Sonntag, 27. Mai 2012
Predigt
saugute Predigt heute, auch wenn der Pater mit Schwangerschaftsvorsorge offensichtlich nur theoretische Erfahrungen hat.

Aaaalso, das war so:
wir Menschen machen uns immer wieder ein Bild vom anderen, und diesem Bild hat der andere dann zu entsprechen. Was nicht ins eigene Bild passt, wird ignoriert.

So weit noch alles ohne Gynäkologie :-)

Das erste Bild, das wir heute vom Menschen sehen, sehen nicht die Eltern, sondern der Arzt beim Ultraschall, wenn er nach "Fehlern" sucht. Und eben diese Suche nach Fehlern und Schubladen, in die wir Menschen einordnen, hemmt den Blick auf den Menschen.
Wir sehen den Türken, nicht den Menschen.
Wir sehen den Mann, nicht den Menschen.
Wir sehen den Behinderten, nicht den Menschen.


Ich muss Hochwürden mal erzählen, wie cool Ultraschall bei einer gutkatholischen Frauenärztin sein kann:

"Der Test ist positiv, dann wollen wir mal gucken, ob wir die Schnecke auch sehen" sagte sie und begann zu schallen. Und sobald sie diesen klitzekleinen Punkt mit dem schlagenden Herzen (Ja, schon ganz dicht nach dem positiven Test kann man die Herzvakuole schlagen sehen!) sagte sie "Herzlich willkommen auf dieser Welt! Das ist deine Mama!" und drehte den Bildschirm zu mir. Sie machte Licht aus und ich konnte so lange auf den Punkt gucken wie ich wollte. Sie füllte derweil am Schreibtisch irgendwas aus.

So sah ich Grossen Tiger das erste Mal. Als wir dann in der 20. Woche zur Ultraschalldiagnostik kamen war das alles schon ein alter Hut.

Beim Kleinen Tiger sah ich das Herz noch vor der Ärztin (andere Frauenärztin) auf dem Riesenflachbildschirmmonitor über der Liege.

Und als ich überraschend nochmal "tigerte" sassen wir wieder vor diesem Riesenbildschirm. Sie wusste noch, dass die Schwangerschaft ungeheuer belastend gewesen war, dass ich so ziemlich jede Schwangerschaftsbeschwerde mitgenommen hatte und ich hatte einfach nur Angst, dass es nochmal so wird.
"Und, was machen Sie jetzt?" war die vorsichtige Frage. Ich wusste, das wir auf der Meta-Ebene sprachen.
"Jetzt? Jetzt esse ich erst einen Rieseneisbecher und dann eine Tüte Lakritze, bevor Sie mich wieder zum Diabetologen schicken und der mir alles verbietet".
"Sie wollen das Kind also kriegen?"
"Ja, ganz sicher"
Und man hörte die Steine fast schon, als sie ihr vom Herzen fielen.

Nicht jeder Arzt sucht nach Fehlern im Kind.