http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/obdachlose-in-deutschland-verdraengung-mit-wasserduesen-a-974491.html
Wie lange ist es jetzt her, daß die D********'sche Buchhandlung am Campus in Göttingen ihre Uni-Filiale eröffnete? 20 Jahre?
Zuerst war der Eingangbereich nach Geschäftsschluß offen und die "Uni-Obdachlosen" schliefen dann dort.
Kurz drauf kam ein Gitter vor den Eingangsbereich. Warum war allen klar. Wenn dort einfach nur Menschen geschlafen hätten, wäre das damals in Göttingen wahrscheinlich unter "ist so" abgehakt worden.
Auf dem Campus gab es mehrere Obdachlose, die dort "wohnten". Solange sie nur irgendwo in der Halle saßen im Winter, störte das niemanden oder es hatte niemanden zu stören. Aber dabei blieb es nicht: Müll, Musik, Streit, dazu aggressives Betteln und Frauen anpöbeln. Das ging eine Weile gut, dann gab es Stress wegen irgendwas, die Uni engagierte einen privaten Sicherheitsdienst, das ganze wieder von vorne.
Eine Weile vor meinem Studienbeginn war eine Studentin nachts auf dem campus durch einen Obdachlosen vergewaltigt worden.
In der chronisch toleranten Cafeteria der Theologen ("Theo-Cafete") hatten sie praktisch alle Hausverbot, was aber nur umgesetzt wurde, wenn es Ärger gab.
Irgendwann saß ich mit einer Freundin auf "unserer" Treppe bei der Cafete und einer der üblichen Verdächtigen wollte nicht weggehen, sondern Teil des Gespräches werden, was wir aber nicht wollten. Er versuchte mich zu schubsen, besagte Freundin ging dazwischen und schrie ihn an bis einer der Cafeten-Leute dazukam und ihn rauswarf. Zwischendrinne hatte er versucht, ihr an den Busen zu gehen, um sie zu "beruhigen".
Das gab dann endlose Diskussionen über Ausgrenzung, Sexismus und so weiter.
Und irgendwie ist das Problem immer noch das gleiche:
nicht jeder Obdachlose pöbelt, wird übergriffig, aggressiv oder läßt Müllhügel zurück. Auffallen tun immer nur die, die es tun.
Ich mag den Bremer Bahnhof nicht. Wenn man aus der Strassenbahn aussteigt, muß man an den "Haltstellenleuten" wie eine Bekannte es so schön ausdrückte vorbei.
Die "Hamburger Lösung" ist keine Lösung. Eine Lösung wäre, sich die Frage, was Menschen obdachlos macht, zu stellen und dann an diesem Problem zu arbeiten. Wenn dann Menschen als selbstgewählte Lebensform (und sei es auch nur für eine Weile) auf der Strasse leben wollen, dann ist das etwas anderes, mit dem man auch anders umgehen kann. Aber einfach nur zu sagen "ihr verelendet, erfriert und sterbt- bitte tut das doch woanders" ist genau so wenig eine Lösung wie die scheibare Toleranz, mit der man zuguckt wenn im Winter sich Menschen über dem Lüftungsschacht drängen.
Ja, nicht frieren ist besser als frieren, aber, grosses ABER: Obdachlosigkeit ist ein Problem, welches man angehen sollte jenseits von "du darfst obdachlos sein, mich stört dein Elend nicht".
An meiner Uni gab es die auch, tagsüber hingen sie gern in der Unibibliothek herum. Einer war früher wohl Rettungssanitäter, jedenfalls diskutierte er gern und fachkundig mit den Medizinstudis, die fürs Physikum lernten. Phasenweise verschwand er immer einmal für ein paar Wochen und tauchte irgendwann wieder auf. Es hieß, er sei zwischendurch in einer Klinik gewesen. Jedenfalls sah er danach etwas sauberer und seine schlimmen Schrunden etwas besser aus.
Ein anderer hieß inoffiziell nur "der Gelbe", weil er eine knallgelbe Windjacke trug. Er redete unverständlich nur mit sich selbst, deshalb wusste niemand, wie er hieß. Auch er war noch gar nicht so alt. Er saß gern im Lesesaal und hatte stets ein Buch verkehrt herum vor sich liegen. Rings um ihn herum blieb immer jeweils ein Platz frei (mindestens), denn er stank erbärmlich nach - sorry - Scheiße. Wer morgens später kam, wenn der Lesesaal schon voll war, freute sich zunächst über die freien Plätze, setzte sich hin - und zog dann innerhalb kürzester Zeit um oder ging wieder. Auch "der Gelbe" war harmlos, aber wegen des Gestanks gefürchtet. Wenn er morgens kam, hoffte jeder, dass er sich nicht in seine Nähe, sondern woanders hinsetzen würde. Neulinge im Lesesaal erkannte man daran, dass sie zunächst irritiert schnüffelten und dann erst flüchteten. Das Stammpublikum zog hingegen sofort um, weil es einfach nicht zum Aushalten war.
Gibt es in Bremen und Hamburg keine Teestuben und Projekte für Obdachlose? Hier im Rhein-Main-Gebiet gibt es die, auch niederschwellige Angebote, allerdings erreicht man damit nie alle Obdachlosen. Eine Stadt hat ihrem bekanntesten Stadtstreicher posthum ein
Denkmal gesetzt.
Zumindest in Bremen gibt es da einiges, aber nicht genug wie es scheint.
An der Uni habe ich hier noch keine Obdachlosen gesehen, vielleicht weil der Campus so ewig weit draussen ist.
Im Winter dürfen sich Obdachlose auch in den Strassenbahnen aufhalten (ohne Fahrscheinkontrolle), aber dort weder laut werden noch weiter trinken oder Müll verbreiten.
Der Überschneidungsbereich Obdachlosigkeit/psychische Probleme/Drogen ist ja riesig. Bremen hatte seit den 1980ern eine recht tolerante Drogen, was sich die letzten Jahre geändert hat, seit ein Drogenabhängiger sein Kind (war dann später doch nicht seins) erst totgeprügelt und dann im Kühlschrank vergessen hat.
Der Großteil der Haltestellenleute sieht mir nicht aus wie "klassische" Obdachlose, es fehlen zB die Einkaufswagen voller Plastiktüten, Ruchsäcke mit Schlafrolle etc.
Drogies? Suffskis? Perspektivlose?
Die Stadt ist pleite- die
Suppenengel sind zum Beispiel rein privat (wenn auch von den Kirchen unterstützt) und kommen soweit ich weiß ohne städtische Zuschüsse aus.
Außerdem haben wir die üblichen kirchlichen oder kirchennahen Hilfsangebote wie die Bahnhofsmission, die aber aufgrund ihrer Erfahrungen nach eienr halben Stunde zum Gehen auffordern.
Hamburg weiß ich nicht.