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Kategorien : Politischer Alltag
Politische Willensbildung
So lobenswert das Anliegen auch ist, aber:
meine Erfahrung mit Schülerdemos, sowohl zu Schulzeiten als auch später, ist eher nicht so pralle.
Wir wurden in der 11. und 12. Klasse samt Lehrer zu Anti-Dosen-Demos marschiert. Mir war die Einführung des Dosenpfandes eher kein Herzensanliegen, aber da das ganze Unterrichtsveranstaltunfg war, lief man halt hin. Besonders cool: die Klasse, die die meisten Dosen zwecks Baus einer Dosenpyramide zwecks Veranschaulichung, wie viele Dosen eine Schule denn so leert, lieferte, bekam einen Preis, der in diesem Fall an die Gänseliesl-Suffpunx ging. War irgendwie kontra.
Anti-Atom lag und liegt mir mehr am Herzen als die einwegverpackungsfreie Schule, vielleicht weil unsere selbstorganisierte Cafeteria schon seit immer Pfandgläser hatte und es schlicht keinen Colaautomaten gab. Aber auch da lief man mit weil der Lehrer es so wollte und die Frage der Aufsicht (nach dem 18. Lebensjahr nicht mehr aktuell, aber vorher schon) gestellt wurde.
Irgendwann im letzten Jahr bekam ich Post vom Zentralen Beirat der Elternschaft in Bremen. DDie Bildungssenatorin war zurückgetreten und nun sollte man zwecks Unterstützung ihrer Positionen demonstrieren, und zwar möglichst mit Kindern und zwar um 5 vor 12 mittags, wegen Symbolik und so. ich rief an und wollte wissen, wie ich denn mein Kind mitbringen soll wenn es verpflichtend bis um 13 in der Schule sei. Lösung war einfach: vielleicht geht ja die Klasse hin, da kann ich mich mit dem Nachwuchs ja gut treffen.
Die Frage stellte sich mit Grundschülern so nicht und im Klassenverband machte ich deutlich, daß ich keinesfalls für eine Instrumentalisierung von Kindern zu haben bin, mein Kind also auf keinen Fall mitkäme solange er nicht sagen kann "yo, finde ich klasse/doof".
Wie dem auch sei, ich geriet in die Schüler, die samt Lehrer per Straßenbahn zur politischen Meinungsäußerung befördert wurden. Die, die ich hörte (Ohren haben leider keine Deckel), gingen hin, weil ihr Lehrer und/oder die Klasse das wollte. Nun kann die Gruppendynamik einer Klasse sehr komplex sein, geradezu schon Studien über volonté générale und volonté de tous und was am Ende rauskommt, hängt weniger vom Willen des Einzelnen ab als von dem, was die (meist üblichen) Verdächtigen angehenden Politiker, Elternsprecher und andere community leaders so sagen. Und wenn dann das ganze noch zur Schulveranstaltung erklärt wird mit Teilnahmepflicht wegen der Aufsichtspflicht und so weiter, dann wird es heikel mit der persönlichen Motivation oder auch nur mit dem Wissen, wohin man eigentlich fährt und warum.
Das mag in Hamburg alles anders sein. Aber wenn die Schüler da klassenweise auftauchen, sollte man schon fragen, ob die Teilnahme das Ergebnis einer Auseinandersetzung mit einem Unterrichtsthema ist oder hier die GEW einfach Füllmasse brauchte.
Ich bleibe übrigens bei meinem Vorschlag, die Frage "zurück nach Italien oder nicht" mit einem europäischen Mindeststandard zu beantworten. Wenn es als sicher gilt, ein EU-Land zu betreten, dann sollte dort auch die Existenz gesichert sein. Für alle, nicht nur für Flüchtlinge, die es nach ihrer Ankunft auf Lampedusa nach Hamburg verschlagen hat.
cassandra_mmviii am 12. Dezember 13
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Ein Vertrag ist ein Vertrag ist ein Vertrag
"Das Beängstigende dieser Art von Paternalismus ist das notorisch gute Gewissen derjenigen, die sich anheischig machen, dem Familienvater zu sagen, wie viel Zeit er mit seinen Kindern verbringen soll, und der jungen Mutter, welche Rollenbilder für ihre Kinder die geeigneten sind. Es ist wirklich eigenartig: Wenn der Staat über seine Dienste auf die Telefondaten der Bürger Zugriff nimmt, steht die halbe Republik Kopf: Kaum drängt er sich ins Haus, um Ratschläge zu allem und jedem zu geben, wird ihm bereitwillig die Tür geöffnet."
Ich mag Herrn Fleischhauer nicht. Trotzdem hat er hier recht: was verflixte Socke geht es die Regierung an, wie wir unser Familienleben gestalten?
Wieso sollte der Staat sich in Rollenverständnisse einbringen?
Man kann jetzt sagen, daß das wieder mal alles nur Fleischhauersches Gepöbele ist (deswegen mag ich ihn ja nicht) und der Mann eh nur selektiv zitiert weil er nun mal pöbeln will. Das tun erstens alle und zweitens steht im Koalitionsvertrag tatsächlich:
"Aktive Väter: Eine zeitgemäße Familien- und Gleichstellungspolitik bezieht auch Jungen und Männer ein. Wir wollen auch die Rolle des aktiven Vaters in der Kindererziehung und Familie weiter stärken. Erforderlich sind bessere Rahmenbedingungen, damit Väter und Mütter Aufgaben in Familie und Beruf partnerschaftlich aufteilen und Männer eine engagierte Vaterschaft leben können"
Erst mal unterstellt es, daß Väter, die der ganz bösen traditionalen Rollenverteilung folgen, sich nicht für ihre Kinder interessieren.
Zweitens, daß eine klassische Aufgabenteilung nicht partnerschaftlich wäre.
Drittens finde ich Tigergatten und seine Arbeitstage recht engagiert- er tut das nämlich auch für uns. Er tut das, damit Zeit für Familie da ist statt das wir uns die Türklinke in die Hand geben und die Jungs zwischen uns und dem Spätdienst der Ganztagsschule rumjonglieren.
Und das alles kulminiert in der Frage: was interessiert das die Regierung?!
"Ja, aber Cassie, ganz viele andere Pare wünschen sich da Hilfe"- dann sollen sie sich hinsetzen und miteinander reden und wenn nötig einen Unparteiischen ihrer Wahl dazuziehen, aber das ist doch keine Aufgabe für eine Regierung!
Diese Fragen stellen sich mir auch wenn ich weiterlese:
"Mädchen- und Jungenpolitik: Mädchen und Jungen sehen sich heute mit unterschiedlichen, oft widersprüchlichen Rollenbildern konfrontiert. Sie müssen sich auf neue Anforderungen einstellen. Die geschlechtsspezifische Arbeit mit Mädchen und Jungen soll weiterentwickelt und Rollenstereotypen entgegengewirkt werden. Eine zeitgemäße Gleichstellungspolitik bezieht Jungen und Männer mit ein. Die Jungenarbeit soll nicht zu Lasten der Mädchenarbeit ausgebaut werden."
Wieso will die Regierung Rollenstereotypen entgegenwirken und kann mal jemand definieren, was genau die meinen? Das steht da nämlich nicht.
Gesamturteil: das kann ja heiter werden...
cassandra_mmviii am 05. Dezember 13
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Mit Terror gegen Terror
“The clothes of the women and children were hanging from the treetops with the flesh on every tree.”
Date: December 17, 2009
Casualties: 14 al Qaeda suspects, 41 civilians
Legal Concern: Level of threat may not have warranted an attack of this magnitude
The deadliest of the attacks in the report was one in which government officials initially claimed that “34 terrorists” had been killed in al-Majalah. In reality, the December 2009 strike—which occurred just three days after the state department classified AQAP as a terrorist organization—reportedly left only 14 alleged al-Qaeda members dead, versus 41 civilians. Among the civilians reported dead, all of whom hailed from just two extended families, were 21 children and nine women. At least five of the women were pregnant at the time of their death"
"Der Terror (lat. terror „Schrecken“) ist die systematische und oftmals willkürlich erscheinende Verbreitung von Angst und Schrecken durch ausgeübte oder angedrohte Gewalt, um Menschen gefügig zu machen. Das Ausüben von Terror zur Erreichung politischer, wirtschaftlicher oder religiöser Ziele nennt man Terrorismus."
Wer den Tod von Nichtkombattanten wissend in Kauf nimmt, verbreitet Angst und Schrecken. Wird dieser Schrecken ausreichen, um Terroristen abzuschrecken? Nein, wird er nicht.
"Du sollst nicht töten". Auch wer es nicht so mit Gott hat, wird sicher zustimmen, daß das gegenseitige Nichtabmurksen einen der Pfeiler darstellt, auf dem unsere Gesellschaft ruht.
Das jede Strafe erst nach einem Verfahren erfolgt, daß dieses Verfahren nachvollziehbar sein muß, sind zivilisatorische Errungenschaften, die wir nicht missen möchten.
Wie wollen "wir" eigentlich glaubwürdig bleiben, wenn "wir" unsere Prinzipien so leicht aufgeben?
Wer überprüft eigentlich, daß XY eine anders nicht aufzuhaltende Gefahr ist und, um Schlimmeres zu verhindern, erschosen werden muß? Was ist eigentlich "schlimmeres"?
Obama hat den Friedensnobelpreis bekommen für seinen Traum einer Welt ohne Atomwaffen. Ich träume dann mal von einer Welt, in der Kinder nicht in die Luft gesprengt werden. Nobelpreis werde ich keinen dafür bekommen und wenn ich ihn doch bekommen sollte, werde ich ihn ablehnen weil ich absolut nicht neben jemandem stehen will, der so was zu verantworten hat.
cassandra_mmviii am 30. November 13
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Kindswohlgefährdung?
"Zuletzt sei diskutiert worden, ob man diese Jungen und Mädchen wegen Kindswohlgefährdung aus ihren Familien rausnehmen müsse."
Stop! Ich mag Rechtsextreme auch nicht, aber Kindswohlgefährung durch die politische Einstellung der Eltern?! Hallo, geht es noch? Politische Auseinandersetzung ja, den Mist kann man widerlegen, aber nicht so was! Wo sind wir denn hier bitte schön?!
Grundsätzlich ist die Erziehung ihrer Kinder das Recht und die Pflicht von Eltern. Der Staat darf hier nur eingreifen, wenn das Wohl des Kindes gefährdet ist. Kindsentziehung darf kein Mittel der politischen Auseinandersetzung werden.
Kindswohlgefährung muß im Einzelfall nachgewiesen werden statt bei mißliebiger politischer Einstellung unterstellt zuw erden. Auch wenn ich die politische Einschätzung nicht mag, teile oder was auch immer.
"Eine deutlich bessere Lösung seien Ganztagsschulen und Tagesstätten, in denen die Kinder früh demokratischen Alltag kennenlernten".
Die Ganztagsschule als Mittel der politischen Indoktination. Ich muß echt mal checken, in welchem Jahr ich lebe und wo.
"Kindergärten könnten das Problem angehen, indem sie gezielt Kinder von Zuwanderern oder mit Behinderungen aufnähmen und so Vielfalt vorlebten."
Dazu muß man erst einmal Kinder aus Zuwandererfamilien auf der Liste haben, oder Kinder mit Behinderungen. Außerdem kann das auch gewaltig nach hinten losgehen: man lernt kennen und entdeckt, daß man X persönlich nicht mag und dann sind alle Vorurteile bestätigt.
Abgesehen davon: wie beschissen ist es eigentlich, Kinder halbwegs gezielt die Erfahrung machen zu lassen, abgelehnt zu werden?
""Wir müssen Demokratie erfahrbar machen“, forderte Radvan."
Ja, müssen wir. Sobald die Kinder reif sind dafür und ich bezweifle die Demokratiereife von 3-jährigen.
Ich finde es auch besenkelt, wenn Nazis ihre politsche Ideologie weitergeben. Aber das heißt noch lange nicht, daß sie das Wohl ihrer Kinder in einem Ausmaß gefährden, daß die Kinder aus der Familie genommen werden müssen. Normalerweise kommt vor der Kindsentziehung eine lange Liste von sozialpädagogischen Maßnahmen und Hilfsangeboten. Der politischen Einstellung der Eltern wird man mit Familienhilfe allerdings kaum beikommen.
Wenn wir diese Route einschlagen, müssen wir sie dann nicht auch gegenüber Mitgliedern anderer politischer Ausrichtungen einschlagen?
Nee, so nicht.
Was statt dessen? Ich habe keine Ahnung. Aber nur weil es mir an brillianten Ideen mangelt, muß ich nicht jeden Vorschlag für eine ausgezeichnete Idee halten.
Es gibt immerhin so was wie eine Restchance, daß auch diese Kinder sich in ein paar Jahren von ihrem Elternhaus lösen, vielleicht sogar rebellieren, die Werte ihrer Eltern ablehnen. Ich hoffe es.
Grzbndsätzlich ist es das Recht von Eltern, ihren Kindern das, was sie für richtig halten, zu vermitteln. Tue ich auch. Wenn ich dieses Recht anderen Eltern abspreche, muß ich es mir selber auch absprechen. Damit vergebe ich mir dann aber die Chance, meinen Kindern zu Antirassismus zu vermitteln (hat bisher ganz gut geklappt wie es scheint) oder Achtung vor Menschen mit Behinderungen (scheint bisher auch zu klappen) oder auch den Mut, zu sagen, wenn man etwas blöd findet. Damit entfällt dann die Sicherungsleine, daß Kinder, die Rassimus&Co gelernt haben, Gegenwind bekommen.
Freiheit, sagte Rosa Luxemburg, ist immer Freiheit für den Andersdenkenden. Auch wenn es ein sehr ungutes Gefühl hinterläßt.
"Sie warnte davor, Kinder rechtsextremer Eltern auszugrenzen. Viele Eltern hätten beispielsweise Bedenken, ihre Kleinen zu Geburtstagsfeiern in rechtsextremen Familien zu schicken. Aber: „Die Kinder können ja nichts dafür.“
Grundsätzlich richtig, aber als die
Holocaustzumindestbezweiflerin anfragte, wie es mit Spielnachmittagen aussähe, war ich deutlich unterenthusiastisch. Das mag ausgrenzend sein, das mag von sozialpädagogischen her überhaupt nicht tragbar sein, aber auf bestimmte Nummern habe ich keinen Bock.
Blick über den Tellerrand
cassandra_mmviii am 25. November 13
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Phillippinnen
Die USA schicken 20 Millionen und einen
Flugzeugträger, um den Menschen auf den Phillippinen zu helfen. 20 Millionen sind wahrscheinlich nicht viel wenn man nicht sein Familienbudget, sondern einen Staatshaushalt verwaltet, aber trotzdem: nobel, die waren vor ein paar Wochen doch staatspleite.
Das menschliche Leid kann keine Katatrophenhilfe ungeschehen machen. Aber die dringend benötigten Nahrungsmittel, Medikamente und so weiter in die zerstörten Gebiete zu bringen, lindert noch mehr Leid.
Man kann über den Sinn und Unsinn von Militär trefflich streiten, aber grade bin ich für die Menschen vor Ort froh, daß es so was gibt.
Gestern wurde die Hilfe der Bundesrepublik von 500.000 auf 1 Million erhöht. An Geld scheint es grade nicht zu mangeln, man muß die Hilfe "nur" vor Ort bringen. Was spricht eigentlich dagegen, die Bundeswehr zu schicken?
cassandra_mmviii am 12. November 13
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Vorschlag
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/hamburg-hat-drei-optionen-mit-lampedusa-fluechtlinge-umzugehen-a-931955.html
Das deutsche Asylrecht gibt ein Asyl für die "Lampedusa in Hamburg"-Gruppe wahrscheinlich nicht her.
Die EU-Verträge sind bindend, ignoieren kann man sie nicht so einfach.
Das Problem ist, daß die Flüchtlinge in Italien, wo sie Europa betreten haben, nicht versorgt werden.
Wie wäre es, wenn wir von "die Flüchtlinge" auf "Flüchtlinge" im Allgemeinen kommen und eine soziale Mindestsicherung für alle Menschen, Flüchtlinge eingeschlossen, in der EU einführen?
Die EU kann doch sonst jeden Piep regeln, warum nicht also auch soziale Mindeststandards?
Festung Europa
"Die Katastrophe von Lampedusa hat die Welt erschüttert. Ganz besonders Italien. Entsetzt sieht man die Bilder im Fernsehen, die verpackten Körper am Strand. Kann, darf das sein? "Eine Schande", sagt Papst Franziskus. "Ja", sagen viele, "eine Schande." Es wird über Solidarität gesprochen. Italiens Regierungschef Enrico Letta verlieh den Verstorbenen posthum die italienische Staatsbürgerschaft. "
Die Toten genießen als EU-Bürger nun also Freizügigkeit in der EU. Super, das wird sie bestimmt sehr freuen.
Wie zynisch ist denn das bitte? Europa schottet sich ab, im Mittelmeer ertrinken beim Versuch, Europa zu erreichen, mehr Menschen als je an der Berliner Mauer gestorben sind und was tun wir? Tote einbürgern.
Die Überlebenden können wir weiter in Lager sperren.
Wir brauchen weder eine Politik, die die Tür zumacht, noch "für freies Fluten"-Rhetorik. Menschen zu ermuntern, sich in Nußschalen übers Mittelmeer zu wagen, nimmt bewußt deren Ertrinken in Kauf.
Wenn Innenminister Friedrich sagt, daß man Menschen auch außerhalb Europas eine Zukunft bieten muß, damit die "Alternative", auf dem Weg zu ertrinken, nicht zur Alternative wird, hat er recht. Reden ist aber genauso billig wie postortal verschenkte Staatsbürgerschaften.
Zeit für Taten.
Noch ein paar Gedanken zum 3. Oktober
23 Jahre nach der Einheit sollte man seinen Frieden damit gemacht haben- Zeitmaschine und ändern ist ja nicht (oder?)
Was ist das Narrativ Deutschlands? Ich tue mich mit dem Begriff ja schwer, es ist die Bundesrepublik Deutschland, abgekürzt BRD. Aber was ist das Narrativ dieser Nation? Oder, etwas kleiner gefragt: kann man die BRD als Hollywood-Film denken? Nein, kann man nicht, das ist nicht mal eine Tragikomödie mit irgendwie sympathischen Loosern als Protagonisten.
Als Titelmusik schlage ich für's erste
"Dann kam das Wirtschaftswunder, dann kam das Wirtschaftswunder" vor.
Den Staatsgründungstag, den 23, Mai, merkt man nur weil offizielle Gebäude die Fahne gehißt haben.
Damit der Nationalfeiertag keinen wirtschaftlichen Schaden anrichtet, wird immer mal wieder überlegt, ob man ihn denn nicht am nachfolgenden Sonntag "nachfeiern" solle. Identifikation erreicht man so nicht, dem Bürger dürfte es ziemlich wumpe sein, wann der Bundespräsident eine Rede hält, von der er sowieso nur 3 Sätze in den Abendnachrichten hört.
Stuttgart "leistete" sich das "Bürgerfest" (das man zum Feiern des Nationalfeiertags extra betonen muß, daß hier was für Bürger gemacht wird, ist an sich schon seltsam) und es scheint mehr als Fressen&Saufen gewesen zu sein, die "Blaulichtmeile" hat der jungen Verwandtschaft ernsthaft Spaß gemacht (sie waren da und haben ALLES ausprobiert). Aber ich bin mir sicher: auch hier war der warnend-moralische Zeigefinger der Oberlehrerbedenkenträgerfraktion nicht weit.
Eigentlich wollte ich mir Gedanken machen, was das Narrativ der BRD ist. Beim Schreiben wird mir immer klarer, daß wir keins haben. Wir eiern rum.
"Die Werte des Grundgesetzes" werden oft zitiert, aber wenn man dann mal hinguckt, sieht man, daß sie oft in der harten Realität wegkrümeln:
Die Wahrung der menschlichen Würde- schon mal in einer Flüchtlingssammelunterkunft gewesen? Wo die Klos kaputt waren und es stank? Wo Kinder mit Müll spielten weil es nichts anderes gab?
Postgeheimnis- drei Buchstaben: NSA
Unverletzlichkeit der Wohnung- wie viele Obdachlose haben wir nochmal? Zählt diese Unverletzlichkeit des privatesten Bereiches auch für HartzIVler, die die Kühlschranktür aufmachen müssen, damit das Amt die Butterstücken zählen kann?
Alle Gewalt geht vom Volke aus- aber wir lassen es lieber draußen, das ist sicherer.
Freiheit des religiösen Bekenntnisses- ja, man darf, aber bitte weitgehend konsequenzenlos. Ich darf glauben so viel ich will, aber sobald daraus ein "Störfaktor" erwächst, ist es Essig. Beispiele:
Burkini-Urteil und und
Krabat. Ich bezweifle, daß es eine staatsbürgerliche Verpflichtung, schwimmen zu können oder in seiner Freizeit ins Freibad zu gehen, gibt und habe selbst Krabat nicht im Deutschunterricht gelesen.
Wobei ich das Burkini-Urteil an sich begrüße: es sichert nämlich Frauen, die, ob Muslima oder nicht, keinen Badeanzug tragen wollen, weil er ihnen zu knapp ist (zB weil sie ihre Cellulitis-Beine lieber bedecken möchten) dieses Recht zu, kein Bademeister auf Verteidigung-des-Abendlandes-Mission darf sie jetzt noch aus dem wasser werfen weil ihm ihre Badebekleidung mißgefällt. Ich hatte den Zorres nämlich auch schon mal weil ich in Boardshorts und Tankini-Oberteil ins Becken wollte (meine Lust auf Sonnenbrand ist unterentwickelt) und das nicht ging weil man das nicht macht. Aber dennoch: der Staat entscheidet am Ende, was ein zulässiges Bekennen ist und was nicht.
Asylrecht- die ganz große Lektion aus dem Nationalsozialismus ist, das politisch Verfolgte aufgenommen werden müssen. Wir definieren Staaten wie Ungarn als sicher für Roma, Ungarn ist in der EU und da gibt es keine politische Verfolgung. Man kann sich die Welt auch schöndefinieren. Das nennt man dann "Realitätsverlust" oder wenn es ganz hart wird "Schizophrenie".
An sich sind das tolle Werte, aber man muß auch machen und nicht nur reden. Freiheit, so sagte Rosa Luxemburg, ist immer Freiheit für den Andersdenkenden. Diese Werte hichzuhalten, auch wenn es unbequem/gefährlich/teuer wird, ist der Prüfstein, an dem sich mißt, wie ernst man es emint. Und da sehe ich in der BRD deutliche Defizite.
Was ist nun das Leitthema unseres Narrativs als Land? Wie kann man es kurz&knapp zusammenfassen? Ich weiß es immer noch nicht.
3. Oktober
Den Nationalfeiertag in den Oktober zu leben, ist eine eher dumme Idee. Wie will man einen Tag feiern, an dem es im Regelfall regnet oder mindestens saukalt ist?
Heute ist gutes, warmes Herbstwetter, aber das ist ja nicht immer so.
Der 14. Juni hatte den Vorteil, daß wir dann ein Picknick irgendwo im Wald oder auf der Wiese gemacht haben. Die Eltern hatten ja frei.
Der 4. Juli als das Erzurmodell eines Natinoalfeiertages liegt mitten im Sommer: Grillen, Feuerwerk und allerlei mehr des fröhlichen Treibens.
Deutschland fällt dazu eine Feierstunde im Bundestag ein, mit Streichquartett. Damit "Der Wirtschaft" nicht geschadet werde, überlegt man regelmäßig, ob die Einheit nicht am Folgesonntag nachgefeiert werden könnte oder sollte. Okay, mit anderen Worten: wir gönnen euch den freien Tag nicht. Nimm einem Franzosen den arbeitsfreien 14. Juli und er stürmt irgendwas.
Die oberkapitalistischen Amis haben nicht nur einen Mindestlohn (der zwar niedrig ist, aber besser als keiner), wenn der 4. Juli auf einen Sonntag fällt, ist Monag 4th observed
Was ißt man am 3. Oktober? Ich schlage einen Eintopfsonntag (von mir aus auch vegetarisch) vor- Steckrübensuppe? Tigergatte vetot.
Dann was anderes deutsches- Pizza mit Paprika, habe ich noch nirgends außer in Dt-Land gesehen. Tigergatte vetot, dann komme die garda cuccinaria und wr bekommen lebenslanges Einreiseverbot nach Italien.
Dieser Tag macht so nur Probleme. Könnten wir nicht den 23. Mai als Nationalfeiertag nehmen? Wieso? Weil am 23. Mai 1949 das Grundgesetz in Kraft trat. Dieser Tag hat nur Vorteile:
Meist gutes Wetter.
Werte des Grundgesetzes, vielzitiert und oft mißachtet, brauchen Betonung und Raum
Man ißt Maigouda, Maischolle und trinkt abends Maibowle.
Dazu Feuerwerk: "Die Würde des Menschen ist unantastbar" ist ein gutes Grund, es krachen zu lassen und eine Aufforderung, es nicht nur bei schönen Worten zu belassen.