Wahlfreiheit
Wahlfreiheit gibt es nur wo man die Wahl hat und die Freiheit, sie auch zu treffen.

Kindererziehung ist in allererster Linie Sache der Eltern. Die Umgebung erzieht immer mit, klar, aber die erste Verantwortung dafür tragen die Eltern. Wie immer darf man auch dabei nicht von links rechts vom Pferd fallen- "ist doch meine Sache ob ich mein Kind mit der Bratpfanne schlage" läuft nicht, da kommt der Staat ins Spiel.

Eltern entscheiden, wie und wo ihre Kinder erzogen werden. Aber Entscheidungen trifft man nur selten irgendwo im idealen Raum, siondern sie spiegeln oft genug Notwendigkeiten wieder.

Grammatik scheint bei politischen Entscheidungsträgern -egal welchem politischem Zeltlager sie entlaufen sind- dieser Tage seit der Grundschule ausgefallen zu sein, denn sonst wäre der Unterschied zwischen den Modalverben "wollen" und "können" schon mal aufgefallen.

"Viele junge Frauen wollen und können heute aber nicht mehr abhängig sein vom Verdienst des Partners" sagte mir eine grüne Wahlkämpferin letztes Jahr. Kurz darauf erklärte sie sich zur "Selbstversorgerin" weil sie ihr Kind in die Krippe geben und arbeiten gehen wolle. Abhängigkeit von einem Mann könne sie sich ja so gar nicht vorstellen. Wie kann man "selbstversorgend" sein wenn man einen staatlich, also durch Steuergelder, bezuschussten Krippenplatz annimmt?

Vollzeit arbeiten wollen ist die eine Sache. Nicht mehr von einem Verdienst leben können eine völlig andere. Das ist Zwang. Das hat mit Wahlfreiheit nichts mehr zu tun. Mal auf den Punkt gebracht: kommt jemand auf den Gedanken, dem zum Tode Verurteilten zu sagen "das ist jetzt deine Entscheidung, du hast ja Wahlfreiheit" wenn man ihn fragt "Strick oder Spritze?".

Reden wir mal über das Problem statt über diese lächerlichen 100 Tacken: dadrüber, dass heute ein Verdienst meist nicht ausreicht. Das dann mit "Wahlfreiheit" oder "Emanzipation" oder"Wollen" oder "Teilhabe" zu bemänteln ist entweder naiv, realitätsfremd oder scheinheilig. Oder alles drei.

Die 100 Euro ersetzen keinen Verdienst. es geht nämlich nicht um die Frage "Krippe oder zu Hause" sondern um "Job oder Kindererziehung" für Eltern.

Wahlfreiheit ist mehr als Krippe und arbeiten gehen. Es heisst, wählen zu können. Wählen zu können, wie man leben will. Ob man stinknormal langweilig mit Mutter-Vater-Kind im Reihenhaus sitzen will, ob man in der WG wohnen will, ob man alleine wohnen will. Wie man die Erwerbsarbeit verteilt, ob einer, beide Eltern verdienen.

Vor lauter Patchworkfamilienhype (die in der Realität nicht immer so einfach flutschen wie das die schöne neue Familienpropaganda glauben lässt) vergessen wir, dass es auch andere Familien gibt: ohne 4 Kinder aus drei Scheidungen und die resultierende Beuteverwandtschaft.

Die immer wieder beschworene "Buntheit" ist mehr Migrationshintergrund und Wohnen in der Land-WG.
Da muss auch Platz sein für den Gartenzwerg, sonst wird das ganze nämlich genauso spiessig wie die Schrebergartenkolonie 1965. Linksspiessig halt.


In den öffentlichen Diskussionen um die Fragh geht es um Frauen (Männer können in der ach-so-durchemanzipierten Welt der Lufthoheitsbehaupter keine Reproduktionsarbeit leisten), Lebensentwürfe von Frauen, Frauen und Berufstätigkeit und Quoten für Frauen.
Um was es sehr selten geht sind Kinder. Klar, es geht um die frühkindliche Bildung. es geht um Bildung, nicht um Kinder.

Kleiner Tiger war um seinen ersten Geburtstag rum ein Mama-Kind. Er wich mir nicht von der Seite. ich konnte nicht mal alleine auf Toilette gehen. Das dauerte nicht ein paar Tage, nicht ein paar Wochen, sondern Monate. Ihn im Sportstudio in der Kinderbetreuung abgeben? Vergiss es! Ich ging ungesportelt wieder.
Er schlief bei uns im Schlafzimmer, alleine ging nicht. meist endete er die Nacht sogar im Bett. Er klammerte. ich hatet zwischendurch oft das gefühl, ich ersticke.
Zum Kinderarzt mit dem Problem. Kinderarzt fragte, ob er denn in die Krippe müsse. Nein, muss er nicht. Das war gut- so ein Kind mit Gewalt in die Krippe zu schicken sei das schlimmste was man tun könne. Eines Tages werde er loslassen, viele Kinder haben das.
Die verwandte Erzieherimn gefragt- kein problem, ganz normal, gut wenn man sich die Zeit nehmen kann.
Für Kleinen Tiger hätte die Krippe genau gegenüber stehen können mit freien Plätzen. Es wäre für ihn falsch gewesen.

Diese Kinder gibt es auch. Aber vor lauter frühkindlicher Bildung nehmen wir die frühkindliche Bindung nicht mehr wahr.


Oh schöne neue Welt...