein, mache ich nicht" zu sagen weil das Gewissen es gebietet, sollte das Recht eines jeden Menschen sein.




zwetschgenkrampus am 05.Dez 13  |  Permalink
Komisch, daß gerade dieses Beispiel gewählt wird. Bei uns in der Nähe gab es vor einigen Jahren einen Bäcker / Konditor, der tatsächlich eine Bestellung über eine NS-Torte ausgeführt und ein Bild dieser Torte auch noch in sein Musterbuch aufgenommen hat ! Das ist jene Mappe, die man prospektiven Kunden zur Durchsicht hinlegt. Und da war sie: Zuckerguss und Haxlkreiz ... no, DAS gab ein Theater. Ich kann mich nicht mehr erinnern, was mehr Aufruhr verursacht hat: Dass der Betrieb eine solche Torte geliefert hat - oder dass man das anderen Interessenten als Referenzobjekt "serviert" hat.

Betr. Beispiel über den Link: Gewissensentscheidungen gelten nur, wenn sie politisch korrekt sind. Ein Gewissen, dass diese Grenzen nicht einhält, ist a) rassistisch, b) homophob, c) illegal, d) vorgestrig und e) kein Gewissen. (Ironie aus)

Spaß beiseite, mit solchen Aktionen wollen schwule Aktivisten uns deutlich machen, WER den Ton in unserer Gesellschaft angibt, und was sie von anderer Leute Gewissen oder Entscheidungen halten.

cassandra_mmviii am 05.Dez 13  |  Permalink
Also, wenn mir im Schaubuch eine Hakenkreuz-Torte passieren würde- ich suchte mir einen anderen Bäcker. Mut nich', wie man bei uns sagt.

Nun steht es jedem frei zu sagen "ich kaufe nicht bei Nazi-Bäckern" oder homophoben Floristen oder Anti-Abtreibnungsapothekern oder was imemr auch gefällt.
Auf der anderen Seite steht es jedem frei zu sagen "find' ich voll gut" und ebenda zu kaufen.

Theoretisch steht es dem Bäcker auch frei zu sagen "ich mache nur Torten für gleichgeschlechtliche Partnerschaften". Dann bekommt man sie eben nur mit schwulen oder lesbischem Marzipan-Pärchen. Zackbumende. Und wäre auch seine Sache.

wajakla am 05.Dez 13  |  Permalink
Mal ganz pragmatisch gefragt: Sie finden den direkten Vergleich zwischen Nazis und Schwulen wirklich sehr gelungen?

Das eine ist ein Grundrecht, das andere eine verfassungsfeindliche Einstellung.

Irritierend.

cassandra_mmviii am 05.Dez 13  |  Permalink
Ich habe nicht Nazis und Schwule gleichgesetzt.

Ich sah es als "etwas, was mir mein Gewissen gebietet". Wenn jemand sagt "Ehe geht nur zwischen Mann und Frau", dann habe ich das zu respektieren. Ich habe auch zu respektieren, wenn jemand sagt "Ehe geht gar nicht" weil er das als patriarchal interpretierte Konstrukt Ehe an sich ablehnt. Nur muß ich diese Interpretation nicht teilen. Ich muß einfach nur damit leben, daß er anders denkt.

Wenn jemand Ehe nicht nur als zivilrechtlichen Vertrag ansieht, der auch wieder aufgelöst werden kann, sondern als sakramentale Union zweier sich auch körperlich) ergänzender Menschen, dann muß man damit leben.

Von mir aus sollen übrigens ruhig zivilrechtliche Ehen zwischen Gleichgeschlechtlichen geschlossen werden, der Staat soll nicht werten, wer wie leben will, sondenr enutral bleiben (neutral bleiben heißt dann aber auch, daß er nicht dauernd versucht, die "überkommene Rollenvertreilung aufzubrechen", sondern eben nicht wertet).
Nur soll da niemand mitmachen, der das ablehnt. Es geht einzig um die Freiheit des Einzelnen, morgens noch in den Spiegel gucken zu können.

Die Frage, ob wir die Gewissensentscheidung achten oder das Ergebnis dieser stellt sich mir schon. Wenn wir nämlich sagen "wir respektieren, wenn du was nicht mittragen kannst", dann müssen wir wohl auch damit leben, wenn uns das Ergebnis dieser Geiwssensbisse nicht immer gefällt oder sogar mißfällt. Wenn wir das nicht tun, sollten wir einfach ehrlich sein und sagen, daß wir erwarten, das Entscheidungen innerhalb eines Rahmens liegen und wie dieser Rahmen aussieht.

Ich würde übrigens auch keine Wiccaner-Kuchen oder Satanisten-Torten backen. Nur löste das wahrscheinlich keine Welle der öffentlichen Unterstützung aus.

Kuchen ist kein Grundrecht. Heiraten ist auch kein Grundrecht- es gibt nämlich kein Recht auf einen anderen Menschen (das wäre dann Sklaverei) und noch weniger auf die Bereitschaft eines anderen Menschen, sein Leben mit mir zu teilen oder gar seine Liebe.

Was ich in höchstem Maße irritierend finde ist, daß man sich nicht mehr aussuchen darf, mit wem man Geschäfte machen will.