Das Wort zum Freitag
Zu den Piusbrüdern gibt es eine Menge zu sagen. "Päpstlicher als der Papst" faßt es gut zusammen.

Marcel Lefevre trennte sich von der katholischen Kirche wegen schwerwiegender theologischer Differenzen, die sich aus dem 2. Vaticanum und der Paulinischen Meßreform ergaben. Das fällt dann unter Religionsfreiheit, die jedem zusichert, auch den größten Bockmist (nein, ich habe nicht gesagt, die Piusbrüder glauben den größten Bockmist) glauben zu dürfen. Von mir aus auch an Fliegende Spaghettimonster, was soll's.

Wenn nun die Piusbrüder in der öffentlichen Wahrnehmuing auf Bischof (naja, selbst die Piusbrüder wollten den irgendwann nicht mehr, also Nichtmehrbischof oder Exbischof) Williamson und seine Holocaust-Leuggung reduzieren, dann ist das verkürzt. Die haben sich nicht getrennt weil sie den Holocaust so dolle finden, sondern weil der Altar falsch rum steht.
Zu Herrn Williamson kann man auch viel sagen. Der Holocaust hat stattgefunden. Alles andere ist wissenschaftlich nicht haltbar.
Zu seinen recht gewagten Theorien über Frauen und die Ausbildung von Mädchen
One needs no university to learn most of what secondary schoolgirls need to be taught, for instance "domestic economy, setting up home, running a house, the care and education of children, the spiritual and social preparation for marriage"
fällt mir spontan ein, daß er die Stellenbeschreibung "Mutter" noch einmal lesen sollte. Der Mann hat wenig verstanden davon, was Mütter tun, Bildung kann dabei nur helfen. Das dürfte allerdings nicht in meine Liga fallen, sonder eine Nuß sein, die der Heilige Geist knacken muß.
St Teresa von Avila, Lehrerin der Kirche, bitte für ihn!
St Theresia Benedicta de Cruce, bitte für ihn!
St Katharina von Alexandria, bitte für ihn!
Alles coole und ziemlich kluge Frauen:
- Kirchenlehrerin
- Urheberin des Rates, jede Frau solle sich eine Stunde pro Tag nur für sich selber nehmen, das sei gut für's Seelenheil
- Schutzpatronin der Wissenschaften

Aber Exbischof Williamson und seine ganz eigene Weltsicht ist ja eigentlich nicht das Thema, über das ich schreiben wollte.


Dadrüber woltle ich nachdenken:
https://linksunten.indymedia.org/de/node/111868


Jemandem das Recht auf öffentliche Existenz und Äußerung abzusprechen heißt, jemandem unsichtbar zu machen und am Ende ihn nicht mehr sehen zu müssen, nicht mehr hören zu müssen, endlich Sieger zu sein über den anderen.
Man strebt die Lufthoheit an (klar, mir wäre es auch lieber wenn alle so dächten wie ich), der andere hat zu verschwinden oder, wenn er schon nicht den Anstand hat, sich in Luft aufzulösen, zumindest verschämt zu Hause zu bleiben und die Klappe zu halten. Tür hinter sich zumachen reicht übrigens nicht:
http://www.joerg-hutter.de/no_christival.htm#KISS IN
(wobei in St Martini keine Messen stattfinden, aber das nur am Rande)

Was würde eigentlich passieren, wenn die Kräfteverhältnisse anders wären?

Wenn also eine Horde Piusbrüder samt Gefolge, so was um die 250 Männer und Frauen, ein paar duzend Queer-Demonstraten umringte, niederbrüllte oder mit Weihwasserballons bewerfen würde?
Oder eine harm- und arglose Versammlung von Atheisten durch Konfetti werfende Bibel-Fundis gerockt werden würde?

Na, was wäre das? Mist wäre das! Und warum soll es andersrum besser sein?
"Na aber Cassie, das sind doch die anderen"
Ja, es sind die anderen! Und genau an denen zeigt sich, wie ernst es einem mit der offenen, toleranten, freien Gesellschaft ist, in der jeder seinen Platz findet.
Freiheit, so sagte Rosa Luxemburg, ist immer Freiheit für den Andersdenkenden.
Manchmal machen mir die selbsterklärt Toleranten Angst. Angst vor einer Welt, in der alle so sein dürfen wie sie und wer aus dem Raster fällt, zeigt, daß er "falsch" ist.

Hört auf, euch an der Existenz des Anderen abzuarbeiten. Der wird nicht weggehen und das ist auch gut so.
Sobald es darum geht, jemandem das Recht auf den Aufenthalt auf diesem hübschen Planeten abzusprechen, kann ich allerdings extrem ungemütlich werden.

Zählt für alle.