Freitag, 1. Juni 2012
Lesetipp
Hüter der Erinnerung

http://www.dtv-dasjungebuch.de/buecher/hueter_der_erinnerung_71314.html

Ich habe selten ein Buch gelesen, was mich so lange beschäftigt hat.

Jonas wächst in einer Welt auf, die am Anfang des Buches noch heile ist. Er weiss, dass Kinder aus dem Kinderzentrum kommen, dass Partner zugeteilt werden, ebenso der Beruf, aber das hinterfragt er nicht.
Auch Jonas bekommt einen Beruf zugeteilt: er wird "Hüter der Erinnerung", eine Jobbeschreibung, mit der niemand etwas anfangen kann. Er beginnt seine Ausbildung ohne eine Ahnung, was er eigentlich lernen soll. Er trifft sich mit seinem Lehrer, einem Mann, der unglaubliche Privilegien geniesst: er kann zB das in allen Haushalten immer mitlaufende Abhörgerät ausschalten und tut das auch noch! Ihre Unterrichtsstunden gehören zu den wenigen Gesprächen, es sind vielleicht sogar die einzigen, die nicht aufgezeichnet werden.

Jonas lernt, was Schmerz ist, was Krieg, Hunger, Kälte, Hitze und Leid ist und das er die Erinnerungen dadran hüten müsse damit alle anderen von diesen frei sein können und sorglos leben.
Aber er lernt auch, was Farben sind, wie sich Schneeflocken auf der Haut anfühlen und eine Schlittenfahrt.

Eines Tages bringt sein Vater, Pfleger im Kinderzentrum, einen Jungen mit nach Hause, der der Nachtschicht zu viele Probleme bereitet. Jonas Mutter ist nicht so begeistert, ein die Nacht durchschreiendes Baby stört doch sehr, Kinder werden erst zu ihren Familien gegeben wenn sie durchschlafen.
Jonas bietet an, das Baby in seinem Zimmer schlafen zu lassen und damit beginnt für Jonas das "coming of age". Solange Jonas bei ihm ist, ist Gabriel ruhig.

Kinder, die nicht lernen durchzuschlafen oder sich auf andere Weise nicht anpassen, werden freigegeben, die Gemeinschaft verzichtet auf sie und gibt sie frei, ebenso auf Erwachsene, die sich weigern, sich anzupassem oder Alte.

Jonas Vater erzählt, dass eine der Gebärerinnen Zwillinge zur Welt gebracht hat und nun getestet werden muss, ob die ein- oder zweieiig sind. Zwei Bürger mit dem gleichen genetischen Code- das geht nicht, also wird bei eineiigen Zwillingen der schwächere freigegeben.
Jonas denkt bei seinem Lehrer dadrüber nach, welche Gemeinschaft eigentlich Babies, Verbrecher und Alte aufnimmt und wie das funktionieren soll. Jonas war noch nie bei einer Freigabe-Zeremonie dabei. Der Lehrer bietet Jonas ein weiteres Privileg des Hüters an: er kann sich die Aufzeichnung ansehen. Jonas sieht, wie sein Vater dem leichteren Zwilling eine Spritze in die Fontanelle setzt und das tote Kind danach in die Verbrennungsanlage bringt.

Diesen Abend geht Jonas nicht nach Hause.

Am nächsten Tag erfährt er, dass Gabriel, der Junge aus dem Kinderzentrum, ohne seinen "grossen Bruder" im Zimmer die ganze Nacht geschrieen hat. Das geht nicht, das verursacht Unruhe, das Kind kann so nicht in eine Familie gegeben werden, das Kinderzentrum kommt zu dem Schluss, dass er freigegeben werden solle.

Jonas nimmt Gabriel und flieht. Ohne Nahrung, denn die Gemeinschaft stellte die Nahrung immer pünktlich zu den Mahlzeiten bereit. Mit dem Fahrrad sienes Vaters, denn nur das hat einen passenden Kindersitz, fährt er los, versteckt sich vor den Patrouillien und nachts wärmt er das Kind. Er fährt, bis er erschöpft zusammenbricht. Im Zusammenbrechen hört er Musik und weiss, dass sie in Sicherheit ist, denn in der Gemeinschaft gab es keine Musik.


"Hüter der Erinnerung" ist ein Jugendbuch.

Die langsame Reise aus der heilen Welt der Kindheit in eine Dystopie führt eine Welt vor, wie sie für mich kaum erschreckender sein könnte und stellt die Frage, was man alles gegen die Illusion von Sicherheit eintauscht und wie viel Verantwortung man abgeben will.



Bürokratendreikampf
Ich hatte Kontakt mit dem Deutschen Zoll.

Wir haben grob 40 Minuten gewartet. In dieser Zeit liefen 3 Männer immer mal wieder durch den Warteraum und konferierten dann bei offenen Türen miteinander, Ringelpulli, Sakkoträger und Filzbart. Ich dachte, der Sakkoträger sei Publikumsverkehr, aber da stand auch noch daneben als ich dann dran war und snakte weiter mit Ringelpulli, dem tapferen deutschen Beamten, der wacker die Zollbestimmungen an meiner Sendung umsetzte. So zwischen den Sätzen, die Ringelpulli an mich richtete. War anscheinend ein Kollege.
Filzbart trug immer noch das gleiche Paket durch den Raum.
Die 4 anderen im Warteraum? Warteten halt, da hilft nur eins: ruhig weitermachen. Die laufen nicht weg :-)