Montag, 5. November 2012
och nee III
Ich war zwischendrin Besitzerin eines Streicheltelefons. Und eines MP3-Players. Und ein paar Euro mehr hatte ich auch. Und einen Schlüssel zu viel.

Hier brach ab 2 der völlige Zoo los. Ich zog es vor, meine Übelkeit im Bett abzuwarten, notfalls mit Kissen über dem Kopf. Irgendwann müssen die Medis ja wirken und ich SOLL mich schließlich ausruhen.

Als ich mich dann wieder runtertraute, fiel ich fast um. Im Wohnzimmer sah man den Fußboden kaum noch, Haushaltshilfe fegte einhändig weil die zweite Hand ihr Telefon am Ohr hielt. Tiger nahmen weiterhin die Inneneinrichtung auseinander. Und warum lag die Jacke von Haushaltshilfe auf dem Sofa?
Ich also milde dran erinnert, daß heute Turnstunde ist und 2/3 der Tigerbande samt Haushaltshilfe rausexpediert. Ebenso milde an den Kommunionsunterricht erinnert und Großen Tiger Frommsein geschickt.

Dann entdeckt, daß der Wäscheständer im Regen stand. Supi.
Streicheltelefon eingesammelt als es klingelte, was auf dem Küchentisch vergessen war.
Wohnzimmer aufgeräumt.
Jede Menge Kleingeld gefunden, was wie sich später rausstellte aus Hauhaltshilfes Tasche gefallen war als die Jacke auf dem Sofa lag (warum eigentlich?).

Festgestellt, das mein Maus wohl nicht funktioniert weil jemand seinen MP3-Player mit dem Mouseport verbunden hat. Nutzte aber nicht viel, Laptop ist passwordgesichert.

Kurz vor Wutanfall gewesen.

Bei ihrer Rückkehr Haushaltshilfe unter Aufbietung aller verfügbarer Diplomatie (ist ist jetzt bis Ende der Woche alle!) gesagt, daß das so nicht geht udn ihr Kohle, Handy und MP3-Player wiedergegeben. festgestellt, daß Jacken keine Spielzeuge sind und das es hier nicht zugehen darf wie im Irrenhaus (Diplomatie jetzt alle, ich war netter).

Eben klingelt das Telefon. Sie stand bei sich vor der Tür und stellte fest, daß sie mangels Schlüssel nicht reinkommt. Ob ich mal eben unter dem Sofa nachsehen kann, da wo die Jacke gekegen hat. Klar, ich rutsche gern auf dicken Bauch unter Möbel...

Schlüssel gefunden. Haushaltshilfe kommt jetzt nochmal...



Lieb Vaterland, magst unruhig sein
Ich bin an die politisch korrekteste Schule gegangen, die man sich vorstellen kann.

Die Schüler-Cafeteria war nicht nur selbstorganisiert, sondern verkaufte ausschließlich ökologisch angebauten Kaffee einer Bauernkooperative aus Nicaragua, man bekam selbstverständlich schulfrei wenn man zur Anti-AKW-Demo gehen wollte, wir spendeten unser Nachtischobst für die Flüchtlingskinder in der Zietenkaserne und als es zwischendrin mal einen Bombenalarm gab, geriet die chronisch linke Schülerschaft sofort in den Fokus der Ermittlungen. Der Schülerrat hatte Vetorecht (nicht bei den Ermittlungen, sondern in allen Angelegenheiten, die die Schülerschaft betrafen), Rektor hatten wir keinen, sondern eine Kollektive Schulleitung.
Kurz: ein bestimmter Satz Eltern aus Frankfurt hätte seine helle Freude an unserer Schule gehabt.

Mir haben meine letzten 3 Schuljahre in eben diesem Freiluftversuch neben einer Abneigung gegen das Wort "Mampfreaktor" (das anstelle von Mohrenkopf gebraucht werden sollte) eine halbwegs solide Bildung verpaßt, einen Satz Mitschüler, die ich bis heute schätze, und eine liebevolle Distanz zu den Eigenheiten, die wohl jede Schule bietet.
Manchmal schüttelte ich mein weises 18jähriges Haupt über Mitschüler, die aus einer ganz anderen Welt kamen als ich. Aus einer Welt, in der man unterhalb einer 3-Zimmer-Wohnung doch echt nicht wohnen könne als Student, die dachten, Amerikajahre würden schon vom Sozialamt bezahlt (und nicht begriffen, daß nicht alle Eltern, die sich kein Amerikajahrt für den Nachwuchs leisten konnte, Sozialhilfe empfingen), die Autos für selbstverständliche Geschenke zum 18. Geburtstag hielten und die Frage, was man denn zum Abi geschenkt bekomme, mit "ich fahre meine Gastfamilie wiedersehen" beantworteten. Ich bekam übrigens eine Topfblume.

Ich habe die Mathematik schätzen gelernt, die englische Sprache gehaßt (was sich aber zum Glück gegeben hat) und was noch? Alle drei Strophen des "Deutschlandliedes", die "Wacht am Rhein" und den Text des "Horst-Wessel-Liedes" kennengelernt. Ich kann sie sogar singen, obwohl ich mich selbstverständlich strikt an diesbezügliche Gesetze halte.
Nicht im Rahmen einer musischen Projektwoche, sondern im regulären Deutschunterricht. Das Thema war Nationalhymnen. Wir haben entdeckt, daß das Deutschlandlied doch echt harmlos sei, immerhin tränkt da nicht das unreine Blut der Feinde des Vaterlandes die heiligen Äcker desselben (" Qu’un sang impur
Abreuve nos sillons!"- Frankreich
und es gab auch keine Gefechtssilluminationen ("And the rockets’ red glare / the bombs bursting in air"- USA), sondern nur Friede, Freude, Eierkuchen.

Und wenn uns als politisch oberkorrekten Zwölftklässlern (wir hätten ja immerhin noch die Erklärung jugendlicher Einfalt und Idealismus gehabt)das auffallen kann, dann... dann.. dann sollten ein Haufen Erwachsene auch merken können, daß das alles nicht so wild ist.

Und vor allen Dingen: was sind die Alternativen?
was singt man vor dem Fußballspiel (ich finde Fußball auch doof, aber trotzdem?). Mein anscheinend geschichtsrevisionistisch-faschistoider Deutschunterricht hat mir ein recht großes Repertoire an patriotischem Liedgut aus dem 19. Jahrhundert nahegebracht. Wenn der besorgte Vater eine Bürgerinitiative gründen will zwecks Neudichtung, melde ich mich freiwillig :-)



Guy Fawkes Day
"Remember, remember, the 5th of November
The Gunpowder Treason and plot;
I see of no reason why Gunpowder Treason
Should ever be forgot.
Guy Fawkes, Guy Fawkes,
'Twas his intent.
To blow up the King and the Parliament.
Three score barrels of powder below.
Poor old England to overthrow."


Bis heute guckt die Königin sicherheitshalber vor der Parlamentseröffnung nach, ob auch wirklich kein Sprengstoff unter'm Parlament liegt. Nachtragendes Völkchen, die Briten...