Rechts-aussen auf dem Spielplatz
Ich war lange der Meinung, dass bestimmte politische Ansichten ausgestorben sein. Gelegentlich wurden sie noch als Spukerscheinung an Stammtischen nach ein paar Litern Bier gesichtet oder feierten in glattrasierten Köpfen Auferstehung.
Neu in etwas gezogen, was vehement behauptet, Großstadt zu sein, geben mir viele freundliche Leute hilfreich gemeinte Ratschläge. Letztens bekam ich auf dem Nachhauseweg davon wieder mal ein paar.
Gröpelingen sei ein absolutes No-go. Da könne man einfach nicht hin. Zu viele Ausländer, und wenn die da alle so beieinanderwohnen, ganz schlimm. Nun gut, über die Ursachen und Folgen von Viertelbildung kann man ganze Studien verfassen und das es in Gröpelingen Probleme gibt, wer will das leugnen? Aber irgendwie beschlich mich das Gefühl, hier ginge es nicht um eine Diskussion, was an der deutschen Integrationspolitik verbesserungswürdig sei, sondern um etwas anderes.
Der deutsche Staat sei ja viel zu nachsichtig, wenn Ausländer kriminell werden, war die nächste These. Aber wenn man als Deutscher z.B. in der Türkei "mal was Falsches" macht, dann sperren die einen ohne Gnade ein!
Meine Gesprächspartnerin hatte auch sofort eine Ursache dafür: den Zweiten Weltkrieg. Wenn "wir" den gewonnen hätten, dann sähe das anders aus.
Völlig aus dem Konzept gebracht meinte ich nur "Ja, wahrscheinlich", denn in Himmlers Musterstaat sähe es in der Tat anders aus.
Während ich noch versuchte etwas zu finden, was man höflich und freundlich sagen kann, redete sie weiter. Uns Deutschen geht es nur so schlecht, weil "wir" den Krieg verloren haben. Ich hatte mich endlich wieder gefasst und antwortete: "Das ist auch ganz gut so". Darauf die Antwort: "Na ja, ich weiss ja nicht."
Ich: "So was um 10 Millionen Tote sprechen da eine sehr deutliche Sprache"
"Man weiss ja nicht wie das weitergegangen wäre"
Ich: "Oh doch, mit noch mehr Toten!"
Sie: "Man weiss das ja nicht. Vielleicht hätte sich das deutsche Volk ja erhoben."
Gegen was? Den Endsieg? Himmlers Siedlungspläne? Dagegen, Europa zu beherrschen?
Als nächstes waren die Kriegsgreuel der Russen dran. Und was die Amerikaner so in Vietnam gemacht hätten. Aber alle zeigen immer nur auf die Deutschen.
Ich fragte sie, ob sie eine Ahnung habe, was der "Weltanschauungskrieg" im Russlandfeldzug gewesen sei und ob sie wisse, dass es auch im NS-Jargon als "Vernichtungskrieg" bezeichnet worden ist. "Davon weiss ich nichts".
Solange dergleichen Sondermüll in den Köpfen ist und auch dezente Hinweise, wer diesen Krieg mit all seinen Grausamkeiten angefangen habe, nicht fruchten, muss man fragen, wo der Verfassungsschutz eigentlich den ganzen Tag ist.
Und ob der Geschichtsunterricht nicht dringend ausgebaut gehört.