Der Unterschied zwischen Wollen und Können
Der Unterschied zwischen diesen beiden Modalverben muss sehr schwer zu begreifen sein. Das merkt man immer, wenn ich sage, dass ich den weiteren Krippenausbau keine so gute Idee finde, ihn politisch nicht unterstütze und auch keinen Krippenplatz für mein Baby will, sondern lieber selbst bei ihm bin.

"Es gibt Frauen, die wollen oder können das nicht" ist dann die Antwort.

Ja, was nu'? Wollen die nicht zu Hause bleiben -dann mögen sie sich selbst für ihren Krippenausbau einsetzen- oder können sie das nicht, weil die Kohle nicht langt? Würden diese Frauen, wenn es finanziell ginge, lieber selbst sehen, wie ihr Nachwuchs krabbeln lernt, beim Laufenlernen umfällt und die Welt entdeckt? Warum sollen wir als Staat und Gesellschaft dann sagen "Geh arbeiten, da ist die Krippe" statt nach Wegen zu suchen, wie auch sie zu Hause bleiben können?

Beides in eine Topf zu werfen mag sematisch zulässig sein, Sinn macht es nicht.

Aber das ist zu kompliziert für die meisten. Statt der Unterscheidung in "wollen" und "können" bekommt man lieber krippenpolitische Allgemeinplätzchen, in ganz viel heisser Luft gebacken, die auf "das sieht aber nicht jede Frau so" hinauslaufen. Stimmt, das sehen andere Frauen anscheinend anders. Schockierend, aber wahr: Frauen sind Individuen und sehen Dinge unterschiedlich.

Irgendwie treffe ich nienals die Mütter, die sagen "ich will ganz dringend wieder 8 Stunden am Tag an der Ladenkasse sitzen, ich muss arbeiten, sonst werde ich verrückt", sondern immer nur die, die entweder Teilzeit arbeiten wollen oder ganz zu Hause bleiben.
Und deshalb frage ich mich, wer das wirklich das Bedürfnis nach Krippenausbau hat: "die Wirtschaft", die gerne die mehr Arbeitskräfte auf dem Markt sehen will, damit die Preise für Arbeit, auch qualifizierte Arbeit, noch ein bisschen fallen oder ob dieser Wunsch tatsächlich von einer signifikanten Gruppe an Müttern getragen wird.




txxx666 am 23.Okt 10  |  Permalink
Ohne mir jetzt selber das Mutterkreuz umhängen zu wollen, aber ich habe seinerzeit eine sehr gut bezahlte und dabei auch zumeist wirklich schöne Tätigkeit (Deutschlehrer an einer Polnischen Fachhochschule) aufgegeben, um meinen kleinen Sohn zu hüten - was ich mittlerweile (Asche über mein Haupt) gelegentlich bereue...

uwe sak am 24.Okt 10  |  Permalink
Wir haben in allen kapitalistischen Staaten mit dem Arbeitswahn zu kämpfen. Es geht nur noch darum, möglichst alle Menschen in das Hamsterrad zu zwingen.
Dabei wird dann auch noch so getan, als sei es das größte Glück der Frauen auch arbeiten zu "dürfen".

cassandra_mmviii am 24.Okt 10  |  Permalink
Moment:

ich arbeite. Wer so gegen 6 aufsteht und bis abends gegen 8 am Rumrödeln ist (gelegentlich auch "Nachtschichten" einschiebt), der arbeitet.

Jede Gewerkschaft würde Alarm schlagen bei meinen Arbeitszeiten ;)

uwe sak am 26.Okt 10  |  Permalink
Aber es hat doch niemand behauptet, dass Du nicht arbeitest. Und selbst wenn, ich würde es nie kritisieren, wenn jemand nicht arbeitet.

cassandra_mmviii am 26.Okt 10  |  Permalink
Es ist einfach völliger Unfug, von "arbeitslos" zu reden, wenn Menschen, statt Geld zu verdienen, etwas anderes machen.

Und erschreckend oft ist dieses "etwas aneres machen" sogar gesellschaftlich relevant.