Donnerstag, 12. Juni 2014
Old News
http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/obdachlose-in-deutschland-verdraengung-mit-wasserduesen-a-974491.html

Wie lange ist es jetzt her, daß die D********'sche Buchhandlung am Campus in Göttingen ihre Uni-Filiale eröffnete? 20 Jahre?
Zuerst war der Eingangbereich nach Geschäftsschluß offen und die "Uni-Obdachlosen" schliefen dann dort.
Kurz drauf kam ein Gitter vor den Eingangsbereich. Warum war allen klar. Wenn dort einfach nur Menschen geschlafen hätten, wäre das damals in Göttingen wahrscheinlich unter "ist so" abgehakt worden.

Auf dem Campus gab es mehrere Obdachlose, die dort "wohnten". Solange sie nur irgendwo in der Halle saßen im Winter, störte das niemanden oder es hatte niemanden zu stören. Aber dabei blieb es nicht: Müll, Musik, Streit, dazu aggressives Betteln und Frauen anpöbeln. Das ging eine Weile gut, dann gab es Stress wegen irgendwas, die Uni engagierte einen privaten Sicherheitsdienst, das ganze wieder von vorne.
Eine Weile vor meinem Studienbeginn war eine Studentin nachts auf dem campus durch einen Obdachlosen vergewaltigt worden.
In der chronisch toleranten Cafeteria der Theologen ("Theo-Cafete") hatten sie praktisch alle Hausverbot, was aber nur umgesetzt wurde, wenn es Ärger gab.
Irgendwann saß ich mit einer Freundin auf "unserer" Treppe bei der Cafete und einer der üblichen Verdächtigen wollte nicht weggehen, sondern Teil des Gespräches werden, was wir aber nicht wollten. Er versuchte mich zu schubsen, besagte Freundin ging dazwischen und schrie ihn an bis einer der Cafeten-Leute dazukam und ihn rauswarf. Zwischendrinne hatte er versucht, ihr an den Busen zu gehen, um sie zu "beruhigen".
Das gab dann endlose Diskussionen über Ausgrenzung, Sexismus und so weiter.

Und irgendwie ist das Problem immer noch das gleiche:
nicht jeder Obdachlose pöbelt, wird übergriffig, aggressiv oder läßt Müllhügel zurück. Auffallen tun immer nur die, die es tun.

Ich mag den Bremer Bahnhof nicht. Wenn man aus der Strassenbahn aussteigt, muß man an den "Haltstellenleuten" wie eine Bekannte es so schön ausdrückte vorbei.

Die "Hamburger Lösung" ist keine Lösung. Eine Lösung wäre, sich die Frage, was Menschen obdachlos macht, zu stellen und dann an diesem Problem zu arbeiten. Wenn dann Menschen als selbstgewählte Lebensform (und sei es auch nur für eine Weile) auf der Strasse leben wollen, dann ist das etwas anderes, mit dem man auch anders umgehen kann. Aber einfach nur zu sagen "ihr verelendet, erfriert und sterbt- bitte tut das doch woanders" ist genau so wenig eine Lösung wie die scheibare Toleranz, mit der man zuguckt wenn im Winter sich Menschen über dem Lüftungsschacht drängen.
Ja, nicht frieren ist besser als frieren, aber, grosses ABER: Obdachlosigkeit ist ein Problem, welches man angehen sollte jenseits von "du darfst obdachlos sein, mich stört dein Elend nicht".



Dienstag, 3. Juni 2014
Current Mood
Das dringende Bedürfnis, Köpfe in Ämtern gegen Wände zu hauen bis der Verstand (wieder) einsetzt.

Meine Meinung über Berufstätigkeit ist bisher nur verstärkt worden.

Wer es für eine Leistung hielt, mit 40 Jahren sich komplett neu zu orientieren, der irrte: die wäre Leistung ist es nicht, einen Ausbildungsplatz in Teilzeit zu finden (dazu muß man am Ende nur überzeugen, daß man was kann), die whre Leistung ist ihn am Ende auch anzutreten.

Kinder werden als Störfaktor eingeschätzt- nicht vom Arbeitgeber in spe, sondern von Amts wegen. Mit Blick auf die 4 Kinder wurde mir geraten, doch lieber zu Hause zu bleiben. Von Herzen gerne, nur wie finanziert man das? Öh... ja, will der Tigergatte nicht mal wieder arbeiten gehen? Das wäre doch eine Lösung. Yupp, der weigert sich nämlich aus purem Wasauchimmer, eine von den 5 Millionen Stellen, auf die er sich beworben hat, anzunehmen.
Ich bleibe konstruktiv, man ist ja höflich. Grundsätzlich ja, aber bei den Zeitverträgen im Wissenschaftssektor und so weiter. Einfache Lösung: dann möge er sich doch was unbefristetes suchen, aber das will er ja anscheinend nicht.
In welchem Aktenschrank leben die?

Wenn ich das sowieso nur aus Notwendigkeit mache und nicht weil ich mich in der Stelle "wiederfinde" (hä? Ich hatte mich nicht mal verloren...), dann müsse man sich fragen, wie sinnvoll das sei.
Ich verweise auf das deutsche Sozialrecht- da wird nämlich nicht von Wiederfinden geredet oder von Herzenswünschen, sondern von Zwängen.

Nun gut, am Ende bewilligte man die Umschulung. Super. Was kaufmännisches wollte ich schon lange nicht machen, aber diese Jobs haben Vorteile:
man findet Stellen
niemand erwartet, daß man nach Feierabend zu Hause weiterarbeitet
man kann ein Leben neben der Arbeit haben
teilzeit heißt nicht, daß man teilbezahlt wird und trotzdem flaterate arbeitet
es steht zu erwarten, daß man auch nach einem Umzug wieder was findet

Dann bekam ich unverhofft das Angebot, "was mit Medien" zu machen. Eigeninitiative, ganz übel wenn man von der Agentur für Planlosigkeit verwaltet wird :-)

Der Stelle, die ich haben könnte, steht allerdings entgegen, daß ich einmal pro Woche 12 Stunden unterwegs wäre. Knuffig und jenseits aller vertretbaren Kinderbetreuungszeiten. Sobald Tigergatte wieder was hat, klappt das nicht mehr, aber das sehen wir dann- notfalls erklärt er, er habe grad eine Professorenstelle wegen mangelnder Kinderbetreuung sausen lassen und möchte den Verdienstausfall kompensiert bekommen.

Aber erst mal die Tagesmuttersituation lösen.
Also bei den zuständigen Stellen anrufen, klären, was man tun kann. Zwischendurch zu jemandem aus der politischen Verantwortungsebene durchgestellt werden, der mich anraunzt, er wäre nicht dafür zuständig, Leuten zu sagen, wo sie anrufen sollen und wie ich überhaupt dazu komme, ihn zu belämmern. Weil ich durchgestellt wurde- was er für eine denkbar doofe Erklärung hielt. Zusammenfasung: ich kann doch nicht erwarten, daß die Telefonzentrale weiß, wohin sie einen verbinden soll.

Also wieder von vorn. Amtsdame läßt sich das alles frisch schildern.
Letzter Anruf der Behörden abends um 19:17. Ja, man kann leider nichts tun, ich solle mal im Nachbarort jenseits der Bundeslandgrenzen nachfragen, das sei ja nur 2 Bushaltestellen entfernt. Ja, WENN die KRippe/Tagesmutter direkt an der Landesgrenze wohnt und WENN ich nicht vorher 5 Haltestellen Straßenbahn in genau die andere Richtung fahren müßte weil Mini-Tiger abgeliefert werden muß. Dann also 8 Haltestellen retour, für 2 Haltestellen in den Bus, dann Tigermädchen abliefern und dann eine halbe Stunde auf den Rückbus warten, dann 2 Haltestellen Bus, dann 2 Haltestellen Straßenbahn und das alles bitte innerhalb einer Stunde wegen Arbeitsbeginn um 9, um 8 kann ich die beiden Grossen in der Schule abliefern.
Äh... ja, das sei kompliziert... aber ich könne mir dann ja auch ein Auto kaufen. Sicher, und mich in den Morgenstau stadteinwärts einreihen.

Ich hatte die Zusage, daß die Kinderbetreuung gesichert wäre als ich mir was suchte.

Abends die Tiger beim Lesen angucken und mich fragen, ob ich das wirklich will... die Antwort ist nein, ich will nicht. Aber es gibt keine andere Option grade, also tue ich es weil es nötig ist.
Aggressiv werden weil die Arbeitsmarktsituation grad so ist wie sie ist- Tigergatte erzählt von Biologenkumpels, die in Deutschland nichts mehr finden. Genetiker, angeblich Mangelware. Die Kollegin, der gesagt wurde, die Stelle sei ein Arbeitsplatz, man bezahle den Arbeitsplatz, sie selber müsse ihr Gehalt noch aus Drittmitteln oder Stipendien finanzieren oder nebenbei halt arbeiten gehen.
Aggressiv werden weil das Versprechen, Beruf und fFmilie zu vereinbaren, nicht gehalten wird und Kinder nur als Störfaktor geseheen werden. Der ARbeitsamtsmensch rief hier an in den Ferien, zur Mittagszeit und fragte als er mitbekam, daß die Tiger zu Hause sind, ob das überhaupt realistisch sei, die Kinderbetreuung sei ja anscheind nicht zuverlässig, da lasse sich doch "keiner" drauf ein.

Mein Vorschlag ist immer noch der gleiche: sorgt doch einfach dafür, daß Familien nicht beide Verdienste brauchen, das man wieder feste Verträge bekommt und so weiter.
Die Forderung nach Anerkennung reproduktiver Arbeit war mal eine Kernforderung des Feminismus. War mal... früher.

Erziehungsgehalt!



Mittwoch, 7. Mai 2014
Zong des Tages
Den Sexismus-Award des heutigen Tages gewinnen Indymedia-Autoren. Warum?

Erwachsene Frauen als Mädchen zu bezeichnen spricht diesen die Mündigkeit ab und verniedlicht. Frauen werden dadurch zu Kindern gemacht. Soweit waren wir zumindest vor 20 Jahren.
Das ganze ins Englische zu packen, ändert das nicht wirklich.

Man vergleiche die Sätze:
"das erledigt das Sekretariat"
"Das erledigt die Frau im Sekretariat"
"das machen die Mädels aus dem Sekretariat"
"Das machen die Girls vom Sekretariat"

Verlinken mag ich das nicht, wer nachgucken will, google "Neonazigirl" bei
https://linksunten.indymedia.org/



Sonntag, 4. Mai 2014
Vorschlag zum Konfliktverhalten
Der Ire erzählte mir von seinem letzten Besuch im Norden zur marching season.

Der Oranier-Orden kam durch ein katholisches Viertel (in dem Omma wohnt), das machen sie seit 400 Jahren und der Zorres ist immer der gleiche.
Die Lösung: alle drehen sich um. Rücken zur Oranier-Demo. Die Straße war durchgängig republikanisch geflaggt und die Oranier wurden mit Schweigen empfangen. Sollen sie doch laufen.

Mein Vorschlag ist, das so zu machen statt für 50 NPD-Hansel beim Wahlkampf die halbe Innenstadt abzusperren.



Freitag, 2. Mai 2014
Beschäftigt
Damals lehnte Schulz einen Rücktritt ab. "Ich bin bis zum Ende der Legislaturperiode als Parlamentspräsident gewählt und werde das Amt bis zum letzten Tag ausüben", sagte er dem SPIEGEL.

Wenn ich mir die Wahlkampftour angucke, dann frage ich mich, ob das überhaupt realistisch ist: die Termine wollen vor- und nachbereitet sein, vor Ort trifft man sich mit Leuten, die man für wichtig hält usw. Wie viel Zeit bleibt für den Job als Parlamentspräsident? Kann man da dieses Amt überhaupt noch ausüben?

Der kommt heute abend nach Bremen. Wenn das Wetter nett ist, höre ich ihn mir vielleicht an wenn Tigergatte die Tigerbande übernimmt. Nicht weil ich denke, daß Reden auf der Bühne irgendwas aussagen, sondern weil man dann die Politpappnasen von vor Ort treffen kann und denen Fragen stellen.



Hate Crimes
wenn man die Technik nicht im Griff hat :-)

Also Versuch 3:
"Was ist, wenn jemand Rechtsradikale verprügelt, weil er Hass auf Nazis hat

Mir ist nicht bekannt, dass die Antifa gezielt Nazis verprügelt. Jedenfalls zielt das Gesetz nicht auf solche Fälle der Gegenwehr.


Das sind zwei Ausagen:
"Mir ist nicht bekannt, dass die Antifa gezielt Nazis verprügelt."
Mir schon. Thorsten Heise verlor seine Zähne nicht weil er sich nie die Zähne putzte und dauernd am Schoki schnuppeln war, sondern weil das "Kommando Böse Friedhofsgeister" sie ihm ausschlug.

Ich empfehle einen Linkspaziergang auf https://linksunten.indymedia.org/ oder Monsters of Göttingen oder bei bei der Initiative für Toleranz und Zivilengagement


Aussage 2 ist: "das Gesetz zielt nicht auf solche Fälle der Gegenwehr".
Okay... Gewalt gegen Leute ist kacke.
Gewalt gegen Leute, die ausgeübt wird weil Person A zu Gruppe X gehört, nennt man gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit ist auch kacke. Egal von wem sie kommt.

Notwehr ist was anderes- wer sich wehrt, soll dafür nicht bestraft werden. Nur gibt es so was wie "prophylaktische Notwehr" meines Wissens nicht. Aber nach Notwehr wurde nicht gefragt, gefragt wurde, was ist, wenn jemand Hass auf Nazis hat und deswegen den ersten, den er sieht, zusammenschlägt (und wenn es beim Brötchenholen ist).

Den Ansatz, Gewalttaten, die aus Haß begangen werden, anders zu werten als die Großellershäuser Kirmesschlägerei, verstehe ich noch recht gut. Aber dann bitte ohne Wertung!

Das Gesetz könnte recht fix zum Freifahrtschein werden.

Was ist, wenn ein Haufen Antifanten-Seppen und Alerta-Horste in purem Aktionismus und weil sie mal irgendwo in einer Asta-geförderten Qualitätslektüre was von Burschis und Nazis gelesen haben, beschließen, das Verbindungshaus nebenan mit Gülle zu begießen und dabei erwischt werden, "war ich nicht" also nicht zieht? Oder den "Burschi" (der mit etwas Pech ein Corpsstudent ist und Corpsbrüder aller Hautfarben hat) zusammenschlägt?

In den USA würde man von einem hate crime reden... oder von einem saudoofen student prank :-)

Fiele das unter das Gesetz? Wenn ja, ist ja alles paletti.
Wenn nein, dann stellen wir uns kurz vor, daß der Christopher-Street-Day in Kleinösselde mit Gülle begossen wird oder eine Gruppe Teilnehmer.auf dem Weg dorthin verprügelt wird.

Die Tat ist dieselbe, nur bewertet wird sie danach, wer sie an wem begangen hat. Damit ist die Idee, das Regeln für alle gelten, erfolgreich gekillt worden.

Ich hoffe, das Gesetz kommt so nicht durch. Nicht weil ich Nazis so toll finde, sondern weil ich es äußerst problematisch fände, wenn von Grundsätzen wie "gleiches Recht für alle" (noch weiter) abgewichen wird.



Das Wort zum Freitag
Zu den Piusbrüdern gibt es eine Menge zu sagen. "Päpstlicher als der Papst" faßt es gut zusammen.

Marcel Lefevre trennte sich von der katholischen Kirche wegen schwerwiegender theologischer Differenzen, die sich aus dem 2. Vaticanum und der Paulinischen Meßreform ergaben. Das fällt dann unter Religionsfreiheit, die jedem zusichert, auch den größten Bockmist (nein, ich habe nicht gesagt, die Piusbrüder glauben den größten Bockmist) glauben zu dürfen. Von mir aus auch an Fliegende Spaghettimonster, was soll's.

Wenn nun die Piusbrüder in der öffentlichen Wahrnehmuing auf Bischof (naja, selbst die Piusbrüder wollten den irgendwann nicht mehr, also Nichtmehrbischof oder Exbischof) Williamson und seine Holocaust-Leuggung reduzieren, dann ist das verkürzt. Die haben sich nicht getrennt weil sie den Holocaust so dolle finden, sondern weil der Altar falsch rum steht.
Zu Herrn Williamson kann man auch viel sagen. Der Holocaust hat stattgefunden. Alles andere ist wissenschaftlich nicht haltbar.
Zu seinen recht gewagten Theorien über Frauen und die Ausbildung von Mädchen
One needs no university to learn most of what secondary schoolgirls need to be taught, for instance "domestic economy, setting up home, running a house, the care and education of children, the spiritual and social preparation for marriage"
fällt mir spontan ein, daß er die Stellenbeschreibung "Mutter" noch einmal lesen sollte. Der Mann hat wenig verstanden davon, was Mütter tun, Bildung kann dabei nur helfen. Das dürfte allerdings nicht in meine Liga fallen, sonder eine Nuß sein, die der Heilige Geist knacken muß.
St Teresa von Avila, Lehrerin der Kirche, bitte für ihn!
St Theresia Benedicta de Cruce, bitte für ihn!
St Katharina von Alexandria, bitte für ihn!
Alles coole und ziemlich kluge Frauen:
- Kirchenlehrerin
- Urheberin des Rates, jede Frau solle sich eine Stunde pro Tag nur für sich selber nehmen, das sei gut für's Seelenheil
- Schutzpatronin der Wissenschaften

Aber Exbischof Williamson und seine ganz eigene Weltsicht ist ja eigentlich nicht das Thema, über das ich schreiben wollte.


Dadrüber woltle ich nachdenken:
https://linksunten.indymedia.org/de/node/111868


Jemandem das Recht auf öffentliche Existenz und Äußerung abzusprechen heißt, jemandem unsichtbar zu machen und am Ende ihn nicht mehr sehen zu müssen, nicht mehr hören zu müssen, endlich Sieger zu sein über den anderen.
Man strebt die Lufthoheit an (klar, mir wäre es auch lieber wenn alle so dächten wie ich), der andere hat zu verschwinden oder, wenn er schon nicht den Anstand hat, sich in Luft aufzulösen, zumindest verschämt zu Hause zu bleiben und die Klappe zu halten. Tür hinter sich zumachen reicht übrigens nicht:
http://www.joerg-hutter.de/no_christival.htm#KISS IN
(wobei in St Martini keine Messen stattfinden, aber das nur am Rande)

Was würde eigentlich passieren, wenn die Kräfteverhältnisse anders wären?

Wenn also eine Horde Piusbrüder samt Gefolge, so was um die 250 Männer und Frauen, ein paar duzend Queer-Demonstraten umringte, niederbrüllte oder mit Weihwasserballons bewerfen würde?
Oder eine harm- und arglose Versammlung von Atheisten durch Konfetti werfende Bibel-Fundis gerockt werden würde?

Na, was wäre das? Mist wäre das! Und warum soll es andersrum besser sein?
"Na aber Cassie, das sind doch die anderen"
Ja, es sind die anderen! Und genau an denen zeigt sich, wie ernst es einem mit der offenen, toleranten, freien Gesellschaft ist, in der jeder seinen Platz findet.
Freiheit, so sagte Rosa Luxemburg, ist immer Freiheit für den Andersdenkenden.
Manchmal machen mir die selbsterklärt Toleranten Angst. Angst vor einer Welt, in der alle so sein dürfen wie sie und wer aus dem Raster fällt, zeigt, daß er "falsch" ist.

Hört auf, euch an der Existenz des Anderen abzuarbeiten. Der wird nicht weggehen und das ist auch gut so.
Sobald es darum geht, jemandem das Recht auf den Aufenthalt auf diesem hübschen Planeten abzusprechen, kann ich allerdings extrem ungemütlich werden.

Zählt für alle.



Donnerstag, 24. April 2014
Die Enkelx Egalias
Ich fand pc-Sprech ja immer ziemlich seltsam. Wenn aus kleinen Menschen vertikal Herausgeforderte wurden oder aus Toten Menschen in einem veränderten Seinszustand und das alles in dem bemühen, niemanden zu verletzen, fand ich das am Problem vorbei.
Ja, Sprache ist wichtig, aber wenn wir mehr über die Frage reden, ob das Binnen-I denn konsequent benutzt wurde und wenn nicht, dann ist der Text Schrott oder der Sprecher muß Unrecht haben und sollte das schnellstmöglich erfahren, dann machen wir was falsch.

Ich dachte, nach der TeilnehmerInnenlistIn, die ich in einem Seminar mal ausfüllte, könnte mich nichts mehr schocken und das ganze sei selbstentlarvend lächerlich.


Nö.



"Dix Studierx hat in xs Vortrag darauf aufmerksam gemacht, dass es unglaublich ist, wie die Universität strukturiert ist, dass es nur so wenige Schwarze/PoC Professxs gibt"

Kann man geschrieben verstehen, gesprochen sehe ich ein paar zu überkommende Hindernisse... Professexes oder so was?


"We_lche Mita_rbeiterin will denn i_hre nächste Fortbildung zu antidiskriminierender Lehre machen? Sie_r soll sich
melden. Der Kurs ist bald voll."


wird schon deutlich schwieriger, der durch das Wort wandernde Unterstrich, der Unsichtbares sichtbar machen soll... aha. Harry Potter anybody?

das kann man (sorry...) auch kombinieren:


"Di_e Sprech_erin der queer_feministischen Hochschulgruppe konnte ihr_e Kommilito_ninnen, Freun_dinnen und die Mitarbeit_erinnen der Uni für i_hr Anliegen begeistern. Kei_ne verwendete ih_r Stimmrecht dagegen"

Vielleicht stimmten sie ja nur dafür, damit sie ihre Ruhe hatten :-)


"Unsa Lautsprecha ist permanent auf Demos
unterwegs. Ea erfreut sich hoher Beliebtheit."


Yu, schreib wie du sprichst, so bringen sie es hier in bremen den Kindern auch bei und die Ergebnisse bremischer Bildungspolitik sind bekanntermaßen zukunftweisend.


Der vorläufige Gipfel des Absurden oder auch Unverschämten ist erreicht, wenn so was passiert:

"Habe ich eine Studiengruppe für Leute gegründet, die keinen
akademischen Background haben? Ich kann
Worte ausprobieren, finden, immer wieder neu
verändern, die sich für mich richtig und passend
anfühle"

Entschuldigung, aber ich hole jetzt mal das Kind der Arbeiterklasse raus, das als erste Abi gemacht hat und einen hardcore-geisteswissenschaftlichen Studiengang einschlug:
Sagt mal, meint ihr eigentlich, euch versteht einer, der nicht zu euren kleinen Kreis gehört? Merkt ihr eigentlich, wie scheißenelitär oder neuer ausgesdrückt klassistisch ihr handelt?
Prima wenn ihr Worte finden und verändern wollt bis ihr damit glücklich seit, aber wer versteht euch dann noch? Ach Moment, ihr gründet dann ja für uns arme Proletenkinder Studiengruppen, damit wir lernen, wie man redet. Bringt ihr uns auch bei, mit Messer und Gabel zu essen?
Meint ihr das ernst?
Sich darüber Gedanken machen, wie man Menschen erreichen kann und da abholen wo sie sind, aber nicht mit ihnen reden können. Aha.

Ich verstehe euch- mittlerweile. Und grad wünschte ich mir, ich verstünde euch nicht, denn dann könnte ich mich ein paar Illusionen mehr hingeben.



Sonntag, 13. April 2014
Pappkameraden
Der Europawahlkamof hat begonnen. Ich merke an den Pappaufstellern, die größtenteils im Weg stehen.

Grüne, SPD und AfD wollen mir was erzählen via Pappkamerad am Straßenrand. Interessant ist, wer wo aufstellt:
der Weg in die Wohnblocks vorbei an Videothek, Copy-Shop und Nagelstudio ist AfD-blau. Hm... ob in den Wohnblocks so arg viele Wirtschaftsgroupies wohnen? Oder Leute, die Angst um ihren Aktienbesitz haben, den es bei der nächsten Finanzkrise reißen könnte? Hat Olaf Henkel dort seine Zweitwohnung? Wohnen da Leute, die viel zu verlieren haben?
Bei den letzten Wahlen waren da NPD und Linkspartei optisch dominant.
SPD und Grüne plakatieren in die andere Richtung: heile-Welt-Eigenheim-Vorort. Martin Schulz, die menschgewordene europäische Idee, guckt mich vor dem Bäcker an und auf der Stelle will ich Espresso. Raffinierte Werbekampagne der coffee-to-go-Vermarkter?

Wie ist eigentlich die Öko-Bilanz von Wahlkämpfen? Heiße Luft plus Altpapier?



Montag, 24. März 2014
Klare Worte, wer öffentlich sein "darf"
"(...) führt dazu, dass Evangelikale versuchen gesellschaftlich wichtige Positionen zu besetzen, Einfluss auf die Politik zu nehmen und durch Veranstaltungen, Medienpräsenz und Internet öffentlich sichtbar zu sein."

Für eine genaue Sezierung dieses wunderbaren Textes fehlt mir grad die Zeit und ein bißchen auch der Nerv (es ist Fastenzeit, da kann sich die Katholiban ja nicht mal durch massives Schoki-Doping motivieren), aber...
Wilhelm-Theodor-Frriedrich.
Whiskey-Tango-Foxtrott.

Da haben wir des Pudels Kern in aller Schönheit auf dem Servierteller liegen: es geht um öffentliche Existenz und die kann natürlich nur einem selber zustehen.

Danke für so viel Offenheit!

Dazu wollte ich schon länger was schreiben, vielleicht klappt's ja nu'.