Mensch oder Maschine
Leseempfehlung, schön auf den Punkt gebracht.
Es geht darum, jeder einzelnen Familie die Möglichkeit zu geben, sich selber zu gestalten statt staatlicherseits zu definieren, wie das auszusehen habe. Es geht nicht um das Verbot aller Kinderkrippen oder um Ketten, die Mütter und/oder Väter an Schreibtisch oder Herd festketten sollen, sondern um Gestaltungsfreiheit.
Es geht nicht um Rabenmüttervorwürfe oder Heimchen-am-Herd-Schelte, sondern um individuelle Situationen.
Es geht am Ende um die Frage, wer für wen denkt.
Naja, "Gebärmaschinen" ist doch genau die Rhetorik, die mit (Tot-)Schlagworten wie Rabenmütter und Heimchem am Herd auch bedient wird, insofern kann ich in dem verlinkten Beitrag keinen nennenswerten argumentativen Fortschritt erkennen.
Es ist doch so: Im Prinzip kann jede Frau, die das möchte, sich nach wie vor beliebig lange exklusiv mit der Kinderaufzucht beschäftigen. Oder welcher Art sind die strukturellen Beschränkungen und Sanktionen, Ihr Modell zu leben?
"Oder welcher Art sind die strukturellen Beschränkungen und Sanktionen, Ihr Modell zu leben?"
Geld ist der beschränkende Faktor. Ich gehöre zu der kleinen, privilegierten Minderheit, die sich das leisten kann. Mal gucken, wie lange noch. Das kann sich mein Bruder mit seinem unter dem Durchschnittsverdienst liegendem Einkommen nicht leisten.
Keine Ahnung, wie man von einem Durchschnittsverdienst von knapp
30.000 brutto im Jahr eine mehrköpfige Familie durchbringen will.
Hinter der Rhetorik "junge Frauen heute wollen oder können nicht mehr vom Verdienst ihres Partners leben" versteckt sich mehr als eine charmante Grammatikschwäche, die Modalverben wollen und können sind nicht bedeutungsgleich. Dahinter versteckt sich für viele Familien die Frage, wie man den Laden am Laufen halten soll.
Das ist der limitierende Faktor und ich denke, das wissen Sie. Entscheidungen werden von signifikanten Bevölkerungsteilen nicht vor luftleeren Raum gefällt und nicht jede Berufstätigkeit hat in erster Linie das Ziel, Erfüllung zu bringen. Manchmal geht es auch nur um den Check am Ende des Monats, das ist bei Männern und Frauen wahrscheinlich identisch.
Diesen Zwang wegzureden ist nicht nur methodisch unsauber, es ist dem Zwang ein Schleiflein umzubinden und ihn zur eigenen Entscheidung umzudeuten.
Die zweite Beschränkung liegt in der deutlich stärkeren finanziellen Förderung, die das Doppelverdienermodell staatlicherseits genießt. Das geht soweit als das es staatlicherseits (also aus Steuergeldern, die Sie, ich und jeder andere dem Staat zur Verfügung stellt) gefördert werden soll, wenn Eltern ihre Arbeitszeit von 100% auf 80% reduzieren. Vorraussetzung: beide sind vollzeit erwerbstätig. Familien mit anderer Aufgaben- oder auch Rollenverteilung dürfen das zwar mitbezahlen, sind aber nicht im gleichen Maße förderungswürdig. Da sehe ich eine strukturelle Ungleichbehandlung.
Bösartigerweise könnte ich jetzt sagen, ich kenne sogar Familien mit durchaus mehreren Kindern, bei denen, wie soll ich sagen, _beide_ Elternteile zuhause bleiben, aber dieses Fass will ich jetzt nicht aufmachen. Natürlich ist sind mir die Einschränkungen materieller Art schmerzlich bewusst. Aber spätestens da wird auch klar, dass der Hase nicht in der Familienpolitik im Pfeffer liegt, sondern im Umbau unseres gesamten Sozialstaats und Lohngefüges in den letzten 25 Jahren, wenn einem Durchschnittsverdienerhaushalt nicht mehr genug Luft bleibt, mehrere Kinder einigermaßen vernünftig großzuziehen. DAS ist doch der eigentliche Skandal, angesichts dessen irgendwelche protoreligiös aufgeladenen Debatten um Mutter-Rollen eigentlich Pillepalle auf Nebenschauplätzen sind.
Im Übrigen kann ich keine strukturelle Ungleichbehandlung darin erkennen, dass Fördermaßnahmen mehr darauf abzielen, das Doppelverdienermodell attraktiver zu machen, denn schließlich kommen von einem Doppelverdienerhaushalt tendenziell auch mehr Steuern rum als von einem Alleinverdienerhaushalt. Anders gesagt, dass Ihnen persönlich jetzt groß in die Tasche gegriffen würde, um Kitaplätze auszubauen, sehe ich irgendwie nicht so recht.
Davon abgesehen hätte ich absolut keine Einwände dagegen, wenn die im Bruttosozialprodukt nicht berücksichtigte Reproduktionsarbeit (die überwiegend von Frauen geleistet wird) eine größere gesellschaftliche Wertschätzung erführe, die gerne auch mit einem materiellen Zuckerli versüßt sein dürfte.
naja, ich sehe das eher als eine Förderung von eh schon besser bezahlter Arbeit. Das die Verkäuferin mit den kundenfreundlichen Schichtdienstzeiten zwischen 7 und 23 Uhr genug Steuern zahlt, um den Krippenplatz gegenzufinanzieren, sehe ich (noch?) nicht. Oder auch, ein bißchen besser qualifiziert und bezahlt, die Krankenschwester.
Das man dann auf Modelle wie einer Teilzeit, einer Vollzeit zurückgreift, finde ich einleuchtend vom Zeitmanagement her. Man will sich ja auch mal sehen und nicht nur Zettelchen auf dem Küchentisch hinterlassen.
Wieso das dann allerdings weniger förderungswürdig ist als das im Koalitionsvertrag angesprochene 80-80-Modell, kann mir bestimmt bei Gelegenheit mal jemand erklären.
Die 2-Vollverdiener (und einer davon vielleicht sogar mit Schichtdienst oder längeren Abwesenheiten wie "auf Montage sein") in den ersten Sommerferien an ihre Grenzen stoßen, sollte eigentlich klar sein. Ja, Schulen können ja auch eine Ferienbetreuung anbieten, aber Kinder sollten auch mal Leben außerhalb der Schulmauern kennenlernen. Das ist dann wieder Ideologie, andere finden das anders, aber einfach mal Zeit selber gestalten (aucn mit dem Risiko bohrender Langeweile) ist etwas, was man lernen sollte.
Die andere Sache ist die immer weitergehedne Sicht auf Kinder als Töpfe, in die man möglichst viel Wissen kübeln muß, und zwar in Schulgebäuden damit das auch alles richtig und überwacht und damit sicher ist. Da stören 6 Wochen Sommerferien eh.
"dass der Hase nicht in der Familienpolitik im Pfeffer liegt, sondern im Umbau unseres gesamten Sozialstaats und Lohngefüges in den letzten 25 Jahren, wenn einem Durchschnittsverdienerhaushalt nicht mehr genug Luft bleibt, mehrere Kinder einigermaßen vernünftig großzuziehen. DAS ist doch der eigentliche Skandal,"
Erstmal Zustimmung. Das könnte man als Politik ja mal angehen, da sehe ich durchaus politische Gestaltungsspielräume, die aber konsequent nicht genutzt werden, ua um die Lohnkosten niedrig zu halten.
CDU/CSU sitzen in bürgerlicher "unsere Klientelfamilien können sich das leisten"-Idylle, die FDP ist
a) zumindest für's erste weg
b) war noch nie so recht problembewußt
und die SPD bewegt sich in modalverblicher Verwirrung, während die Grünen den perfekten KiTa-Staat planen. Das ist alles nicht erst seit gestern so- schon Brandt waren die Tarifabschlüsse zu hoch.
Sich da hinter Floskeln von Familien, die xy wollen oder nicht mehr können, zu verstecken, ist bestenfalls hohles Gerede und schlimmstenfalls eine Familienpolitik, die vor die Wand führt.
Wieso das dann allerdings weniger förderungswürdig ist als das im Koalitionsvertrag angesprochene 80-80-Modell, kann mir bestimmt bei Gelegenheit mal jemand erklären.
Habe ich auch nicht so recht verstanden, aber ehrlich gesagt sehe ich auch keinen Anlass, mich da allzu weit reinzuvertiefen. Platt gesagt wird das System schon wissen, was es davon hat, wenn beide Elternteile in der Erwerbsmühle treten.
Ein Kinderarztbesuch später...
"Platt gesagt wird das System schon wissen, was es davon hat, wenn beide Elternteile in der Erwerbsmühle treten."
klar weiß "das System" das und ich denke, ich habe zumindest eine grobe Vorstellung, in welche Richtung das gehen könte. Aber man muß ja nicht alles prima finden, was das System so möchte :-)
Mich stört, so mal ganz kurz gefaßt, daß hier nur Politik für eine Zielgruppe gemacht wird. Klar gibt es Menschen, egal welchen Geschlechtes und von mir aus auch genders, die ohne ihren Broterwerb unglücklich wären. Die sollen nicht am Sandkasten festgekettet werden. Davon hat keiner was, am wenigsten das Kind. Nur gibt es da noch Kind, welches auch Ansprüche hat und nicht nur zwischen Dienstplönen rumjongliert werden sollte.
Grüner-Tisch-Pläne, nach denen jede Stelle in Teilzeit zu machen sei, können vielleicht bei lebenslang im Öffentlichen Dienst Angestellten realisiert werden, an Eltern, die im Wissenschaftsbetrieb stecken, geht das vorbei und ich fürchte an einer Reihe in "der Freien Wirtschaft" Arbeitenden auch. Und so wird dann fast jeder Arbeitgeber gerne das Angebot, einen Teil der Lohnkosten übernommen zu bekommen, annehmen, aber weniger arbeiten ist wahrscheinlich Glücksache.
Labore haben nur selten Stechuhren und das mit gutem Grund...
"wenn die im Bruttosozialprodukt nicht berücksichtigte Reproduktionsarbeit (die überwiegend von Frauen geleistet wird) eine größere gesellschaftliche Wertschätzung erführe, die gerne auch mit einem materiellen Zuckerli versüßt sein dürfte."
Wir werden uns in ein paar Jahren sowieso überlegen müssen, wie wir care-Arbeit, die ganz richtig meist von Frauen geleistet wird, organisieren wollen. Unsere Eltern-Generation wird alt und die Lebenserwartungen steigen, was ich beides erst einmal deutlichst begrüßen möchte. Aber ewig werden auch die nicht fit bleiben und dann könnte es ernsthaft interessant werden, wie die Versorgung gewährleistet werden soll/kann.
Eine alte Nachbarsfamilie aus der Kindheit auf dem Dorf hat die letzten grob 14 Jahre die Oma gepflegt. Das war buchstäblich ein Familienprojekt. Die alte Dame war dement und im Heim so verängstig t und verwirrt, daß das keiner mitmachen wollte. Also Oma holen- gewohnte Umgebung und so weiter, die Dame blühte auf. Körperlich topfit, aber etwa so betreuungsintensiv wie ein Kleinkind.
Tante A. gab ihren Teilzeitjob auf. Meine Sandkastenfreundin wohnte samt Ehemann und Kind im gleichen Haus und übernahm einiges.
Die Pflegekasse sah Oma "helfen" (sie schälte Kartoffeln, aber wenn man sie nicht hinderte, lebte sie wieder 1952 und schälte die Kartoffeln für alle Erntehelfer oder ging zum Brunnen, Wasser holen) und beschloß, daß man mal großzügig sein könne und Pflegestufe 1 bewilligen, ein wenig Hilfe würde sie ja wohl schon brauchen.
Nicht jeder kann so einfach auf 1 bis 2 Einkommen verzichten, von den persönlichen Abstrichen, die es bedeutet, einen Demenzkranken zu pflegen, ganz zu schweigen.
Wie gesagt, da steht ein grundsätzlich zu klärendes Problem im Raum.
Aber man muß ja nicht alles prima finden, was das System so möchte :-)
Da bin ich ganz bei Ihnen, allerdings scheint es mir da zu kurz gedacht, sich nur auf die vermeintlich einseitige Förderung bestimmter familiärer Konstellationen zu kaprizieren, als ob das der große archimedische Hebel wäre, um die Welt (respektive das Schweinesystem) aus den Angeln zu heben. Wenn ich mal anfange nachzudenken, welche einseitige Politik zugunsten bestimmter Zielgruppen mich so richtig stört, da hätte ich paar andere Themen weiter oben auf der Liste als die Förderung vollzeitarbeitender Elternschaft. Aber das weiter auszuführen würde hier wirklich zu weit führen.
Die Welt verändern wird kaum etwas, da sind diverse Versuche ja schon spektakulär schiefgegangen.
Nur frage ich mich, was um alles in der Welt die Politik an einer Veränderung der Rollenverteilung in Familien oder anderen Lebenskonstallationen gelegen sein sollte. Wer mit der Art, wie es läuft, nicht glücklich ist, sollte eher das Gespräch mit seinem Partner suchen, ggf mit Hilfe (alles zwischen einem guten Freund und einigen Flaschen geistigen Getränks und einem Kriseninterventionstherapeuten), aber fire Bundespolitik sehe ich wenig an Zug wenn hier mal wieder keiner den Müll rausbringt.
Vielleicht sollte man Regieren nicht als Heilsbringer und Glücksgaranten sehen, sondern als notwendiges Übel.
Vielleicht sollte man Regieren nicht als Heilsbringer und Glücksgaranten sehen, sondern als notwendiges Übel.
Was heißt hier "vielleicht"??? So wie ich es sehe, lenkt das ganze Rumgedokter in der Familienpolitik (samt der ganzen Debatten und Kontroversen darum) doch schön ab von viel entscheidenderen Weichenstellungen mit kaum absehbarer Tragweite. Ich sage nur
transatlantisches Freihandelsabkommen: Da wird die ganze Gesellschaft mal eben in Geiselhaft genommen für die Gewinnchancen multinationaler Großkonzerne, wenn das so durchgewunken wird - und wir reden uns die Köpfe heiß darüber, ob ausschließliche Mutterschaft zurück ins Mittelalter führt oder ob die Förderung der Berufstätigkeit beider Elternteile in tittensozialistischen Totalitarismus mündet.
Haben Sie eine Idee, wie man den Mist aufhalten will? Ich nämlich nicht. Ich sehe den Mistgabel&Fackel-Mob, den es wahrscheinlich bräuchte, sich nicht formen.
Im Grunde allerdings liegt der Problem in der gleichen Wurzel: Vergötzung des Marktes und alles unter ihn unterordnen damit der ja nur funktioniert. Die Menschheit ist nicht lernfähig, Bankenkrise und deren follow-ups waren nicht eindrücklich genug.
Also, was tun?
Mehr als Online-Protest und eventuell auf die Straße zu gehen habe ich aus dem Stand auch nicht zu bieten. Zumindest konnte das MAI-Abkommen, das Anfang der 90er schon in eine sehr ähnliche Richtung zielte, mit massiven Protesten verhindert werden, von daher scheint es mir zumindest nicht völlig aussichtslos.
Ganz ehrlich (und bekanntlich pessimistisch): internationale Großkonzerne kehren sich einen feuchten Dreck um Massenproteste auf den Straßen. Die einzigen, die man damit beeindrucken könnte, sind Regierungen und die kuschen brav. Solange die Regierungen nicht mal einen Grund zur öffentlichen Debatte sehen, sondern sich Sorgen machen, daß der Murx durch die NSA eventuell gefährdet sein könnte und man diese Abhör-Nummer deswegen ganz schnell vergessen sollte, wird daran auch kein Schilderhalten auf der Straße was ändern.
Okay, überzeugt. Jammern wir also lieber wieder rum über Familienpolitik.
Dafür sehe ich eher Potential was zu ändern.
Vielleicht weil es Leute persönlicher betrifft.
Vielleicht weil der unbeschränkte Zugriff auf den Menschen gestoppt werden muß, eben damit er nicht eines Tages aufwacht und feststellt, das er von einer Weltkonzernregierung regiert wird.
Vielleicht weil eine Regierung das tatsächlich ändern kann, ohne sich damit international in die Nesseln zu setzen und Fantastilliarden an Entschädigung an Konzerne zu zahlen, die keiner mehr kontrollieren kann.
Vielleicht weil darüber noch geredet wird statt resigniert zu schweigen.
Vielleicht weil man sich hier einfach verweigern kann, was mir Persönchen gegen Monsanto schwer fällt. Monsanto interessiert nämlich nicht die Bohne was ich denke- die wollen nicht mal meine Wählerstimme.
Vielleicht weil man irgendwo anfangen muß, sich zu wehren.
Vielleicht weil es am Ende um genau die Frage geht, was wichtig ist, wo man Prioritäten setzt- Markt oder Mensch?
Nicht nur vielleicht, sondern weil eine Erziehung, die ab dem 1. Geburtstag auf störungsfreies funktionieren des Menschen setzt, keine Bürger hervorbringen kann, die zum Störfaktor werden- zB wenn es um besagte Konzerndominanz geht.
Der Mensch macht seine Geschichte immer selbst. Im Rahmen realer gesellschaftlicher Verhältnisse. Dabei nimmt alles seinen Lauf durch das menschliche Bewusstsein. Daher kann man auch nicht von quasi naturwissenschaftlichen Abläufen sprechen. Dennoch haben die realen Verhältnisse natürlich Ihre Bedeutung. Und damit aktuell auch Klassengesellschaft und Kapitalismus. Auch die sind vom Menschen selbst gemacht. Und können entsprechend auch überwunden werden. Eine andere Welt ist möglich. Der Weg dahin ist leider lang und widersprüchlich.
Wir nennen es Klassenkampf.
(Etwas grobe Skizze vielleicht. Aber ich hoffe, die Richtung stimmt)
Kämpft hier eine Klasse? Oder übehaupt irgendwer? Die Klasse hat sich selbst betäubt.
Manchester war einfach: John the Worker wußte, wer der Böse ist und was ihn ausbeutet- der 10-Stunden Tag in der Eisengießerei war ein recht guter Hinweis.
Heute sind wir alle Tarifpartner.
In England kam es zu ernsthaften Aufständen als die Schulpflicht eingeführt wurde. Inspektoren, die überprüfen sollten, ob die Kinder wirklich in die Schulen geschickt wurden, brauchten teilweise Polizeischutz.
Heute sind wir klüger und wissen, daß das alles nur zu unserem Besten ist.
Nicht falsch verstehen: Bildung ist wichtig. Nur wer die Welt begreift, wird sie verbessern können. Aber die Schulpflicht wurde nicht eingeführt, weil Preußen so dringend demokratische Bürger haben wollte: es ging darum, den Untertanen von frühester Jugend an dran zu gewöhnen, zu gehorchen und zu funktionieren. Außerdem sollte der Soldat einen öffentlichen Aushang lesen können und der Arbeiter in der Manufaktor mußte auch lesen können. Schulen sollten Lesen, Schreiben und ein bißchen Religion vermitteln- Religion als Legitimation von Herrschaft.
Da haben sich ein paar Details geändert (der Religionsunterricht zB), aber Schule ist ein Mittel der Sozialdisziplinierung und des Zugriffs auf den Menschen. Wir nennen es heute nur netter.
Vor diesem Hintergrund muß man Erziehungsdiskurse angucken und wenn ich mir dann die Schwesig'sche Linie angucke, kann ich gar nicht so viel essen wie ich mich übergeben möchte.
Vielleicht weil man irgendwo anfangen muß, sich zu wehren.
Womöglich hätte ich unter dem Roten-Khmer-Regime in Bremen lebend auch andere Prioritäten als hier. Aber so konsequent, Ihre Brut der schulischen Zurichtung durch Homeschooling zu entziehen, sind Sie ja auch nicht, von daher sehe ich auch nicht so recht, was Ihr Unbehagen konkret am Schweinesystem ändert. Wenn Zuhausebleiben da schon als sozialrevolutionärer Akt gilt, dann bin ich als Hausmann ja schon so was wie Che Guevara oder Carlos.
"Aber so konsequent, Ihre Brut der schulischen Zurichtung durch Homeschooling zu entziehen"
Noch nicht :-)
Die Kindergartenabmeldung des Kleinen Tigers stand hier im Sommer zur Debatte und passierte nur aus einem Grund nicht: er wollte seine Kumpels weiterhin sehen.
Homeschooling ist in Deutschland ein sicherer Weg, den Kindern statt mehr Freiräume weniger zu geben.
Ich bin definitiv bereit, Unternehmungen zur Legalisierung von außerschulischer Bildung zu unterstützen, auch wenn ich die Chancen da eher so "Schneeball in der Hölle" einstufen würde. Der Diskurs marschiert stramm in die andere Richtung, in Bremen will die Bildungssenatorin die verpflichtende Ganztagsgrundschule einführen und wissen Sie, was ich am bittersten finde: die Menschen sehen das noch als nettes Service-Angebot, das, damit es gerecht zugeht, alle wahrnehmen müssen, damit die, die es brauchen, nicht ausgegrenzt werden. Unter den Umständen wird Bremen nicht den Vorreiter machen und Homeschooling legalisieren. Wobei man den Pol-Pötten hier eins lassen muß: sie sind ehrlich und geben ganz klar zu, daß es ihnen um Überwachung und Kontrolle geht. Selbstverständlich nur zum Besten aller Beteiligten, was ich ihnen sogar tw abnehme.
Mehr als Petitionen zu unterschreiben fällt mir zum Thema Legalisierung von Homeschooling allerdings auch nicht ein. Eine Partei, die das zum Thema macht, ist nicht in Sicht und unterhalb von Parteiebene ändert sich nichts.
Homeschooling ist in Deutschland ein sicherer Weg, den Kindern statt mehr Freiräume weniger zu geben.
Überhaupt ist meine Meinungsbildung zu diesem Thema nicht sonderlich weit gediehen. Bei allem, was man an den real existierenden Schulsystemen kritisieren kann, sehe ich beim heimischen Unterricht auch die Gefahr, das Kind mit dem Bad auszuschütten und dem Kind wichtige Erfahrungen vorzuenthalten, ohne die ein Mindestmaß an gesellschaftlicher Teilhabe nur sehr schwer zu realisieren ist.
Aber von dieser geplanten Ganztages-Zwangsbeglückung halte ich wenig bis überhaupt gar nichts. Hier auf freiwilliger Basis mit der Möglichkeit, das Kind auch vor Schichtende gehen zu lassen, wenn was anderes ansteht, ist das ein Segen. Aber anders wäre es womöglich eher ein Fluch.
Ansonsten: Zu einem nach gängigen gesellschaftlichen Maßstäben nicht so richtig funktionierenden verschrobenen Sonderling bin ich auch trotz (oder gerade wegen) des Regelschulbesuchs geworden. ;-)
Es birgt die Gefahr, daß Leute in ihrer privaten Hohlwelttheoretiker-Blase leben und ihre Kinder den Schock ihres Lebens bekommen wenn sie da mal rauskommen. Ich sehe ein staatliches Interesse daran, seine Bürger zu befähigen,
a) Bürger zu sein
b) nicht dauerhaft durch ihn versorgt zu werden weil sie zwar wissen, welches Fläschlein Globuli wann zu öffnen ist, aber leider weder lesen noch schreiben können
mit anderen Worten: ein Mindestmaß an dem, was als Wissen akzeptiert wird, muß vermittelt werden.
ich bin über das Thema gestolpert als wir dieses schreckliche erste Schuljahr hatten. Sollte alles schief laufen, wäre es nett, sagen zu können "dann halt ohne"- das könnte die Schulen, zumindest hier, auch unter genug Druck setzen, besseres zu liefern, z Zt haben sie Abnahmegarantie für ihr Produkt.
Ich denke, der Satz aus der Schulverwaltung "Wie stellen Sie sich das vor, wenn hier jeder sich die Schule einfach aussuchen könnte! Wo kommen wir denn da hin! Dann hätten wir ein paar Schulen, wo alle hinwollen, und andere, wo keiner hin will", ich müsse einsehen, daß das so einfach nicht ginge.
Wo kommen wir denn da hin...
Freiwillig ist immer das eine, und ich bin dafür, da die vielbeschworene Vielfalt zu ermöglichen damit jeder nach seiner Facon selig werde. Nur Zwangsmaßnahmen sind bei mir nur unter zumindest lautem verbalen Protest drin.
Da es an des Großen Tigers Schule gut läuft, wäre die Möglichkeit, ihn an einem Tag die Woche, an dem er nachmittags eh wieder zur Schule muß/will, dableiben zu lassen, auch für ihn völlig okay. Ansonsten kostete es ihn das Nachmittagsprogramm, und das wäre für ihn nicht okay. So radelt er halt hin und her, was nervig ist.
Okay wäre auch, nicht bis zum Ende bleiben zu müssen, aber das klappt auch nicht. Also nicht, auch okay.
Solange man da die Wahl hat, bin ich dafür. Und die Wahl muß auch die Möglichkeit, diese wahrzunehmen, beinhalten, was bedeutet, daß Familien den Spielraum brauchen, auch finanziell.
Es geht am Ende um die Frage, wer für wen denkt.
Können Sie das mal genauer erklären? Ich verstehe Sie hier nicht.
Gerne.
Ich kann selber denken und erst maö traue ich das den allermeisten anderen Menschen auch zu. Wenn nun PolitikerInnen aller Coleur mit dauernd erklären, was Frauen heute wollen, denke ich mir: sprich doch für dich, aber laß mich da raus.
Ich verwehre mich gegen die undifferenzeirte Vereinnahmung.