Der Evangelikale, das unbekannte Wesen
Wer seine Infos über Evangelikale aus solchem



Qualitätsjournalismus bezieht, bekommt wirklich leicht das Gruseln.

Aber dann sollte man sich fragen, ob ARTE und der wdr unfehlbar sind (nö, das ist der Papst, aber nur, wenn es um Theologie geht, einfache Sachauskünfte wie "was gibt es morgen zu essen?" oder "meinst du, es regnet heute noch?" werden nicht durch die päpstlcihe Unfehlbarkeit abgedeckt) und ob das da nicht mehr zu wissen gibt als youtube und das öffentlich-rechtliche Fernsehen uns verraten.
dann lässt man noch ein paar Reizwörter fallen wie "moral majority" und "Christian right" und schon setzt bei einigen Leuten der pawlowsche Beissreflex ein. Es ist manchmal wirklich so einfach...

Evangelikale gibt es in dick und dünn, rechts und links, oben und unten. Der erste explizit evangelikale Präsident der USA war nicht etwa George W. Bush (den ich irgendwie vermisse... der hatte manchmal so was erfrischend einfaches), sondern Jimmy Carter.

Kernstück der evangelikalen Theologie ist, dass jeder Mensch eine persönliche Begegnung mit Jesus Christus braucht und diesen als Gottes Sohn anerkennen muss und Ihm sein Leben übergeben, um wiedergeboren ("born again") zu werden, das die Vorraussetzung dafür ist, ims Himmelreich zu gelangen.
Zurückgehen tut diese Haltung auf die Erweckungs- und Erneuerungsbewegungen des 18. Jahrhunderts, in Deutschland hiess das "Pietismus". Auch hier wird der Akt der persönlichen Errettung durch Jesus Christus zum Kernstück des Glaubens. Die persönliche Beziehung zu Christus löst die formelle, kirchliche Religionsausübung ab. Nicht die kultische Handlung im Gottesdienst (Taufe eingeschlossen) ist das, was zählt, sondern dass jeder einzelne Jesus als Christus erkennt.
Das erklärt auch den Missioneifer, den evangelikale Gruppen an den Tag legen. Wer nicht wiedergeboren ist, erlangt kein Ewiges Leben.
Die Bibel wird meist recht wörtlich genommen. Da der Zugang zu Glauben ein sehr individueller ist, ist jeder auch gefragt, selber die Bibel zu lesen.

Einen Pappaufsteller von GWB in die Kirche stellen oder gegen Homosexuelle demomstrieren ist eher eine politische Agenda, die erst einmal nix, aber auch gar nix, mit der Religion zu tun hat.

Evangelikale gibt es in den protestantischen Spielarten des Christentums.
Und gelegentlich können unsere (ich bin katholisch) verwirrten Cousins im Herrn ganz schön anstrengend sein. Da bekommt man schon mal zu hören, dass die katholische Kirche ganz klar die Hure Babylon sei. Da bleibt nur eins: ruhig bleiben, sie fragen (die meisten kennen die Bibel ganz gut), was genau Jesus denn gemeint hat als Er sagte " Du bist Petrus und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen und die Mächte der Unterwelt werden sie nicht überwältigen"
Das beendet dann öfter mal jede Diskussion.

Um noch mal auf das gestern ausgestrahlte Stück Qualitätsjournalismus zurückzukommen:
dein Fernseher erzählt nicht immer die Wahrheit.




mark793 am 22.Sep 11  |  Permalink
Die katholische Kirche auch nicht.
Also solche ist sie nämlich weniger ein Resultat der Ansage von Jesus an Petrus (deren Echtheit auf wackligen Beinen steht) als vielmehr ein hybrides Konstrukt, das in seiner hierarchischen Form mit dem Bischof von Rom als Oberhaupt im wesentlichen auf Kaiser Konstantin zurückgeht. Die Kirche hat seit sie zum Träger der Staatreligion im römischen Reich wurde eine Unzahl heidnischer Sitten und Bräuche assimiliert, die mit dem, was Jesus und die Zwölf seinerzeit predigten, nur noch am Rande zu tun haben.

Nicht, dass ich mit evangelikalen Verpeiltheiten mehr sympathisiere, aber zumindest kann ich ihr Bemühen nachvollziehen, eine direktere Verbindung nach oben zu suchen als den unnötigen Umweg über die ganze gesalbte Hierachie mit den dicken Ärschen in goldverzierten Gewändern zu gehen.

cassandra_mmviii am 22.Sep 11  |  Permalink
Das ist ein Totschläger, den zückt man wenn die Verwirrten loslegen mit der Hure Babylon. Oder den halbheidnisxchen Sitten. oder damit dass das alles mit Jesus nix mehr zu tun hat.

Die direkle Verbindung haben wir Kathos auch. Nur dass wir einen Haufen Leute in den dicken Hintern treten können wenn es schiefgeht. Das befriedigt das menschliche Bedürfnis nach "deine Schuld!"

Und verhindert zu viele Fernsehprediger.

mark793 am 22.Sep 11  |  Permalink
Anderes (und weitaus schlimmeres)
hat es nicht verhindert. Dewegen bin ich auf meine alten Tage dann noch ausgetreten aus dem Verein. Dass dessen Lehre in etlichen zentralen Punkten nicht das ist, woran ich glaube, habe ich den Katholen all die Jahre eigentlich nachsehen können - auch um der schönen Zeit meines intakten Kinderglaubens willen. Aber alles in allem war es mir dann irgendwann doch too much, spätestens, als ich voriges Jahr erfuhr, dass der Pfarrer meiner Kindheit, der damals für mich kurz hinter Jesus kam, einen Klassenkameraden meines älteren Bruders sexuell belästigt hat. Da bin ich erst so richtig vom Glauben abgefallen, das war der berühmte Tropfen zu viel im Fass.

cassandra_mmviii am 22.Sep 11  |  Permalink
Das ist einfach nur schrecklich. Und sollte eigentlich jeden der Goldberockten zu sofortiger Lektüre irgendeines Uraltschinkens über die priesterlicher Disziplin und deren Durchsetzung bringen. Irgendwas Archaisches wird sich schon finden.

Ich hoffe, besagter Klassenkamerad ist nicht zu dauerhaften Schaden gekommen.

mark793 am 22.Sep 11  |  Permalink
Schwer zu sagen,
er hatte es lange verdrängt, aber irgendwie hat das wohl trotzdem unter der Oberfläche gearbeitet. Mein Bruder könnte da sicher mehr zu sagen, der war da näher dran. Der betreffende Pfarrer war auch lange nach seiner Zeit im Stadtteil immer wieder mal zu Gast bei früheren Schäfchen, oft auch bei meiner Mutter, die sehr große Stücke auf ihn hielt, auch zu Zeiten, wo sie sich von der reinen Lehren zunehmend entfremdete. Ich hatte in meiner Jugend wegen meiner Entfremdung viele Kämpfe mit ihr, als sie noch strenggläubig unterwegs war, und wenn man mir gesagt hätte, dass sie mir mit dem Kirchaustritt noch zuvor kommt, ich hätts nicht geglaubt.

Ich bin im Übrigen auch weit davon entfernt, dem betreffenden Seelsorger die Schrecken der Inquisition oder dergleichen an den Hals zu wünschen, letztlich sollte ich ihm dankbar sein, dass er mich ohne es zu wollen von der Illusion befreit hat, wenigstens damals wäre doch alles in bester Ordnung gewesen. So kann ich heute meinen eigenen spirituellen Weg mit viel weniger Ballast im Gepäck gehen.

cassandra_mmviii am 22.Sep 11  |  Permalink
dagegen sollte man auch unterhalb von peinlichen Befragungen was unternehmen können.

mark793 am 22.Sep 11  |  Permalink
Rechtlich nicht mehr,
weil verjährt. Und disziplinar nur so weit, dass es auf einen Vorruhestand hinausläuft, im Rahmen dessen er sich in ein Kloster zurückziehen kann.

Was freilich immer noch weniger schlimm ist als die vielen Fälle, wo die Oberen einfach mit stillschweigender Versetzung den Deckel drauf lassen konnten. Er selber hat immerhin den Mut aufgebracht, diese Verfehlung öffentlich zu bekennen und Konsequenzen zu ziehen.

Du sagst, "man sollte was unternehmen können", aber Fakt ist nun mal, dass in vielen Fällen nichts unternommen wurde außer Vertuschungsversuchen von seiten der Oberen. Da wurden auffällig gewordene Priester halt versetzt in eine neue nichtsahnende Gemeinde, wo dann oftmals das gleiche Spiel wieder losging. Das macht einen so fassungslos. Und zu mehr als einer pauschalen Entschuldugung, die ihn und einen Verein nichts kostet, hat sich der Papst auch nicht aufraffen können.

cassandra_mmviii am 22.Sep 11  |  Permalink
Genau da liegt das Problem. Sollte und Ist sind mal wieder nicht das selbe.

arboretum am 22.Sep 11  |  Permalink
Falls es Sie tröstet: Auch Evangelen finden die Evangelikalen ganz schön anstrengend. Und leider wird häufig genug evangelisch und evangelikal verwechselt und über einen Kamm geschert. Durchaus auch in der Medienberichterstattung, etwa zum Erstarken der evangelikalen Bewegungen in Afrika und Lateinamerika. Da ist mitunter von evangelisch statt von evangelikal die Rede.

Mit diesen Bibelfundis können die meisten Evangelen nichts anfangen, aber vermutlich geht das vielen Katholen mit den Opus Dei-Fans genauso.

cassandra_mmviii am 22.Sep 11  |  Permalink
Ichb bin mit einem Evangelen verheiratet. Und er ist gelegentlich noch genervter, da die sich nicht nur in Freikirchen sammeln, sondern tw Landeskirchler sind.

Und genau wie man bei einer katholischen Gemeinde in alles von den Befreiungstheologen bis zum Opus Dei reinlaufen kann, muss man da halt schauen, wo man gelandet ist.
Unsere alte evangelische Gemeinde hatte auch viele Evangelikale, grösstenteils aus der afrikanischen Gemeinde. Aber die waren weder damit beschäftigt, Schwule auf dem Kirchplatz zu verbrennen noch Kinder zu Gotteskriegern im Jihad-Modus zu erziehen, sondern sowohl menschlich als auch theologisch ziemlich fit.

arboretum am 22.Sep 11  |  Permalink
Gehört er etwa einer gewissen süddeutschen Landeskirche an? Da gibt es eine, die mit den Evangelikalen ziemlich dicke Tinte ist.

cassandra_mmviii am 22.Sep 11  |  Permalink
Nee, sind im Norden. An einem Ort, der ihn zu Kopfschütteln bringt was die Kirche angeht: hier sind Lutheraner und Calvinisten nicht getrennt. Und mit den Calvinisten und deren Vorbestimmungslehre hat er wesentlich mehr Schwierigkeiten als mit den "ich bin wiedergeboren im Herrn"-Halleluja-Hopsern von den Evangelikalen.

Wobei ich glaube ich weiss, welche Landeskirche da gemeint ist. Ein Freund von uns hat süddeutsch geheiratet.

arboretum am 22.Sep 11  |  Permalink
Eine unierte Landeskirche? Kenne ich von denen gar nicht, dass die so dicke sind mit dem Evangelikalen - allerdings auch nicht, dass die Calvinisten da so vorherrschend sind. Muss wohl eine andere sein als die, der ich angehöre.

cassandra_mmviii am 22.Sep 11  |  Permalink
Wir sind von einer Landeskriche in die andere gezogen. Jetzt uniert, vorher lutheranisch.
Die starke evangelikale Gruppe in der alten ev. Gemeinde lag am Viertel- viele Migranten, in deren Ländern bzw Regionen das relativ normal war/ist. Mir fallen da vor allem die Koreaner neben den Afrikanern ein.
Die katholische Gemeinde, zu der ich gehörte, hatte auch eine grosse afrikanische Gruppe.

arboretum am 23.Sep 11  |  Permalink
Mein Onkel erzählte mir kürzlich, wie es ihm erging, als er seinerzeit nach NRW umzog. Im Einwohnermeldeamt fragten sie ihn nach der Religionszugehörigkeit.

"Evangelisch."
"Gibt's nicht."
"Da habe ich aber etwas anderes gehört."
"Hier gibt es das nicht. Lutheraner oder Calvinisten?"
"Uniert."
"Was soll das sein? Gibt es nicht."
"Doch."
"Das haben wir hier nicht. Lutheraner oder Calvinisten?"
"Keins von beidem. Ich gehöre zu den Unierten."
"Wo wohnen Sie?"
Er sagte es.
"Dann sind Sie jetzt Lutheraner."

cassandra_mmviii am 23.Sep 11  |  Permalink
Deutsche Verwaltungen sind so grossartig... "gibt's nicht" ist einfach nur toll.

ein Verwandter von mir hätte beim Versuch, seinen Perso verlängern zu lassen fast eine zweite Staatsangehörigkeit verpasst bekommen.

che2001 am 23.Sep 11  |  Permalink
Ich finde solche Dokumentationen durchaus verdienstvoll
Auch wenn das nur ein Teil der wahrheit ist, aber: die evangelikale Rechte in den USA spielt dort etwa die Rolle wie bei uns Neonazis, Neue Rechte und das ProNRW-Muslimhassersperktrum zusammengenommen, mit dem Unterschied, dass sie tief ins Establishment reinreichen. Die Leute unterhalten zum Teil private Umerziehungslager, in denen unter folterähnlichen Zwangsmitteln jugendliche Schwule und Lesben normalisiert werden sollen und bilden vor Gefängnissen, in denen eine Exekution ansteht Sprechchöre, die "grill him, grill him!" skandieren. Ihre Ableger in Uganda oder Kamerun fordern für Schwule die Todesstrafe. Das alles ist beunruhigend genug und wird hierzulande kaum zur Kenntnis genommen. Und es wird höchste Zeit, diese Leute zu stoppen..

Btw. dass nicht alle Evangelikalen diesem Lager angehören, dass es "die" Evangelikalen nicht gibt stimmt freilich. Gehört Obama nicht auch dazu?

arboretum am 23.Sep 11  |  Permalink
Der ist Mitglied der United Church of Christ, die zählt laut Wikipedia zu den Mainline Churches = protestantische Kirche mit moderater Theologie, die von den evangelikalen, fundamentalistischen abzugrenzen sind. Die UCC ist reformiert, weist aber historisch bedingt lutheranerische Einflüsse auf und ist liberal. Setzt sich für die Ökumene ein, für Bürgerrechte, Rechte von Frauen und Homosexueller und auch für das Recht auf Abtreibung. Kurzum, die müssen eigentlich ein rotes Tuch für die Evangelikalen sein.

cassandra_mmviii am 23.Sep 11  |  Permalink
Obama sagt, er sei wiedergeboren, also ist er einer. Das geht strikt nach Selbstaussage.

Bei Bill Clinton war das einfach. Er behauptete, wiedergeboren zu sein und ist Mitglied der Southern Baptist. Das ist fast schon klasssich.

Die Mainstream Churches in der äusserst heterogenen evangilikalen Szene einzuordnen ist extrem puzzelig.

Es gibt Evangelikale, die gegen die Todesstrafe sind da es nur Gott zusteht, Leben zu nehmen. "Du sollst nicht töten" ist mehr als eine grobe Empfehlung.
Andere sehen sie als gerechtfertigt bis sogar zwingend an.

Es gibt Evangelikale, die strikte Pazifisten sind ("War ist not pro-life" fand ich sehr treffend), die haben ihre Wurzeln oft in den Wiedertäuferkirchen der Frühen Neuzeit.
Andere sehen die US Army anscheinend als eine Art Werkzeug Gottes.

Ich kann mich grad nicht mehr an den Namen erinnern, aber ein relativ bekannter evangelikaler Pastor lehnte es im Golfkrieg ab, eine US Fahne im Altarraum zu haben, was auch bei Mainstream Churches relativ üblich ist.

cassandra_mmviii am 24.Sep 11  |  Permalink
die evangelikale Rechte in den USA spielt dort etwa die Rolle wie bei uns Neonazis, Neue Rechte und das ProNRW-Muslimhassersperktrum zusammengenommen

das magische Wort hierbei ist Rechte. Und dabei sollte man fragen, ob das an der Religion liegt oder an anderen Faktoren.


Die Leute unterhalten zum Teil private Umerziehungslager, in denen unter folterähnlichen Zwangsmitteln jugendliche Schwule und Lesben normalisiert werden sollen

Das möchte ich, bevor ich dem Glauben schenke, belegt haben. Und zwar nicht über Internet-Gerüchte (dfie habe ich massig gefunden), sondern über irgendwas solides. Zeitungsartikel reicht. Solche heftigen Abschuldigungen muss man belegen.


bilden vor Gefängnissen, in denen eine Exekution ansteht Sprechchöre, die "grill him, grill him!" skandieren

Es gibt ein paar Millionen Evangelikale in den USA. Wenn die alle auftauchen wird das ausgesprochen eng, besonders da dort dann auch immer Todesstrafengegner, auch dadrunter viele Christen, stehen. Also sollte man sich auch hier anschauen, was der auslösende Faktor ist.


Ihre Ableger in Uganda oder Kamerun fordern für Schwule die Todesstrafe

Durch die ausgesprochen komplexe Situation in Teilen Afrikas würde ich mich hier vor zu schnellen Rollenzuweisungen nach dem Motto "die Welt ist einfach wir sind einfacher" hüten.
Zufällig kenne ich einen Kameruner. Katholik und Mediziner, studierte in Deutschland durch ein bischöfliches Stipendium. Der Mann, ein wirklich sehr ruhiger und in sich gesetzter Mensch, hatte wirklich Angst vor den einheimischen Kulten. Da passieren Dinge, die wir entweder nicht glauben oder nicht ernst nehmen oder unter "possierliche Dinge, die Eingeborene nun mal tun, lass uns schnell ein Foto machen" abhaken. Sex mit Jungfrauen als probates Mittel gegen AIDS zB. Oder Initiationsriten, bei denen Vergewaltigung (sowohl homo- als auch hetero) eine zentrale Rolle spielt. Das wird heute noch praktiziert, ebenso FGM. Seine Mutter war unter traditionalen Bedingungen verheiratet worden- was im Klartext heisst, dass ihre Eltern die Ehevereinbarung getroffen haben.

Ein "verwirrter Cousin im Herrn" aus unserer Göttinger Gemeide erzählte von Kulten aus Ghana (sein Heimatland), wo die Funktionsträger dieses Glaubens als fast unantastbar gelten. Verärgere sie und dir passieren schlimme Dinge. Alles von er hext dir mit Hilfe von Geistern (die dann evangelikal zu Dämonen werden, eine Interpretation, der ich mich schwer verschliessen kann) Unglück an den Hals, das weit über üblen Mundgeruch hinausgeht oder noch schlimmer, er sorgt dafür, dass du von deinen Dorfmitbewohnern für eine Hexe gehalten wirst, was dann den Lynchmob bedeutet.
Jedenfalls bietet das den Hintergrund für sein extremes Bibelverständnis: nachdem er Christ geworden war, hatten diese Dämonen keine Macht mehr über ihn, er konnte sie mit Hilfe des Namens Jesu bannen und war so sicher. Traditionall kann man da nämlich nicht mal ein Grab passieren ohne dass die Geister auf dich aufmerksam werden, was Ärger bedeutet.

Dz redest von gegenden, in denen man leider sagen muss, dass die lage für einfache Schuldzuweisungen zu komplex ist. Da kommen native Glaubenssysteme mit Geistern und Hexen zu wirtschaftlichen Problemen. Kriegerische Auseinandersetzungen werden mit Mitteln geführt, die mich meine Ablehnung von Militäreinsätzen über Bord haben werfen lassen. Stillenden Frauen die Brüste abzuschneiden, Kindern geschmolzenes Plastik in die Augen zu tropfen, Genozid per Machete, Vergewaltigung und Kennzeichnung der Frauen und Mädchen als Mittel der Demütigung.... willst du in einer solchen Umgebung wirklich einen einzelnen Faktor wie den evangelikalen Ansatz verantwortlich machen?
Das wäre etwa so als ob ich den Islam dafür verantwortlich halte, dass am 11. September 2001 die Twin Towers einstürzten und das jetzt jedem einzelnen Moslem ankreide.

cassandra_mmviii am 24.Sep 11  |  Permalink
Evangelikale zum Xten
die evangelikale Rechte in den USA spielt dort etwa die Rolle wie bei uns Neonazis, Neue Rechte und das ProNRW-Muslimhassersperktrum zusammengenommen

das kann man so nicht sagen.

In der evangelikalen Szene wird Abtreibung auch dann abgelehnt, wenn das Kind behindert ist. Das ist etwas, was sie von der deutschen Neuen Rechten (und übrigens auch der Biologistischen Rechten) deutlichst unterscheidet.
Ob bei ProNRW schon mal jemand über so was nachgedacht hat weiss ich nicht, würde es aber erst mal bezwefeln.

Ausserdem spielt Rassismus nicht mehr die Rolle, die er mal gespielt hat. Sobald sich jemand zu Christus bekennt und wiedergeboren wird, ist die Hautfarbe egal. Es gibt unter den US-Evangelikalen einen relativ hohen Anteil people of colour (Asiaten, Süd- und Mittelamerikaner, Schwarze). Ein Teil der politisch weiter rechts stehenden Evangelikalen hat sich im Einwanderungs-Streit sehr offen auf Seiten Obamas gestellt. Warum? Arizona (und meine auch Kalifornien) planten, härter gegen illegale Einwanderer und Einwanderung vorzugehen.
Nun lehrt die Bibel aber:
"Denn ich war hungrig und ihr habt mir zu essen gegeben; ich war durstig und ihr habt mir zu trinken gegeben; ich war fremd und obdachlos und ihr habt mich aufgenommen" (Mt 25,35). Das ist eins der Kernstücke der Bibel und eine meiner absoluten Lieblingstellen, die Bergpredigt. Und das führt dazu,, dass Teile der sich eigentlich selbst als politisch konservativ verstehenden Evangelikalen illegale Einwanderungsrouten mit Wasservorräten (der Weg führt durch die Wüste) ausstatten und tw Gerüchten zufolge auch aktive Einwanderungshilfe leisten (Wegbegleitung etc).
Und auf gar keinen Fall wollten diese Leute, die selbst oft aus Einwandererfamilien (ok, wer ist das aus in den USA nicht?) Gesetze unterstützen, die zur Verschärfung der Situation für Illegale führen. Und das unterscheidet sie doch recht eindrücklich von ProNRW&Co. Oder kann sich jemand vorstellen, dass die irgendwann mal illegal Wirtschaftsflüchtlinge ins Land bringen?

Ausserdem bekennt sich die evangelikale Rechte imemr wieder zu Israel. Das scheint mir in der deutschen Rechten doch eher selten.
Der Staat Israel wird eschatologisch gesehen- ein Zeichen, dass die baldige Wiederkunft Christi ankündigt.
And I say the sooner the better!

che2001 am 24.Sep 11  |  Permalink
Ich meinte damit eigentlich auch eher die Rolle einer gesellschaftlichen Kraft, d.h. einer vor allem auch außerparlamentarisch und auf der Straße wirksamen politischen Rechten. Meine aber auch, dass es Verbindungen zwischen Rechtsevangelikalen und dem KKK gibt.

cassandra_mmviii am 24.Sep 11  |  Permalink
Ich meinte damit eigentlich auch eher die Rolle einer gesellschaftlichen Kraft, d.h. einer vor allem auch außerparlamentarisch und auf der Straße wirksamen politischen Rechten

gesellschaftliche Kraft auf der Starsse und ausserparlamentarisch... wenn das als Gleichsetzungsgrund reichen soll fallen mir spontan noch mindestens 3 andere, äusserst ehrenwerte Bewegungen ein, die die Kriteerien auch erfüllen.