Einspruch, Frau Berg!
Das spräche unbedingt dafür, den Begriff der Familie, der in Schulen vermittelt wird, zu öffnen, neben dem männlichen und weiblichen Geschlecht auch Transsexualität und Intersexualität zu thematisieren. So wie es der Bildungsplan formuliert.

Schule soll ein Bildungsfundament vermitteln. Schule wird nie alles abdecken können und soll es auch gar nicht. Das Wissen, welches man vermittelt bekommt, soll einen befähigen, sich in der Welt zurechtzufinden.

Wenn es um Kreationismus geht, wird gerne jeder zum Wissenschaftler: harte Bio-Fakten sind gefragt, nicht Ideologie. Nun ist es, auch wenn Herr Dawkins das anders sieht, nicht Teilgebiet der Biologie, Antworten auf das "Warum" zu geben. Biologie, auch Evolutionsbiologie, beschreibt das "wie". Aber das nur am Rande.

Wenn es um biologisch gewagte Theorien wie Gender geht, dann verabschiedet sich der Ruf nach der soliden Wissenschaft allerdings schneller als ich "Butler" buchstabieren kann.
Biologisch gesehen haben wir 2 Geschlechter. Genetisch gesehen haben wir Abweichungen, die sich in allerlei gesundheitlichen Beschwerden äußern. Von der freien und variablen Geschlechtlichkeit bleibt nicht viel über wenn wir Biologen fragen.

Biologie bewertet nicht. Ob das nun gut oder schlecht ist wen jemand zB Turner- oder Klinefelter-Syndrom hat, ist jenseits der genetik und Moralvorstellung. Biologisch begründen läßt sich da wenig.

Gender-Ideologie ist unwissenschaftlich. Sie an Schulen zu vermitteln dient nicht der Vermittlung von wissenschaftlichen Fakten, sondern ist reine Ideologie. Und irgendwie verwehre ich mich dagegen, dass durch Schule die privatpersönliche Weltsicht einiger Gender-Tröten allgemeinverbindlich wird. Die Welt wird kein schönerer, toleranterer Platz dadurch, dass wir alle uns mit "hen" oder "es" anreden. Sie könnte es werden wenn wir vermitteln, dass auch wenn Lasse-Ole extrem seltsam ist wenn er im rosa Tütü zur Schule kommt, es keinen Grund für Mobbing gibt.

Ein erster Schritt könnte sein, daß Menschen mit genetischen Abreichungen, egal wie dramatisch ihre Auswirkungen sind, nicht mehr vorgeburtlich getötet werden dürfen. Aber der Marsch für das Leben paßt Ihnen ja auch nicht.




zwetschgenkrampus am 27.Okt 14  |  Permalink
Ideologische Zwangsfächer
Es ist eine Binsenweisheit der Demagogie: Wer die kleinen Kinder hat (und indoktrinieren kann), der bestimmt den gesellschaftlichen Grundkonsens. Je nach dem Regime, unter dem man lebt, werden bestimmte Fächer aus der Schule verbannt und andere eingeführt.

Östlich der berühmten "Zonengrenze" gab es vor 1990 Zwangslehrveranstaltungen über Marxismus-Leninismus ("ML"), die von den Schülern abzusitzen waren. Damit sollten verläßliche Genossen für den real existierenden Sozialismus gebildet waren - faktisch waren es wohl meist verschwendete Stunden.

In der VR China gibt es m.W. immer noch Pflichtvorlesungen für Studenten über Kommunismus; ob die kapitalistische Praxis auch ihren Niederschlag im Stundenplan findet, weiß ich nicht.

Während der berühmten "Siebentausend Jahre" (auf Österreich bezogen) wurde die Jugend zum Jungvolk vergattert, wo sie ebenfalls berieselt wurde - kommende Volks- oder gar Parteigenossen im Führerstaat.

Was diese Fixierung der Linken darauf, das, was biologisch gesprochen, Abweichungen im Promill-Bereich darstellt, pseudowissenschaftlich zu unterfüttern, nun eigentlich soll, erschließt sich mir nicht wirklich, wird auch von den Vertretern dieser Fixierung nicht argumentiert. Der Verdacht drängt sich auf , der Zweck der Fixierung sei es, die Arbeitsplätze von "professionellen Tröten" (danke, Frau Cassandra!) zu sichern.

Was das mit der ureigentlichen Funktion der Schule - Wissen zu vermitteln - nun eigentlich zu tun hat?
Keine Ahnung.

Stellt man solche Fragen öffentlich, rücken sofort die Wuwuzelas der sexuellen Correctness (= "Tröten", aber zur Potenz erhoben) aus, den Ketzer auf kleiner Flamme publikumswirksam zu rösten.

cassandra_mmviii am 28.Okt 14  |  Permalink
Die Einführung der allgemeinen Schulpflicht war nur begrenzt geleitet von dem Wunsch der Obrigkeit nach gebildeten Bürgern, vielmehr sollte der Untertan effektiver Untertan sein und besser in der Manufaktur und beim Militär funktionieren. Dafür braucht er Lesen, Schreiben, Rechnen und ein wenig Religion.

Und so steht gender-Kappes eigentlich in der Tradition der schulisch vermittelten "so hast du zu denken"-Tradition, welche Foucault so treffend analysierte. Mag zwar altehrwürdig sein, muß man aber trotzdem nicht mögen. Diskurskritik und so.

damals am 28.Okt 14  |  Permalink
Aber, soweit ich Frau Berg, verstehe, will sie doch nur, dass Transexualität "thematisiert" wird. Dagegen ist doch wohl nichts einzuwenden. Die, die aus ideologischen Gründen Transsexualität als drittes, viertes oder gar irgendwie besseres Geschlecht etablieren wollen, das sind andere.

cassandra_mmviii am 29.Okt 14  |  Permalink
Transsexualität als medizinischer Zustand wird doch schon längst behandelt. Das muß man nicht fordern.
Nur eben nicht fächerübergreifend seit der Grundschule, was auch gut so ist. Mit ein paar Erwachsenenproblemen muß man die lieben Kleinen nicht belämmern.


Die grauenhafteteste Schulstunde, die ich je hatte, war übrigens in der 6. Klasse "Aufklärungsunterricht". Hat dafür gesorgt, daß ich mir vornahm "Sex? Niemals! Das überlasse ich den Trotteln" und tatsächlich klappte das bis weit nach dem Abi.
Kondome aufblasen sollen. Damit beworfen werden. Heldengeschichten von seltsamen Mitschülern. Gröhlen "Cassandra und Aysche machen's nicht! Die eine ist zu blöd, die andere türkisch!"
Aber anfangen zu kreischen, wie "versaut" wir doch sind als wir die Fortpfanzungsorgane der Schnecken benennen konnten. Aha.

Aus Aysche ist übrigens auch was gescheites geworden. Nur aus den Kondomwerfern nicht...

damals am 29.Okt 14  |  Permalink
Ihr Beispiel zeigt doch, was das Grauenhafte ist: dass vom mainstream abweichendes Verhalten oder einfach Sein von der Masse (insbesondere von der Kindermasse, die die Dimensionen noch nicht einschätzen kann) übel verfolgt wird, was für den einzelnen sehr verletzend ist. Deshalb müssen diese Phänomene geschützt werden.
Es ist sicher richtig, dass unsere Kinder mit der Thematisierung von Sex- und Geschlechterfragen auf ätzende Weise überschüttet werden (woran der Aufklärungsunterricht wohl nur einen geringen Anteil hat). Das Schlimme daran ist aber vor allem, dass die Sex-Manie der Öffentlichkeit dazu führt, dass den Kindern die blödesten Hetero-Klischees übergeholfen werden – was es massiv erschwert, dass diese Menschen später ihre Hetero- oder sonstwie-Sexualität selbst entdecken können.
Wenn jetzt in der Schule abweichende Formen von Sexualität thematisiert werden, empfinde ich das als ein bisschen ausgleichende Gerechtigkeit. Bringt nicht viel, aber immerhin. Was auch immer einem heranwachsenden Menschen da einfallen mag – „Ich rede nicht über Sex, das gehört sich nicht.“ oder „Sex ist für mich kein Thema.“ oder „Ich bin eine Frau im Männerkörper.“ oder „Ich weiß noch nicht, wen oder was oder ob ich liebe.“ – all das gehört achtungsvoll akzeptiert – und nicht medizinisch oder ideologisch „behandelt“.

cassandra_mmviii am 29.Okt 14  |  Permalink
Das Problem ist, dass Unterrichtsstoff immer behandelt wird.

Nach 2 Schulwechseln war das Klima deutlich anders. Mitschüler lernte seinen Partner auf der Klassenfahrt kennen. Mitschülerinnen knutschten auf dem Schulhof. Alle easy. Okay, da bin ich vom Kalten-Krieg-Relikt ins Göttinger Linksbiotop gekommen. Kulturschock beschreibt das ganz gut und gut, dasss ich die eine Schule dazwischenhatte: gab mir Zeit, mich zu akklimatisieren und ganz in Ruhe drüber nachzudenken, warum in der alten Schule alle "Türkenkinder" auf die Hauptschule gingen und nun neben mir ein Iraner saß. 2 Sitze weiter ein Vietnamese und warum in der Parallelklasse Mädchen mit Kopftuch waren... faszinierend.

Aber: auf zur nächsten Horrorgeschichte von der Schulbank:
In der Abi-Zeitschrift sollten wir Fragen beantworten, dieser Fragebogen, den man immer wieder trifft. Welche historische Persönlichkeit bewunderst du am meisten". Einer meiner Mitschüler schrieb "Adolf Hitler. Eine andere habe ich während der Schulzeit nicht kennengelernt".

Unsere Lehrer haben das mit dem Aufklären über den NS verflixt ernst genommen. So ernst, dass alles irgendwie zum NS-Thema werden konnte. Die Mathe-Lehrerin wollte bei Stochastik lieber rote und weiße Kugeln, dann muß keiner ein Ergebnis mit "SS" abkürzen. Das Wort "Selektion" durfte bei Evolutuonsbio nicht fallen. Wir hatten Aufklärungsrunden über die Verwerflichkeit von Völkermord usw. Ergebnis: einige meiner Mitschüler waren kollossal genervt.

Möchten wir diesen Effekt was "irgendwas mit Sexualität" angeht?

Warum bringen wir Kindern nicht einfach bei, dass Ausgrenzung scheiße ist, egal was oder wen statt eine Gruppe herauszuheben- denn das herausheben kann gewaltig schief gehen- und überlassen es dann den Kindern, was sie draus machen? Oskar Wilde hat es schließlich auch geschafft, zu entdecken, daß er schwul ist- ganz ohne Unterricht in "was bin ich"

Wenn sich eine Bremer Grudschullehrerin beklagt, sie habe IMMER mit den Kindern (also bis zum Alter von 10) Kondome gekauft, das sei ja ganz wichtig damit sie es lernen und das ginge nicht mehr weil Eltern Rabatz machen, dann frage ich mich, ob sie ihre Schüler für so doof hält oder die Menschheit im Allgemeinen. Das werden die Kids auch ohne pädagogische Anleitung schaffen wenn es soweit ist. Aber mit 10 wird es nicht wirklich das große Thema sein.

Zum Erwachsenwerden gehören eine Menge kleiner Initiationsriten und die sind nun mal mit Herausforderung verbunden. Die muß man alleine überwinden und sich danach saucool fühlen.

Ich würde mir wünschen, unsere Kinder könnten selber entdecken. Und dazu finde ich Kreisfragespiele (immer denen immer Gruppendruck zur Beantwortung herrscht) keinen gangbaren Weg, um über Vorlieben zu reden oder was auch immer. Das ist Blödsinn.

damals am 31.Okt 14  |  Permalink
Das mit Hitler fand ich lustig: bringts auf den Punkt. Andererseits kann ich, zumindest, was mich betrifft, sagen: Diese Zeiten der Übertreibung hatten auch ihr Gutes, denn ich weiß jetzt, wo die Aufarbeitungsmanie abgeebbt ist, immerhin ganz gut über die Nazizeit Bescheid, z. B. den Blödsinn mit der Kollektivschuld kann mir jetzt keiner mehr erzählen. Ich weiß, wies war. Ich wünschte, ich könnte Ähnliches beispielsweise über die 50er Jahre sagen.
Eines Tages, hoffe, ich, wird man auch über die Genderkorrektheiten unserer Epoche lachen und eine befreite Sexulität leben, die nichts mehr mit den Verklemmtheiten der 50er oder dem Machismo der 68er zu tun hat.

cassandra_mmviii am 31.Okt 14  |  Permalink
"Eines Tages, hoffe, ich, wird man auch über die Genderkorrektheiten unserer Epoche lachen und eine befreite Sexulität leben, die nichts mehr mit den Verklemmtheiten der 50er oder dem Machismo der 68er zu tun hat."
Das hofe ich. Aber vielleicht könenn wir batikstrumpfhosentragende Doppelnamenlehrerinnen, die total betroffen über was-auch-immer-sind, trotzdem so kurz wie möglich halten. Das ist nämlich nicht hilfreich. Vielleicht hilft es ja schon, wenn die Batikgeneration jetzt verrentet wird.