Donnerstag, 1. Juli 2010
Culloden und die Folgen
Am 16. April in Jahre des Herrn 1746 scheiterte der letzte Versuch der Stuarts, den britischen Thron zurückzuerobern. Vorrausgegangen waren schon etliche andere Versuche, unter anderem die Battle of the Boyne, die bis heute für Ärger sorgt.

Mit der Niederlage der Stuart-Armee bei Culloden waren die letzten Diskussionen, ob das House of Hanover auf dem britischen Thron sitzen solle oder nicht, erledigt.

Das sind ja nun alles wirklich ganz alte Kamelle. Aber dass seit heute ein MacAllister im niedersächsichen Landtag, welcher die ehemalige Residenz der Könige von Hannover ist, das Sagen hat, entbehrt nicht einer gewissen Ironie.

Nennen wir den wirklich bedauerlichen Verlust des niedersächsischen Ministerpräsidenten nach Berlin einfach die ganz späte Rache der Schotten an Hannover.



Wir haben einen Bundespräsidenten
der wird sich schon noch genug selbst kommentieren, da kann man sich auf Herrn Wulff verlassen denke ich, Bescheidenheit war bisher nicht seine Stärke, also unnötig, dazu was zu sagen.

Aber was man fragen sollte ist, ob das ganze noch was mit Demokratie zu tun hat. Parteivorsitzende, die ihre Partei auf Linie bringen wo die Abgeordneten doch eigentlich nur ihrem Gewissen verpflichtet sind.

Vielleicht sollten wir ehrlich sein und das Grundgesetz ändern. "Der Bundeskanzler ernennt den Bundespräsidenten. Der Bundestag bestätigt ihn." Etwa so ist das doch bisher immer gelaufen, diesmal war es halt ein bisschen offener.

Endgültig zur Lachnummer wurde es dann, als das Buffet noch während der Sitzung eröffnet wurde und Norbert Lammert die Damen und Herren ermahnte, deswegen bitte nicht die Wahl zu verpassen.
Leute: gefuttert wird, wenn die Arbeit erledigt ist! Wenn der Kohldampf zwischendurch zu schlimm wird bestellt euch meinetwegen 'ne Pizza, aber das Buffet schon vorher plündern???



Mittwoch, 30. Juni 2010
Bundespräsidentenwahl
Es gibt ja Dinge, die keinen interessieren. Meine Meinung wer Bundespräsi werden sollte zum Beispiel.

Die Bundesversammlung tritt zusammen und wählt, was ihnen ihre Parteioberen aufgeschrieben haben. Die müssen nicht mal mit ihren Parteien vorher drüber reden, sondern rufen dann mal an, wen sie für einen tollen Kandidaten halten. Und solange man genug Stimmvieh zusammenkriegt ist alles paletti.

Das ist keine Demokratie, sondern einfach nur ein sehr schlechter Witz. Wie viel kostet diese (übrigens extrem langweilige) Showveranstaltung eigentlich?



Sonntag, 20. Juni 2010
Deprimierend
http://jungle-world.com/artikel/2010/24/41128.html

Ein alter Freund und Genosse prophezeite jüngst mal wieder massiven Widerstand gegen das neueste Sparpaket der schwarz-gelben Regierung. Ich war mal wieder skeptisch, er antwortete mal wieder mit "das liegt nur dadran, dass du politisch nicht mehr aktiv bist". Hatte irgendwie was Ritualisiertes.

Die von den Gewerkschaften angekündigten "massiven Proteste" sehen eher nach "business as usual" aus. Die linken Oppositionsparteien scheinen auch nicht mobilisieren zu können. Von Basisorganisation nichts zu sehen. Hat auch eher was Ritualisiertes.

Das ist einer der Fälle, in denen ich mich liebend gern enttäuschen lassen würde, einfach nur Unrecht hätte und sagen müsste "war wohl falsch".



Samstag, 19. Juni 2010
Der Spiegel wie er leibt und lebt
http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,701367,00.html

Bildungsferne Unterschichten, die sich wie die Karnickel vermehren, religiöse Fanatiker tun seltsame Dinge, gewürzt mit ein bisschen Pseudo-Feminismus und einer ganz grossen Dosis Antisemitismus.

Wer diesen Artikel liest, bekommt nicht nur eine Bilderstrecke, die mit dem Klischee des rabenartig-bedrohlichen mehr als spielt, sondern auch erklärt, wo das Problem im Nahen Osten ist: Israel braucht so viel Land, weil sich ihre religiöse Unterschicht so stark vermehrt. Ausserdem lernen die nix Ordentliches, leisten nix und leben generell auf Kosten anderer.

Das antisemitische Klichee vom "Ostjuden", der staatszersetzend-schmarotzend vor sich hinlebt und dabei ganze Nationen in's Chaos stürzt wird, hier in Reinkultur vorgeführt.

Und wem die Lektüre des Artikels noch nicht gereicht hat werfe einen Blick in's dazugehörige Diskussionsforum.



Donnerstag, 17. Juni 2010
Rechts-aussen auf dem Spielplatz
Ich war lange der Meinung, dass bestimmte politische Ansichten ausgestorben sein. Gelegentlich wurden sie noch als Spukerscheinung an Stammtischen nach ein paar Litern Bier gesichtet oder feierten in glattrasierten Köpfen Auferstehung.

Neu in etwas gezogen, was vehement behauptet, Großstadt zu sein, geben mir viele freundliche Leute hilfreich gemeinte Ratschläge. Letztens bekam ich auf dem Nachhauseweg davon wieder mal ein paar.
Gröpelingen sei ein absolutes No-go. Da könne man einfach nicht hin. Zu viele Ausländer, und wenn die da alle so beieinanderwohnen, ganz schlimm. Nun gut, über die Ursachen und Folgen von Viertelbildung kann man ganze Studien verfassen und das es in Gröpelingen Probleme gibt, wer will das leugnen? Aber irgendwie beschlich mich das Gefühl, hier ginge es nicht um eine Diskussion, was an der deutschen Integrationspolitik verbesserungswürdig sei, sondern um etwas anderes.
Der deutsche Staat sei ja viel zu nachsichtig, wenn Ausländer kriminell werden, war die nächste These. Aber wenn man als Deutscher z.B. in der Türkei "mal was Falsches" macht, dann sperren die einen ohne Gnade ein!
Meine Gesprächspartnerin hatte auch sofort eine Ursache dafür: den Zweiten Weltkrieg. Wenn "wir" den gewonnen hätten, dann sähe das anders aus.
Völlig aus dem Konzept gebracht meinte ich nur "Ja, wahrscheinlich", denn in Himmlers Musterstaat sähe es in der Tat anders aus.
Während ich noch versuchte etwas zu finden, was man höflich und freundlich sagen kann, redete sie weiter. Uns Deutschen geht es nur so schlecht, weil "wir" den Krieg verloren haben. Ich hatte mich endlich wieder gefasst und antwortete: "Das ist auch ganz gut so". Darauf die Antwort: "Na ja, ich weiss ja nicht."
Ich: "So was um 10 Millionen Tote sprechen da eine sehr deutliche Sprache"
"Man weiss ja nicht wie das weitergegangen wäre"
Ich: "Oh doch, mit noch mehr Toten!"
Sie: "Man weiss das ja nicht. Vielleicht hätte sich das deutsche Volk ja erhoben."
Gegen was? Den Endsieg? Himmlers Siedlungspläne? Dagegen, Europa zu beherrschen?
Als nächstes waren die Kriegsgreuel der Russen dran. Und was die Amerikaner so in Vietnam gemacht hätten. Aber alle zeigen immer nur auf die Deutschen.
Ich fragte sie, ob sie eine Ahnung habe, was der "Weltanschauungskrieg" im Russlandfeldzug gewesen sei und ob sie wisse, dass es auch im NS-Jargon als "Vernichtungskrieg" bezeichnet worden ist. "Davon weiss ich nichts".

Solange dergleichen Sondermüll in den Köpfen ist und auch dezente Hinweise, wer diesen Krieg mit all seinen Grausamkeiten angefangen habe, nicht fruchten, muss man fragen, wo der Verfassungsschutz eigentlich den ganzen Tag ist.
Und ob der Geschichtsunterricht nicht dringend ausgebaut gehört.