Sehr geehrte Frau Dörner!
Ich las Ihre
Rede im Bundestag vom 14. Juni 2012.
"Doch eines haben sie nicht: die Wünsche der Familien im Blick"
Die Wünsche der Familien gibt es nicht. Familien sind nämlich keine einheitliche Masse, sondern unterschiedlich, was zu unterschiedlichen bedürfnissen führt. Nicht mal innerhalb einer Familie sind alle Menschen gleich, das nennt man Individualität. Wäre schön, wenn in Ihrer Politik dafür Platz wäre.
"1,2 Milliarden Euro jährlich sind für das Betreuungsgeld vorgesehen. Eine unsinnige und immens kostspielige Maßnahme, gegen die es zu Recht ein breites Bündnis von Verbänden und Wissenschaftlern gibt, die die Mehrzahl der Deutschen ablehnt und die trotzdem jetzt wider alle Vernunft im Schweinsgalopp durch das Parlament gepeitscht werden soll"
Breit... ganz viele... irgendwie die Mehrheit... das bleibt alles im Ungewissen. Wie wäre es, wenn Sie Zahlen und Namen nennen? Sonst sind wir ganz fix bei "Die Wissenschaft hat festgestellt, dass Coca-Cola Schnapps enthält"
Wenn das Elterngeld so unsinnig und überflüssig ist, können Sie ganz entspannt bleiben: dann wird es nämlich keiner beantragen und die 1,2 Milliarden bleiben auf dem Bankkonto der Bundesregierung.
Übrigens: angesicht der Fantastilliarden, die dieser Tage ins Finanzsystem gepumpt werden, sind 1,2 Milliarden auf einmal doch echt nur Peanuts.
Den "Schweinsgalopp" des parlamentarischen Verfahrens hat Ihre Partei mit mustergültiger Arbeitmoral ja vorbildlich und konstruktiv unterstützt.
"Diese 1,2 Milliarden Euro könnten wir in der Familienpolitik an anderer Stelle sehr viel besser einsetzen. Und das würde auch den Wünschen vieler Mütter und Väter entsprechen. Doch dafür hat die Bundesregierung kein Geld. Beispielsweise liegen die seit 2009 angekündigten Weiterentwicklungen beim Elterngeld, also das Teilelterngeld und der Ausbau der Vätermonate, auf Eis, weil sie unter Finanzierungsvorbehalt stehen."
Gucken Sie sich mal an, wofür in Schweden die Vätermonate gerne genutzt werden- ich schlage den Ausbau des deutschen Jagdwesens und Elchzucht vor, dann werden die Vätermonate bestimmt ganz toll angenommen.
"Bei der kürzlich durchgeführten Anhörung zum Elterngeld waren sich die Expertinnen und Experten völlig einig, dass wir das Teilelterngeld ausbauen sollten. Die jetzige Regelung hat den großen Nachteil, dass die Eltern, die sich die Kindererziehung partnerschaftlich teilen, benachteiligt und diskriminiert werden."
Da sind sie wieder, die ungenannten Expertinnen. Was spricht eigentlich dagegen, wenn ein Elternteil verbindlich die Betreuung übernimmt und wie kommen Sie auf das schmale Brett, dass das weniger partnerschaftlich ist als wenn alles mit Strichliste aufgeteilt wird? Arbeitsteilung ist nichts per se böses, oder?
Und wo wird denn benachteiligt und diskriminiert? Die Monate können doch schon jetzt aufgeteilt werden. Muss denn alles vom Staat geregelt werden? Oder vielleicht sogar besser überwacht damit die Vorgaben auch erfüllt werden?
"Überwachen und Strafen" ist so ein Klassiker der modernen geisteswissenschaftlichen Literatur. Ich habe ihn gelesen, Sie auch?
Benachteiligt und diskriminiert werden Eltern, von denen eine oder einer schon vor der Geburt (vielleicht aufgrund älterer Geschwister) nicht berufstätig war und die deswegen keine "Vätermonate" nehmen und 2 Monate kürzer diese Sozialliestung beziehen.
Das ist übrigens eine der wenigen Sozialleistungen, bei denen nicht das Haushaltseinkommen zur Berechnung herangezogen wird und die einzige, bei der Gutverdiener besser dastehen als Geringsverdiener.
Und das wollen Sie auch noch ausbauen??
"Das können wir alle eigentlich nicht wollen."
Da stimmen wir endlich mal überein. Ich fürchte aber, unsere Schlussfolgerungen sind unterschiedlich.
"Alle Expertinnen und Experten waren sich auch einig: Die Partnermonate beim Elterngeld müssen ausgebaut werden.
Auch das finden wir eigentlich alle richtig. Beide Vorschläge sind auch im Koalitionsvertrag so vorgesehen. Es liegen auch bereits Vorschläge vor, das Teilelterngeld mit nur geringen Kosten oder gar kostenneutral zu ermöglichen oder die Partnermonate auszuweiten."
Warum? Die Zeit kann doch schon jetzt aufgeteilt werden. Oder wollen Sie die Bezugsdauer verlängern? Das wiederum würde meinen vollen Beifall finden- 300 Euro Mindestauszahlung bis zum dritten Geburtstag? Wollen wir uns dadrauf einigen? Egal ob Mama oder Papa beim Kind sind? Egal ob einer die gesamte Zeit da ist für das Kind oder sie es aufteilen? Also nix mehr 2 Monate extra als Belohnung für familien, die einem bestimmten, von der POlitik gutgeheissenen, Lebensentwurf folgen?
"Doch die Regierung lässt sich lieber von der bayerischen Landespartei ein antiquiertes Familienbild diktieren und propagiert ein Betreuungsgeld, als tatsächlich bessere Rahmenbedingungen für ein Leben mit Kindern zu schaffen. Die Weiterentwicklung des Elterngeldes wäre die richtige Maßnahme zum richtigen Zeitpunkt, flankiert durch eine gute, verlässliche Kinderbetreuung."
Ich wohne nicht mal in Bayern und habe noch nie CDU gewählt.
Was das "antiquierte Familienbild" angeht: lassen Sie doch mal Raum für die immer wieder von Ihrer Partei geforderte Vielfalt. Wenn der Grossteil der Familien wirklich so super"modern" lebt und alle Arbeiten strikt aufgeteilt werden, dann stören die 3 oder 4 Rollenbilddinosaurierfamilien doch nciht weiter. Oder haben Sie Angst, dass sich bei näherer Betrachtung herausstellen könnte, dass das Familienbild gar nicht so antiquiert ist, sondern verbreitet?
Oder stört es sie gar, dasss eben dieses Familienbild verbreitet ist?
Ist es Sache des Staates, im Familienleben herumwerkeln? Und wenn ja, mit welches Ergebnis soll erzielt werden?
"Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zum Vollzug des Elterngelds hat die Bundesregierung leider nicht die Chance genutzt, Familienpolitik entlang der Bedürfnisse von Familien zu machen"
Nochmal: unterschiedliche Familien in unterschiedlichen Situationen haben unterschiedliche Bedürfnisse. Da funktioniert eine Einheutslösung wie "wirt bauen doch die Krippen aus" nicht.
"und das Elterngeld substanziell weiterzuentwickeln"
Nochmal: das Elterngeld bevorzugt Gutverdiener auf Kosten des geringverdienenden Steuerzahlers. Wollen Sie das wirklich ausbauen? Wo der Staat doch pleite ist?
"Neben richtigen verwaltungstechnischen Veränderungen, die zu einer Verkürzung der Bearbeitungszeiten und zu einem Abbau von Bürokratie führen sollen,"
Das Elterngeld ist ein bürokratisches Monster- Tigergatte musste seine Kindheit im Ausland belegen, was zu grösserem Suchen bei den Tigergrosseltern führte. Aber wird das durch den Krippenausbau oder Nichteinführung des Betreuungsgeldes besser?
"drohen durch die Gesetzesänderung jedoch auch Verschlechterungen für bestimmte Personengruppen. Ich spreche hier von Eltern und Kindern mit Behinderungen."
Das ist schlimm, wird aber kaum durch die Nichteinführung des Betreuungsgeldes gebessert.
"Statt sich wegen des Betreuungsgeldes in immer neuen Krisengesprächen aufzureiben, sollte sie endlich die richtigen Prioritäten in der Familienpolitik setzen"
Yupp, Dauerkrisengespräche einstellen und einfach mal umsetzen.
Die richtigen Prioritäten setzen.... klingt gut, aber was soll das sein? Wahrscheinlich der Krippenausbau. Warum ist das eine richtige Priorität? Richtige Prioritäten impliziert den Kontrast zu falschen Prioritäten. Das wäre hier dann wohl die Erziehng zu Hause durch die Eltern, idealerweise in altersgemischten Gruppen (also mit den Geschwistern und Nachbarskindern). Das ist warum noch mal falsch?
"Bei der kürzlich durchgeführten Anhörung zum Elterngeld waren sich die Expertinnen und Experten völlig einig"
Hat schon mal jemand erlebt, dass 2 Experten sich völlig einig sind wenn es um eine komplexere Frage als "der Himmel ist blau" geht?
Das waren:
- nicht mehr als 2 Experten
- die Experten waren nach Kompatibilität gecastet worden
- keine Experten
Mehrfachnennungen möglich :-)