Current Mood
Das dringende Bedürfnis, Köpfe in Ämtern gegen Wände zu hauen bis der Verstand (wieder) einsetzt.

Meine Meinung über Berufstätigkeit ist bisher nur verstärkt worden.

Wer es für eine Leistung hielt, mit 40 Jahren sich komplett neu zu orientieren, der irrte: die wäre Leistung ist es nicht, einen Ausbildungsplatz in Teilzeit zu finden (dazu muß man am Ende nur überzeugen, daß man was kann), die whre Leistung ist ihn am Ende auch anzutreten.

Kinder werden als Störfaktor eingeschätzt- nicht vom Arbeitgeber in spe, sondern von Amts wegen. Mit Blick auf die 4 Kinder wurde mir geraten, doch lieber zu Hause zu bleiben. Von Herzen gerne, nur wie finanziert man das? Öh... ja, will der Tigergatte nicht mal wieder arbeiten gehen? Das wäre doch eine Lösung. Yupp, der weigert sich nämlich aus purem Wasauchimmer, eine von den 5 Millionen Stellen, auf die er sich beworben hat, anzunehmen.
Ich bleibe konstruktiv, man ist ja höflich. Grundsätzlich ja, aber bei den Zeitverträgen im Wissenschaftssektor und so weiter. Einfache Lösung: dann möge er sich doch was unbefristetes suchen, aber das will er ja anscheinend nicht.
In welchem Aktenschrank leben die?

Wenn ich das sowieso nur aus Notwendigkeit mache und nicht weil ich mich in der Stelle "wiederfinde" (hä? Ich hatte mich nicht mal verloren...), dann müsse man sich fragen, wie sinnvoll das sei.
Ich verweise auf das deutsche Sozialrecht- da wird nämlich nicht von Wiederfinden geredet oder von Herzenswünschen, sondern von Zwängen.

Nun gut, am Ende bewilligte man die Umschulung. Super. Was kaufmännisches wollte ich schon lange nicht machen, aber diese Jobs haben Vorteile:
man findet Stellen
niemand erwartet, daß man nach Feierabend zu Hause weiterarbeitet
man kann ein Leben neben der Arbeit haben
teilzeit heißt nicht, daß man teilbezahlt wird und trotzdem flaterate arbeitet
es steht zu erwarten, daß man auch nach einem Umzug wieder was findet

Dann bekam ich unverhofft das Angebot, "was mit Medien" zu machen. Eigeninitiative, ganz übel wenn man von der Agentur für Planlosigkeit verwaltet wird :-)

Der Stelle, die ich haben könnte, steht allerdings entgegen, daß ich einmal pro Woche 12 Stunden unterwegs wäre. Knuffig und jenseits aller vertretbaren Kinderbetreuungszeiten. Sobald Tigergatte wieder was hat, klappt das nicht mehr, aber das sehen wir dann- notfalls erklärt er, er habe grad eine Professorenstelle wegen mangelnder Kinderbetreuung sausen lassen und möchte den Verdienstausfall kompensiert bekommen.

Aber erst mal die Tagesmuttersituation lösen.
Also bei den zuständigen Stellen anrufen, klären, was man tun kann. Zwischendurch zu jemandem aus der politischen Verantwortungsebene durchgestellt werden, der mich anraunzt, er wäre nicht dafür zuständig, Leuten zu sagen, wo sie anrufen sollen und wie ich überhaupt dazu komme, ihn zu belämmern. Weil ich durchgestellt wurde- was er für eine denkbar doofe Erklärung hielt. Zusammenfasung: ich kann doch nicht erwarten, daß die Telefonzentrale weiß, wohin sie einen verbinden soll.

Also wieder von vorn. Amtsdame läßt sich das alles frisch schildern.
Letzter Anruf der Behörden abends um 19:17. Ja, man kann leider nichts tun, ich solle mal im Nachbarort jenseits der Bundeslandgrenzen nachfragen, das sei ja nur 2 Bushaltestellen entfernt. Ja, WENN die KRippe/Tagesmutter direkt an der Landesgrenze wohnt und WENN ich nicht vorher 5 Haltestellen Straßenbahn in genau die andere Richtung fahren müßte weil Mini-Tiger abgeliefert werden muß. Dann also 8 Haltestellen retour, für 2 Haltestellen in den Bus, dann Tigermädchen abliefern und dann eine halbe Stunde auf den Rückbus warten, dann 2 Haltestellen Bus, dann 2 Haltestellen Straßenbahn und das alles bitte innerhalb einer Stunde wegen Arbeitsbeginn um 9, um 8 kann ich die beiden Grossen in der Schule abliefern.
Äh... ja, das sei kompliziert... aber ich könne mir dann ja auch ein Auto kaufen. Sicher, und mich in den Morgenstau stadteinwärts einreihen.

Ich hatte die Zusage, daß die Kinderbetreuung gesichert wäre als ich mir was suchte.

Abends die Tiger beim Lesen angucken und mich fragen, ob ich das wirklich will... die Antwort ist nein, ich will nicht. Aber es gibt keine andere Option grade, also tue ich es weil es nötig ist.
Aggressiv werden weil die Arbeitsmarktsituation grad so ist wie sie ist- Tigergatte erzählt von Biologenkumpels, die in Deutschland nichts mehr finden. Genetiker, angeblich Mangelware. Die Kollegin, der gesagt wurde, die Stelle sei ein Arbeitsplatz, man bezahle den Arbeitsplatz, sie selber müsse ihr Gehalt noch aus Drittmitteln oder Stipendien finanzieren oder nebenbei halt arbeiten gehen.
Aggressiv werden weil das Versprechen, Beruf und fFmilie zu vereinbaren, nicht gehalten wird und Kinder nur als Störfaktor geseheen werden. Der ARbeitsamtsmensch rief hier an in den Ferien, zur Mittagszeit und fragte als er mitbekam, daß die Tiger zu Hause sind, ob das überhaupt realistisch sei, die Kinderbetreuung sei ja anscheind nicht zuverlässig, da lasse sich doch "keiner" drauf ein.

Mein Vorschlag ist immer noch der gleiche: sorgt doch einfach dafür, daß Familien nicht beide Verdienste brauchen, das man wieder feste Verträge bekommt und so weiter.
Die Forderung nach Anerkennung reproduktiver Arbeit war mal eine Kernforderung des Feminismus. War mal... früher.

Erziehungsgehalt!




pathologe am 03.Jun 14  |  Permalink
Ich bezweifle, dass die Zeiten zurückkommen, in denen ein Elternteil ausreichte, den Verdienst für die gesamte Familie heimzubringen. Das liegt weniger an der Politik (an der natürlich auch) als vielmehr an der "Gewinnmaximierungsphilosophie" der Unternehmen. Indirekt gesteuert durch die ganzen Kleinanleger, die mit ihrer VW/Commerzbank/EADS/Wieauchimmer-Aktie eine möglichst hohe Rendite erzielen wollen. Aber auch durch die Manager an der Spitze, deren Gehälter inzwischen in solche Höhen geschraubt werden, dass man sich fragt, wann da der gesunde Menschenverstand ausgesetzt hat?

cassandra_mmviii am 03.Jun 14  |  Permalink
Die Zeiten werden nicht zurückkommen.

Aber man kann ja mal jammern- dafür gibt es Blogs.

ich habe gestern den Tag über telefoniert und heute morgen im Nachbarort eine recht freundliche Amtsdame herzlich zum Lachen gebracht: das Bremer Amt hat mir geraten, mich jenseits der Grenze zu bemühen? Das sei lustig.
Schön, ich habe jemanden erheitert.
Sie schickt mir eine Email, daß das nicht pasieren werde, es sei denn wir ziehen um. Dann gäbe es da Chancen.
Gut, dann habe ich was schriftliches.

maracaya am 03.Jun 14  |  Permalink
Es ist alles irgendwie furchtbar kompliziert. In Bremen scheinbar ganz besonders (und ich will mir gar nicht ausmalen, wie es "so richtig" auf dem Land ist).
Hier in B leben wir ja betreuungssituationstechnisch zugegebenermassen auf der Insel der Glueckseligen.

Ich habe mich uebrigens noch nie in einem Job wiedergefunden - ich arbeite nur des Geldes wegen. Hoffentlich fliege ich nie raus, sonst waere ich damit wahrscheinlich auch ganz schwer vermittelbar.

Man kann echt nur den Kopf schuetteln (und fragt sich, ob sich die Amtstante denn wirklich in ihrem Job wiederfindet)

cassandra_mmviii am 03.Jun 14  |  Permalink
das man des Geldes wegen arbeitet ist irgendwie unhanseatisch.