Freitag, 24. Mai 2013
"Richtiges Leben"
"wenn du mal im richtigen Leben angekommen bist..."
meist war dieser Satz gefolgt von irgendwelche mehr oder weniger unangenehmen Erkenntnissen, die einen dann ereilen würden.

Als ich heute den Großen Tiger zur Schule gebracht hatte und danach mit ein paar anderen Klassenmüttern vor der Schule rumlungerte, fiel mir auf, daß ich wahrscheinlich immer noch nicht im "richtigen Leben" angekommen bin.

Mutter A plagten Sorgen weil der Carport ihrer Nachbarn alles Wasser auf ihre Blumen gießt, die nach dem Starkregen gestern ziemlich traurig aussahen. Zur Illustration zog sie ihr Smartphone und zeigte Bilder. Das fanden wir alle ziemlich schlimm.
Dir Schule könnte problemlos das Vorbild für die PlayMo-Schule gewesen sein.
Davor Mütter mit Fahrrädern und Kinderanhängern oder Korb hintendrauf, die Hälfte fuhr danach einkaufen.
Dann kamen noch die Kontaktbereichsbeamten auf dem Rad vorbei, grüßten freundlichst.
Schmucke Eigenheime, davor Blumen, gebastelte Blumenbilder in den Fenstern.

Es ist die Kleinfamilienidylle, Heile Welt. Aber ist das deswegen so viel weniger "richtiges Leben" als die Besoffenen in der Straßenbahn gestern, die beiden Frauen mit den harten Gesichtern, die in der Haltestelle saßen?

Ich weiß... Prekarisierungsprozesse, die Schere geht auseinander, die Flucht der Mittelschicht in die Privatschulen und/oder die Vororte... stimmt alles. Und trotzdem: ich liebe dieses Leben. Es mag zwar nur eine Illusion sein, aber zumindest halluzinieren wir kollektiv :-)




Aber von der anderen Seite drangegangen: was zwingt Leute, sich in einen Glitzjogginganzug zu werfen und bunte Plastikfingernägel zu tragen?