Manieren
Gestern in der Eisdiele:

weiter vor uns ein Mädchen, Großer Tiger kannte sie aus der Schule. Mama war in der Nähe, stand aber nicht in der Schlange und es war gerappelt voll.
"Eine Kugel Schokolade" sagt die Lütte.
Keine Reaktion der Eisverkäuferin.
"Ich will eine Kugel Schokoladeneis" versucht die Kleine es nochmal. Ton nicht quengelig, sondern nur eine Spur lauter, um den Hintergrundlärm zu übertönen.
Keine Reaktion bei der Verkäuferin.
"Ich will eine Kugel Schokoladeneis haben" die Kleine wird unsicher und guckt nach Mama. Die Verkäuferin ignoriert weiter.
Mama kommt ran, die Lütte probiert es nochmal.
Mama erkundigt sich bei ihrer Tochter, was los sei. Verkäuferin erwacht zum Leben.
"Das heißt "ich möchte"" blafft sie los. "und man sagt "Guten Tag" und "bitte"".
Mama guckt sie an. Ich muß ähnlich geguckt haben. Tochter versucht es nochmal "Ich will eine Kugel Schokoladeneis". Heldenhaftes kleines Mädchen, nicht aufgeben!
Wieder keine Reaktion auf der eisbesitzenden Seite des Tresens. Mutter wird biestig, die Schlangestehenden werden ungeduldig.
"Wir bekommen 2 Mal eine Kugel Schokoladeneis"- ruhig, freundlich, distanziert, aber mit einer gewissen Drohung in der Stimme.
Keine Reaktion.
"Entschuldigen Sie, aber warum verkaufen Sie uns das Eis nicht?"
"Weil "ich will" schlechtes Benehmen ist und ich mache das nicht mit!"
Kleine Pause.
"Freche Kinder kriegen von mir kein Eis!"
Mutter bleibt der Mund offen stehen, dann legt sie los: "Sie sollen es ihr ja auch nicht schenken, sondern nur verkaufen!"
"Nein, das mache ich grundsätzlich nicht!"
Mann hinter mir: "Jetzt verkaufen Sie ihr doch das Eis!"
"Nein, so nicht! Das heißt "Ich möchte", nicht "ich will"!"

Mittlerweile hat die Szene gut Publikum.

Es geht noch eine Weile hin und her. Es fallen Sätze wie "Wie heißt das Zauberwort?" und ich verkneife mir "FLOTT!" reinzurufen.

Am Ende verlassen Mutter und Tochter die Eisdiele. Eis gibt es auch woanders. Mit ihnen ein Teil der Eiskaufwilligen, darunter wir. Nicht mal Mini-Tiger protestiert.


Ich gebe es zu: ich lege einen gradezu schon altmodischen Wert auf ein Mindestmaß an Manieren. "Bitte", "Danke" & Co sind mir wichtig. Sollten die Tiger später mal eine Rüpelphase haben, sollten sie zumindest wissen, daß sie rüpeln.
Aber es muß erstens nicht jeder, der zufällig anwesend ist, sich gleich zum Erziehungsberechtigten befördern.
Zweitens ist "Ich will ein Eis" noch nicht per se unhöflich, da kommt es auf den Ton an und er war, soweit man das durch den Hintergrundlärm hörte, in Ordnung.
Drittens hatte die Mutter recht: es gibt einen Unterschied, ob ich ein Geschenk bekomme oder etwas kaufe.

Wir haben jetzt eine Eisdielen-Blacklist.




admiral am 10.Jul 13  |  Permalink
Heftig!

Heutzutage meint jeder, jeden erziehen zu müssen.

cassandra_mmviii am 10.Jul 13  |  Permalink
Ich fragte mich, wo die Kamera ist. Die Kleine hat sich völlig angemessen verhalten, sie wollte das Eis nämlich kaufen und da kann man, gerade wenn es voll ist, sich kurz fassen.

Das ging ja eine ganze Weile hin und her, sie habe nicht Guten Tag gesagt, nicht bitte oder "ich möchte" und das mache die Verkäuferin nicht mit.

admiral am 10.Jul 13  |  Permalink
Klingt nach einer 'Frollein-Rottenmaier-Zwangsstörung'.

zwetschgenkrampus am 10.Jul 13  |  Permalink
Salesmanship - oder auch nicht
Vielleicht hat die "Wabn" einfach zu viele Kunden und hat gefunden, sie müsse dagegen etwas tun und daher konsequent Leute vergraulen ?

PS: Wie WAR denn das Eis dort? Besser als das Zeug aus'm Supermarkt?

cassandra_mmviii am 10.Jul 13  |  Permalink
das Eis war sonst immer geht so. Eisdiele hatte halt den Aussuch-Vorteil. Aber so nicht. Da investiere ich lieber in eine Eismaschine mittelfristig gesehen.

kelef am 10.Jul 13  |  Permalink
wir hätten viel spass miteinander, wir beide zwei. das FLOTT wäre mir sicher flott über die lippen gerutscht.

ausserdem heisst es nicht "ich möchte" sondern "ich hätte gerne", und dann ist das ja - weder mit bitte noch ohne bitte - völlig falsch, denn grammatisch richtig hiesse es nämlich "geben sie mir". nur, weil wir gerade bei "das mache ich nicht mit" sind, natürlich.

denn dass ich etwas will oder möchte heisst ja noch lange nicht, dass ich auch beabsichtige das zu tun oder zu bekommen, siehe auch "ich möchte der eisverkäuferin gerne eine aufs auge hauen" oder "ich will einen porsche".

und gegrüsst wird von unten nach oben, und von männlich nach weiblich. also grüsst die eisverkäuferin (=servierkörper) das kind (=gast), und nicht umgekehrt. ohne gast ist man nämlich die längste zeit servierkörper gewesen. und da geht es mir gar nicht um rang-, hack- oder sonstige ordnungen, und ich bin auch alles andere als hochnäsig o.ä., aber wenn man schon die rede darauf bringt sollte man in diesen dingen sattelfest sein. punktum.

hach, so viele verpasste gelegenheiten. und man möchte doch, bitte, den kindelein eine korrekte ausdrucksweise und ordentliches benehmen ins leben mitgeben.

loco-just-loco am 10.Jul 13  |  Permalink
*schmunzel* Umgangsformen habt ihr ja in Österreich, das muß man euch lassen.

Ich meine ja auch, es kommt vor allem auf den Ton an. (Und über den rede ich derzeit häufiger mit dem goldlockigen Mädchen; nach einem hingerotzten "ich will..." kommt meinerseits aber auch oft nur eine hochgezogene Augenbraue, worauf sie ein zuckersüßes "bitte, Papa" nachschiebt.

Umgekehrt: "bitte" zu sagen bricht keinen Zacken aus der Krone. Und die Eisverkäuferin ist meiner Ansicht nach nicht Dienstperson, schließlich steht sie nicht in einem Abhängigkeitsverhältnis zu dem Kind wie die Dienstmagd zum Herrn Hofrat. Sie ist Handelspartner, und von daher gilt Ebenbürtigkeit. (Im Sinne des Wortes ohnehin, denn Adelsgeburt gibts ja nicht mehr, wir sind alle ebenbürtig. Und erst recht in Österreich.) Und ist gegenseitige Höflichkeit angebracht.
Das muß sich aber auch die Verkäuferin ins Poesiealbum schreiben lassen.
Und gleich ob man nun meint, Erziehung sei nur Elternsache oder auch Sache der Allgemeinheit: Ignorieren ist keine Erziehung, woher soll das Kind wissen, warum sein Verlangen nicht erfüllt wird? Die Methode ist also unbrauchbar. "Kannst du das auch freundlich sagen?" hätte wohl seinen Zweck erreicht. Und da hätte ich auch keine Skrupel, das unhöflichen Menschen gleich welchen Alters zu sagen.
(Wobei ich den Ton des Kindes jetzt natürlich nicht gehört habe und also ins Blaue spekuliere, aber das wird ja behördlich gesponsort. :P )

kelef am 11.Jul 13  |  Permalink
diese umgangsregeln sind nicht österreichisch oder was auch immer, sondern gelten auch woanders.

persönlich sag' ich auch zur kellnerin und zum kellner bitte, und danke, und ich grüsse auch die kassiererin an der supermarktkasse und wünsche ihr ein schönes wochenende, wenn sie das tut.

ganz grundsätzlich wird die sache mit der "hackordnung" und den "tischregeln" ja immer falsch verstanden, ebenso wie die sache mit dem vorstellen. die regeln dienen der vereinfachung des umganges miteinander, und nie und nimmer der feststellung sozialer schichtzugehörigkeit oder sonstigen obskuren verhaltensmustern.

wenn ich ins lokal komme und das personal grüsst mich, dann kann ich daraus erkennen dass mein eintreffen registriert wurde. grüsse ich zurück, signalisiere ich damit dass ich damit rechne sobald ich platz genommen habe nach meinen wünschen gefragt zu werden. sogenannte bessere lokale leisten sich oft einen grüss-beauftragten, der die gäste dann an die garderobe leitet und an einen freien kellner weiterreicht, auch hier grüsst zuerst der beauftragte, dann die garderobiere, dann der kellner, der zuerst nach den detaillierten wünschen fragt und dann ggfls. den sommelier, der sich unauffällig im hintergrund aufstellt, verständigt. der sommelier grüsst, und wartet bis er zurückgegrüsst wird, um keine unterhaltung zu stören. dass er zur kenntnis genommen wurde wird ihm durch eine kurze geste mitgeteilt, dabei schaut man ihn an, und nicht an ihm vorbei. wird er dann angesprochen, tritt er an den tisch und fragt nach den wünschen.

grüsst die kassiererin, signalisiert sie damit dass sie bereit ist sich um meine ware und anliegen zu kümmern, und ich grüsse zurück weil ich ihr damit signalisiere dass ich ihre bereitschaft wahrgenommen habe und mich jetzt ausschliesslich mit der abwicklung der geschäfte zu beschäftigen gedenke. wenn der vorgang abgeschlossen ist, dann grüsst die kassierein, weil sie das geld bekommen und die rechnung an mich gereicht hat, und ich grüsse, wenn ich meine beute verstaut habe und das areal verlasse.

wenn bei einem internationalen treffen 100 oder mehr leute aufeinanderprallen, die sich nie persönlich kennengelernt haben, dann hilft es in vielen fällen unendlich wenn ein paar leute die sache mit dem vor- und wieder wegstellen behirnt haben und entsprechend beherzigen.

bitte (papa/mama/oma/opa/etc.) sagt man, weil man was will, und man sagt zuerst bitte weil man damit die aufmerksamkeit auf sich lenkt und dann den wunsch zielgerichtet aussprechen kann. danke sagt man, weil man damit dem gegenüber deutlich macht dass man die mühe, die es sich gemacht hat, würdigt. wenn ein kind in einer gesellschaft von 20 erwachsenen sagt "ich will schokolade", dann sollten eigentlich alle 20 erwachsenen entweder gar nichts sagen, oder lapidar: "schon möglich", ebenso darf der gast im lokal nicht sagen "ein bier, bitte", sondern er sollte sich zuerst der aufmerksamkeit des zuständigen personals vergewissern, dies tut man mit einem "herr ober/fräulein/je-nach-landessitte", und dann, wenn die angesprochene person blickkontakt aufgenommen hat, wird die bestellung - höflich - ausgesprochen.

die eindeckordnung auf tischen hat ihren grund darin dass man tunlichst vermeidet mit fremdem besteck zu essen, aus fremden gläsern zu trinken oder sich in fremden servietten den rüssel abzuwischen. und serviert wird von rechts, weil es sich so eingebürgert hat, aber immer von derselben seite weil sonst leicht ein chaos entsteht wenn mehrere personen von mehreren kellnern gleichzeitig bedient werden, und die kellner mit den vollen und leeren tellern ineinanderlaufen und die gäste einferkeln. will man ja nicht. deshalb legt man ja auch die serviette in einer bestimmten art neben den teller, und immer auf der linken seite.

ergo sagt die eisverkäuferin zum kind: ja bitte, oder guten tag, oder was möchtest du denn, einfach um dem kind zu signalisieren dass der vorhergehende vorgang abgeschlossen wurde, das kind wahrgenommen wurde (kinder sind ja oft ein stück unter der theke mit dem kopf), dass es jetzt an der reihe ist und seine wünsche äussern soll. insofern ist die eisverkäuferin eben einfach auf der seite, die zuerst grüsst und fragt. ist die eisdiele leer, und die verkäuferin nicht zu sehen, sollte der kunde (egal welchen alters) sein eintreffen durch einen deutlichen gruss signalisieren, und die verkaufsberechtigte person sich bei eintreffen für ihre abwesenheit entschuldigen (was nicht heisst dass irgendjemand wissen will ob sie telefonieren oder pinkeln war, obwohl das ihr gutes recht ist).

man staunt wie schnell kinder nach diesen regeln - so man sie ihnen erkärt und auch im umgang mit ihnen anwendet - ein tadelloses benehmen an den tag zu legen imstande sind. ist wie mit hunden: das problem ist immer am anderen ende.

ignorieren ist keine methode, da haben sie recht. man sollte gerade mit kindern immer vernünftig und in ganzen sätzen sprechen, und das warum und wieso nicht ausser acht lassen.

der rest ist einfach, wenn man richtig darüber nachdenkt. und die von frau cassandra beschriebene szene scheint mir auch bei langem nachdenken ausschliesslich schaden, und ganz und gar keinen nutzen angerichtet zu haben.

carodame am 11.Jul 13  |  Permalink
Könnten Sie diesen schönen Aufsatz bitte an die Wochenendausgaben großer Tageszeitungen schicken, als Beilage?

kelef am 11.Jul 13  |  Permalink
sie können sich gerne bedienen, wenn sie mögen. es steht nur zu befürchten ... ach, sie wissen schon.

cassandra_mmviii am 11.Jul 13  |  Permalink
*schmunzel* Umgangsformen habt ihr ja in Österreich, das muß man euch lassen.

Ich meine ja auch, es kommt vor allem auf den Ton an.

Eben. "Kann ich bitte das Apfelmus haben?" ist an sich eine durchaus höfliche Frage, sie wird aber völlig ruiniert wenn der Ton falsch ist.


(Und über den rede ich derzeit häufiger mit dem goldlockigen Mädchen; nach einem hingerotzten "ich will..."

wir verhandeln auch häufiger über den Ton.


Umgekehrt: "bitte" zu sagen bricht keinen Zacken aus der Krone.
Nö, eigentlich nicht. Aber die Unhöflichkeitsgrenze, bei der ich auch gegenüber anderen Kindern (oder notfalls auch Erwachsenen) aktiv werde, war auch nicht erreicht.

Ich finde es nur schwierig wenn Leute ohne die Situation zu kennen mitdraufloserziehen und vermeide es für mich selber. Für manche Kinder ist alleine zur Eistheke zu gehen schon eine Herausforderung weil sie zB schüchtern sind. Wenn sie dann ihren Mut zusammenreißen, auch verlockt durch Eis, und kurz nach dem gewünschten verlangen, ist das erst mal ein Erfolg. Das kann ich von Außen aber nicht einschätzen. Und deshalb ist zumindest mein Ansatz, Eltern erst mal zuzutrauen, ihre Kinder zu erziehen, zumindest bis ich mich vom Gegenteil überzeugt habe. Sollte es zu Sachen kommen, die gar nicht gehen, sage ich was, möglichst zu den Eltern wenn diese anwesend sind. Letztens trat in der Straßenbahn ein Knirps die ganze Zeit gegen meine Rückenlehne, was nach einer Weile einfach nur nervte. Ich fragte die Mutter, ob ich ihr Kind ansprechen könne- unsere wissen nämlich, daß sie sich nicht ansprechen lassen dürfen von Fremden. Dann erklärte ich dem Jungen, daß ich nicht gerüttelt werden möchte. Er schmollte, hörte aber auf.
Und wenn Nachbarsblag hier wieder sonstewas anstellt, sage ich auch was, allerdings ohne vorher die Eltern zu konsultieren, dann ist er nämlicjh hier und hier sind wir der Boss und mir ist ziemlich egal, was er zu Hause darf. Seine Versuche "ich darf das aber" werden gekontert mit "nicht hier". Mittlerweile sind wir allerdings nicht mehr das bevorzugte Hang-Out, warum wohl???


Und die Eisverkäuferin ist meiner Ansicht nach nicht Dienstperson, schließlich steht sie nicht in einem Abhängigkeitsverhältnis zu dem Kind wie die Dienstmagd zum Herrn Hofrat. Sie ist Handelspartner, und von daher gilt Ebenbürtigkeit.

Wir wollten doch nur ein Eis, die Weltrevolution stand doch gar nicht auf dem Programm...
Ich neige zu Frau Kelefs Position, wonach man durch das "Dienstgebaren" erstens Bereitschaft signalisiert, nun das Eis zu verkaufen, und zweitens das "Servicekraft" durchaus eine Bedeutung hat. Man muß ja nicht gleich zum lateinischen "servus" runtergehen, aber erst mal ist es die Aufgabe der Eisverkäuferin, Eis zu verkaufen. Niemand verlangt, daß sie sich dabei beleidigen lassen soll, aber das passierte ja auch nicht.
Ich denke auch, daß Verkäuferinnen etc mit Achtung behandelt werden sollten, was man manchmal sehen kann ist mehr als unschön. Aber man kann es auch übertreiben bzw übertriebene Erwartungen haben, welches Maß an Höflickeit man einfordern kann. Manchmal hilft es schon, einfach selber "bitteschön" zu sagen, dann kommt das "dankeschön" nämlich fast automatisch.

kelef am 11.Jul 13  |  Permalink
meines wissens wird sowohl das gastgewerbliche als auch das verkaufspersonal in den berufsschulen (zumindest hier in ö) entsprechend belehrt, dass das von mir beschriebene verhalten aus den von mir genannten gründen das erstrebenswerteste ist: sowohl von seiten der kunden als auch von seiten des personals, im sinne eines freundlichen und respektvollen miteinander.

in meiner studentenzeit habe ich auch alle möglichen jobs gehabt, auch als verkäuferin von süsswaren in einem supermarkt vor weihnachten, damals gab es noch "offene" süsswaren, und der zuständige abteilungsleiter wies beim einarbeiten immer wieder darauf hin, in welcher reihenfolge wer wen grüsst und warum und wieso. das ist zwar schon lange her, aber gute alte zeit eben, aber der kontrollierte das auch noch heimlich, die auszubildenden ebenso wie die aushilfen wurden da über einen kamm geschoren, wer die regeln zu oft verletzte hatte erklärungsbedarf, manchmal auch keinen job mehr.

bedauerlicherweise sind gerade im saisongeschäft wie eisverkauf etc. immer viele ungelernte kräfte im einsatz, und was man zu hause und sonstwo nicht gelernt hat, das kann man dann auch nicht anwenden.

ganz generell spricht man ja heute am liebsten nur mehr in schlagworten, da kann dann ein bitte oder danke schon auf der strecke bleiben, man hat ja für nix mehr zeit ...

loco-just-loco am 14.Jul 13  |  Permalink
Ui, da hab ich was losgetreten... :D

Erinnert mich das nicht an einen Witz aus der Jugendzeit?

Kommt einer in die Bäckerei: "Ey, Alta, ein Brötsken, aber dalli!" - "Sind Sie Mantafahrer?" Große Augen: "Woher weißße das?" - "Ihre Manieren."
Der Mantafahrer macht einen Benimmkurs, schließt mit Bravour ab, geht is Lädchen: "Guten Morgen, ich hätte gern ein Vollkornbrot und vier Brötchen, bitte." - "Sind Sie Mantafahrer?" - "Wie, stimmt das Benehmen nicht?" - "Doch, aber hier sind Sie in der Metzgerei."

Höflichkeit, abseits des Begriffs, bedeutet in meinen Augen, den anderen so zu behandeln, wie ich selbst behandelt werden will: freundlich und zuvorkommend.
Der Fauxpas hier war natürlich der der Verkäuferin, ohne jede Frage. Aber wir wissen alle nicht, was vorher gelaufen ist und warum sie so gelaunt war. Diesen Bonus gebe ich meinen Mitmenschen auch, bevor ich ihnen irgendwas vorhalte. Dem Kind hat sie den Bonus nicht gegeben, und das ist grottenschade.

Und so manche Weisheiten wie "wie man in den Wald ruft, so schallt es heraus" sind - wie so viele biblische Ermahnungen - nicht dazu gedacht, andere daran zu messen, sondern sein eigenes Verhalten danach auszurichten!

cassandra_mmviii am 14.Jul 13  |  Permalink
Wenn man zum 297. Mal an diesem Tag "Eine Kugel Schokoladeneis" hört, mag man irgendwann kein Schokoeis mehr sehen. Man wünscht sich, die Leute würden mal was anderes sagen, aberman steht hinter der Eistheke und was man zu hören bekommt ist eingeschränkt.
Das gehört zur Stellenbeschreibung und das wird man auch nicht ändern, außer alle Eisdielen verkaufen schlagartig auch Currywurst. Das ist blöd für den, der es macht, gehört aber dazu wie die Papierserviette.

Klar sollte man mal die sprichwörtliche Meile in den Schuhen des anderen gehen bevor man sich aufregt und wie üblich gilt das für beide Seiten. Ich unterhielt mich mal mit jemandem aus der HartzIV-Verwaltung. Er sagte, daß es ihm an einigen Tagen reicht wenn seine Kunden immer die gleichen Fragen stellen. Er muß sich dann eine Pause nehmen und und sich bei einem Kaffee klar machen "der stellt die Frage das erste Mal und es ist dein Job, sie zu beantworten".

Vielleicht brauchte sie eine Pause oder eine Kollegin. Das kann ich als Kunde aber nur begrenzt beeinflussen.

carodame am 11.Jul 13  |  Permalink
Haha, Frau kelef , das FLOTT hätte mir auch auf der Zunge gelegen, eigentlich eher "ein bisschen plötzlich"!
Die Eisverkäuferin hat vielleicht einen Hund und mal die Mär gelesen, dass wenn man Fehlverhalten lange genug ignoriert, es quasi erlösche. Und so ignoriert sie halt, was ihr verfehlt scheint und es erlischt der Wunsch, bei ihr Eis zu kaufen. Klappt doch. ;)

kelef am 11.Jul 13  |  Permalink
die eisverkäuferin wollte ein zauberwort mit zwei tt, "floTT, sie troTTel" hätte auch gepasst, aber was weiss man was dann passiert wäre.

neulich sass ich in einem schanigarten, da kam 12 minunten kein servierbeautragter ans tageslicht. dann gingen frau pixy und ich wieder, genau gegenüber in einen anderen schanigarten, wo wir prompt und freundlich bedient wurden. der chef kam dann mit dem kellner heraus, schaute, schaute zu mir, und was sagte er zum kellner: "das nächste mal bist du floTTer, du troTTel". scheint also ohnedies so zu gehören.

vielleicht erlischt aber vor lauter ignorieren auch der job der eisverkäuferin, resp. übernimmt den jemand anders. dann kann sie sich gar nicht mehr verhalten und das fehlverhalten erlöscht automatisch. ob sie dann aber bessere laune hat bleibe dahingestellt.

cassandra_mmviii am 11.Jul 13  |  Permalink
Antiautoritäre Erziehung funktioniert- außer bei Kindern und Hunden...

Von der "Ignorieren bis es weggeht"-Strategie habe ich gehört.
Ich soll also ignorieren wenn mein Kind bei Rot über die Ampel läuft bis er von selber erkennt, daß es nicht angemessen ist?

Wenn etwas nicht geht, dann macht man das klar, egal ob es sich um Kinder oder Katzen handelt. Katzen sind ja angeblich unerziehbar, das sehe ich anders. Ich bekomme sie zwar nicht zum Stöckchenholen, aber gewisse Regeln kennen auch sie und befolgen sie sogar- nicht ins Babybett legen, der Kinderwagen ist tabu etc.

kelef am 11.Jul 13  |  Permalink
wegignorieren kann man gar nichts, man kann unerwünschtes verhalten ignorieren, aber deswegen ist es immer noch vorhanden, ganz egal worum und um wen es geht. hundebesitzer wie carodame und ich können da schöne lieder von singen.

antiautoritäre erziehung funktioniert weder bei kindern, noch bei katzen, hunden oder kanarienvögeln, und ebenso nicht im berufsleben, da kann man mir erzählen was man will.

grenzen bekommen die kindelein schon vor der geburt gesteckt, und nicht zu knapp: so eine gebärmutter eignet sich nur bedingt zum turnen, und wenn die zeit abgelaufen ist muss das kind raus, ob es nun will oder nicht. im prinzip geht das dann so weiter, das ganze leben lang.

meine katzen können übrigens hopp, katzehand geben, den affen machen, kannst du mir das bitte erklären, katzefutter, mach mal mücke, heiss, und nein. die drohung mit der blumenspritze funktioniert wortlos.

cassandra_mmviii am 11.Jul 13  |  Permalink
Unsere Katzen können "klopf-klopf"- wenn man auf dem Sofa sitzt und auf das Sofa klopft, kommen sie und kuscheln.
Ich kann Katzenfutter :-)- Katze sitzt neben dem Futternapf.
Ich kann auch "laß mich raus"- Katze sitzt neben der Tür.
Wir haben uns auf eine Signalsprache geeinigt und was nicht geht (Sofa kratzen, im Kinderbett liegen, auf den Tisch springen) ist auch klar.

Hundebesitzer, die an antiautoritär glauben und mit Fido drüber reden... das geht nicht gut. Bei kleinen Hunden ist der Schaden, den man anrichten kann, halbwegs gering. Großhundbesitzer scheinen weniger zu antiautoritärem Verhalten zu neigen.
Ich traf vor ein paar Jahren (Großer Tiger hatte seine Hundeangsthochphase) einen Punk mit Riesenhund. Riesenhund lief frei und Tiger (damals 2) hatte Angst bis dorthinaus. Der Hundebesitzer hatte seine und seines Hundes Umgebung im Blick, kriegte mit, daß es ein Problem gab und fragte (Tonfall supernett) "Ey, hat der Kleine Schiß?"
Ja, ich erkläre kurz, daß er vor einer Weile von einem Hund angefallen worden war (dessen Besitzerin das nicht einschreitenswert fand und die Schuld lag klar bei mir- wieso stelle ich auch eine Fleischertüte neben das Kind?).
Punk: "Voll scheiße das. Wo wollt ihr denn lang?"
Ich gucke etwas ratlos.
"Sag' ma. Dann gehe ich nämlich woanders lang. Ist doch scheiße für den Kleinen".
Jedenfalls rief er seinen Hund ran in einem Ton, der klar machte, wer der Boss ist, hielt ihn fest bis wir vorbeiwaren.

Und wenn sogar ein Punk begreift, daß man mit Hunden nicht auf antiautoritärer Basis reden kann, dann wird da wohl was dran sein.

kelef am 11.Jul 13  |  Permalink
es gibt ja auch nette punks, und vernünftig oder nicht hat nix mit kleidung oder musikgeschmack zu tun.

antiautoritäre erziehung ist in jedem fall verkehrt, ob jetzt kleiner oder grosser hund. wenn so eine 5 kg - rabiatperle um sich schnappt, dann greift der besitzer auch nicht mehr hin, weil er den blutverlust fürchtet.

cassandra_mmviii am 11.Jul 13  |  Permalink
Das war einfach ein superrücksichtsvolles Verhalten, wobei ich den Eindruck habe, daß Besitzer von großen Hunden das eher hinkriegen als Besitzer von Kleinhunden, vielleicht weil sie ihre Hunde selbst ernst nehmen als Hunde.

kelef am 11.Jul 13  |  Permalink
das haben sie sehr schön gesagt.

mifasola am 11.Jul 13  |  Permalink
Also dass mein Hund klein ist UND auch noch Fido heißt, hat mich bislang weder vom Bestehen auf Regeln noch bei Bedarf von klaren Ansagen abgehalten - weswegen ich mir regelmäßig anhören muss, doch nicht so zu sein mit dem armen kleinen Puschel...
Jau. Und das bei meiner Inzwischen-nicht-mehr-Rabiatperle... (Frau Kelef, darf ich klauen, das wunderbare Wort, ja?)

kelef am 12.Jul 13  |  Permalink
natürlich dürfen sie das wort klauen, resp. die modifizierte bedeutung desselben.

eigentlich ist rabiatperle: http://www.ostarrichi.org/wort-6849-at-Rabiatperle.html ja die bezeichnung für einen aggressiv machenden wein, aber im wienerischen, tlw. auch in österreich überhaupt, wird das wort auch für personen oder lebewesen verwendet die schnell auf 180 sind.

im übrigen haben sie natürlich recht: dass ein hund klein und patschierlich aussieht ändert nichts daran, dass in seiner seele ein riesenköter mit ausgeprägtem beschützerinstinkt wohnen kann. das muss man dem tierchen beibringen, sonst fehlt irgendwem einmal ein stück haut oder fleisch aus der figur. je kleiner die viecher sind, desto leichter drehen sie meist auf. tiere - und bei hunden handelt es sich ja, entgegen der meinung mancher zeitgenossen, um solche - verstehen zudem nur JA oder NEIN, sich auf diskussionen einzulassen ist nie von erfolg gekrönt.

mifasola am 12.Jul 13  |  Permalink
Oje, stark gezuckerter Wein - der würde mich auch rabiat machen. Gegen solche Gaumenattacken hilft ebenfalls nur ein rechtzeitiges und klares Nein, ohne Diskussion ;-)

sid am 11.Jul 13  |  Permalink
Mich tät ja stark interessieren, ob die Dame sich Erwachsenen gegenüber auch so verhält oder ob es sich bloß nach unten leichter tritt.

cassandra_mmviii am 11.Jul 13  |  Permalink
diese Frage habe ich mir auch gestellt.

rosenbluete am 15.Jul 13  |  Permalink
Bei jemandem, der älter ist, hätte ich mir auch ein "Grüß Gott" und so erwartet, aber bei einem kleinen Kind finde ich das nicht schlimm.