Donnerstag, 5. Dezember 2013
Ein Vertrag ist ein Vertrag ist ein Vertrag
"Das Beängstigende dieser Art von Paternalismus ist das notorisch gute Gewissen derjenigen, die sich anheischig machen, dem Familienvater zu sagen, wie viel Zeit er mit seinen Kindern verbringen soll, und der jungen Mutter, welche Rollenbilder für ihre Kinder die geeigneten sind. Es ist wirklich eigenartig: Wenn der Staat über seine Dienste auf die Telefondaten der Bürger Zugriff nimmt, steht die halbe Republik Kopf: Kaum drängt er sich ins Haus, um Ratschläge zu allem und jedem zu geben, wird ihm bereitwillig die Tür geöffnet."

Ich mag Herrn Fleischhauer nicht. Trotzdem hat er hier recht: was verflixte Socke geht es die Regierung an, wie wir unser Familienleben gestalten?
Wieso sollte der Staat sich in Rollenverständnisse einbringen?

Man kann jetzt sagen, daß das wieder mal alles nur Fleischhauersches Gepöbele ist (deswegen mag ich ihn ja nicht) und der Mann eh nur selektiv zitiert weil er nun mal pöbeln will. Das tun erstens alle und zweitens steht im Koalitionsvertrag tatsächlich:
"Aktive Väter: Eine zeitgemäße Familien- und Gleichstellungspolitik bezieht auch Jungen und Männer ein. Wir wollen auch die Rolle des aktiven Vaters in der Kindererziehung und Familie weiter stärken. Erforderlich sind bessere Rahmenbedingungen, damit Väter und Mütter Aufgaben in Familie und Beruf partnerschaftlich aufteilen und Männer eine engagierte Vaterschaft leben können"

Erst mal unterstellt es, daß Väter, die der ganz bösen traditionalen Rollenverteilung folgen, sich nicht für ihre Kinder interessieren.
Zweitens, daß eine klassische Aufgabenteilung nicht partnerschaftlich wäre.
Drittens finde ich Tigergatten und seine Arbeitstage recht engagiert- er tut das nämlich auch für uns. Er tut das, damit Zeit für Familie da ist statt das wir uns die Türklinke in die Hand geben und die Jungs zwischen uns und dem Spätdienst der Ganztagsschule rumjonglieren.

Und das alles kulminiert in der Frage: was interessiert das die Regierung?!

"Ja, aber Cassie, ganz viele andere Pare wünschen sich da Hilfe"- dann sollen sie sich hinsetzen und miteinander reden und wenn nötig einen Unparteiischen ihrer Wahl dazuziehen, aber das ist doch keine Aufgabe für eine Regierung!


Diese Fragen stellen sich mir auch wenn ich weiterlese:
"Mädchen- und Jungenpolitik: Mädchen und Jungen sehen sich heute mit unterschiedlichen, oft widersprüchlichen Rollenbildern konfrontiert. Sie müssen sich auf neue Anforderungen einstellen. Die geschlechtsspezifische Arbeit mit Mädchen und Jungen soll weiterentwickelt und Rollenstereotypen entgegengewirkt werden. Eine zeitgemäße Gleichstellungspolitik bezieht Jungen und Männer mit ein. Die Jungenarbeit soll nicht zu Lasten der Mädchenarbeit ausgebaut werden."

Wieso will die Regierung Rollenstereotypen entgegenwirken und kann mal jemand definieren, was genau die meinen? Das steht da nämlich nicht.


Gesamturteil: das kann ja heiter werden...



Kuchen und Gewissen
Man stelle sich vor, Cassie habe eine Bäckerei. Cassie lebt davon, Kuchen zu verkaufen. Nun kommt da so ein Nazi rein. Er will einen Kuchen kaufen, dekoriert mit der Odal-Rune, für eine Namensweihe.
Cassie vertellt ihm eins und setzt ihn vor die Tür.

So weit, so antifa. Alle wären wahrscheinlich der Meinung, daß ich das Recht habe, aus Gewissensgründen keine Kuchen mit Symbolen, die die Nazis zwar nicht erfunden haben, aber in ihrem ideologischen Kontext so lange aufgeladen haben, bis sie jede andere Bedeutung verloren hatten, zu backen.

Sollte der Nazi mich dann verklagen, wäre mir ganz viel öffentliche Unterstützung sicher und die Kunden, die auch mit dem guten Gewissen, daß in dieser Bäckerei keine Nazikuchen gebacken werden, Kuchen essen wollen, würden mir die Bude einrennen. Ich wäre reich!

Was haben wir denn, wenn wir es mal von mir und meiner Abneigung gegen Rechtsaußen abstrahieren?
Eine/n Geschäftsinhabenden, der/die (ist das derzeitig korrekt?) sich weigert, einen Auftrag anzunehmen und sich dabei auf sein Gewissen beruft.

Andere riskieren für ihre Gewissensentscheidungen Knast.
Mal ganz pragmatisch gefragt: warum geht man nicht einfach und gibt sein Geld in einem anderen Geschäft aus, wo bestimmt auch leckere und hübsche Torten gebacken werden, wo man nicht wegen seiner Lebensweise und der Frage, wen man liebt, schief angeguckt wird? Wie viel Freude habe ich an so einer Torte? Möchte ich mein Geld nicht lieber woanders hintragen?
Und noch pragmatischer: bei einer Torte, die unter diesen Umständen hergestellt wurde, will ich lieber nicht wissen, was noch drin ist.

Aber auch abgesehen von diesen Überlegungen: "nein, mache ich nicht" zu sagen weil das Gewissen es gebietet, sollte das Recht eines jeden Menschen sein.