Predigt
saugute Predigt heute, auch wenn der Pater mit Schwangerschaftsvorsorge offensichtlich nur theoretische Erfahrungen hat.
Aaaalso, das war so:
wir Menschen machen uns immer wieder ein Bild vom anderen, und diesem Bild hat der andere dann zu entsprechen. Was nicht ins eigene Bild passt, wird ignoriert.
So weit noch alles ohne Gynäkologie :-)
Das erste Bild, das wir heute vom Menschen sehen, sehen nicht die Eltern, sondern der Arzt beim Ultraschall, wenn er nach "Fehlern" sucht. Und eben diese Suche nach Fehlern und Schubladen, in die wir Menschen einordnen, hemmt den Blick auf den Menschen.
Wir sehen den Türken, nicht den Menschen.
Wir sehen den Mann, nicht den Menschen.
Wir sehen den Behinderten, nicht den Menschen.
Ich muss Hochwürden mal erzählen, wie cool Ultraschall bei einer gutkatholischen Frauenärztin sein kann:
"Der Test ist positiv, dann wollen wir mal gucken, ob wir die Schnecke auch sehen" sagte sie und begann zu schallen. Und sobald sie diesen klitzekleinen Punkt mit dem schlagenden Herzen (Ja, schon ganz dicht nach dem positiven Test kann man die Herzvakuole schlagen sehen!) sagte sie "Herzlich willkommen auf dieser Welt! Das ist deine Mama!" und drehte den Bildschirm zu mir. Sie machte Licht aus und ich konnte so lange auf den Punkt gucken wie ich wollte. Sie füllte derweil am Schreibtisch irgendwas aus.
So sah ich Grossen Tiger das erste Mal. Als wir dann in der 20. Woche zur Ultraschalldiagnostik kamen war das alles schon ein alter Hut.
Beim Kleinen Tiger sah ich das Herz noch vor der Ärztin (andere Frauenärztin) auf dem Riesenflachbildschirmmonitor über der Liege.
Und als ich überraschend nochmal "tigerte" sassen wir wieder vor diesem Riesenbildschirm. Sie wusste noch, dass die Schwangerschaft ungeheuer belastend gewesen war, dass ich so ziemlich jede Schwangerschaftsbeschwerde mitgenommen hatte und ich hatte einfach nur Angst, dass es nochmal so wird.
"Und, was machen Sie jetzt?" war die vorsichtige Frage. Ich wusste, das wir auf der Meta-Ebene sprachen.
"Jetzt? Jetzt esse ich erst einen Rieseneisbecher und dann eine Tüte Lakritze, bevor Sie mich wieder zum Diabetologen schicken und der mir alles verbietet".
"Sie wollen das Kind also kriegen?"
"Ja, ganz sicher"
Und man hörte die Steine fast schon, als sie ihr vom Herzen fielen.
Nicht jeder Arzt sucht nach Fehlern im Kind.
Aaawh :)
(Ich kann mich an den ersten Ultraschall gar nicht mehr erinnern :/ )
ich liebe Baby-Kino einfach!
Unbedingt nach Fehlern suchen wollte später ein anderer Arzt....
knapp in der 30. Woche Herzrasen, Atemnot, Panikgefühl, Enge um die Brust herum, Desorientung. Ab in die Notaufnahme, Verdacht auf Herzinfarkt.
Kein Herzinfarkt, aber warum ich nach Luft schnppte musste geklärt werden., Und weil dicke Bäuche immer auf die Gynäkologie gehören war das ein Fall für den Frauenarzt.
Der maulte erst rum weil er zu doof war den Mutterpass zu lesen, beschwerte sich, dass da "ja wohl ein Stümper" bisher die Schwangerschaft begleitet hatte und wo überhaupt die Ergebnisse der Amniozentese seien.
Ich sagte ihm (etwas angepisst, meine FÄ ist keine Stümper und es war immerhin nachts um 2), dass keine Fruchtwasseruntersuchung gemacht worden sei.
Unverantwortlich! Das holen wir nach! Und zwar jetzt! Oder spätestens morgen früh!
Ich sagte ihm, dass ich dazu nicht bereit sei und das auch völlig überflüssig sei, da eine genetische Anormalie nicht korregierbar sei.
Er meinte, dann könne man ja auch an eine "Unterbrechung" denken.
Ey, das reichte. "Unterbrechung"- das klingt ja so als würde man mal eben für 3 Wochen Pause machen und danach weiter (ein Plan, der akut meinen Beifall gefunden hätte, wenn er denn machbar gewesen wäre! Mal ein paar Tage Pause klangen echt nicht übel!).
Ich ihm also klar und deutlich gesagt, dass das keine Option sei.
Er: das könne man so nicht sagen. Er nimmt mich morgen mal auf die Neugeborenen-Intensiv mit, wenn ich "das" gesehen hätte würde ich nicht so einfach sagen, dass ich auch behindertes Kind grossziehen würde.
Ich: das haben wir uns bereits beim ersten Kind überlegt, das steht fest, ich bringe mein Kind nicht um.
Er: so hart darf man das nicht sehen.
Ich: komme auf den Punkt zurück, keine Fruchtwasserpunktionene
Er: das ist Routine
Ich: keine Fruchtwasserpunktion
Er: warum nicht?
Ich: weil das Ergebnis egal ist und mir das Risiko zu hoch. Und weil ich so was nicht ohne meinen Mann entscheide
Er: Risiko sind doch nur 5%, völlige Routine und kommt mir mit der Emanzipation....
und während dieses Gespräches wackelte Kleiner Tiger in meinem Bauch rum.
ich habe keine Ahnung, was der Arzt genau wollte. Aber während des Ultraschalls suchte er nach Fehlern und maulte weiter rum.
Dieser bestens ausgebildete Zeitgenosse hatte mich auch gefragt, wie das Kind denn läge. Stand ja auch nur im Mutterpass... jedenfalls meinte am nächsten Morgen die Hebamme, ich könne mich beruhigen, der "Brummer" habe sich wahrscheinlich nur gedreht und weil er schon so gross sei, habe er dabei alles mögliche getreten, das haben sie hier auch fast jeden Tag.
Der Chefarzt (war ja alles so spannend das auch noch mal der Cheffe dran musste) war auch eher der Ansicht, hier sei doch alles prima, sie behalten mich jetzt da bis sie wissen was los ist und wenn irgendwas passiert würden sie das Kind innerhalb von 7 Minuten draussen haben, und danach "haben wir ganz viel Zeit, Sie in die Kardiologie zu bringen, narkotisiert sind sie dann ja schon mal".
Ich hatte nichts. Ausser einer Nacht ohne Schlaf, Schwangerschaftsdiabetes (was in Kombination mit Johannisbeergelee-Brötchen zum Frühstück eher suboptimal ist) und das Gefühl, Medizinern in die Hände gefallen zu sein...
Hilfe. Immer wieder grauenhaft, wenn Fachidioten so komplette Versager auf dem zwischenmenschlichen Gebiet sind.
Am meisten hat mich schockiertz, dass er den Eintrag über die Rhesus-Spritze nicht gefunden hat und der festen Meinung war, ich hätte sie nicht bekommen.
das hat mein Vertrauen in seine Kompetenz nicht wirklich gebesert.